Wer in den vergangenen Tagen die Nachrichten verfolgt hat, der wird vielleicht auch mitbekommen haben, dass der allerorts beliebte Internetlieferant Amazon während der Vorweihnachtstage mit Streiks zu kämpfen hatte – und das hat einen guten Grund. Kaum ein Unternehmen liefert zur Vorweihnachtszeit so viele Pakete aus wie Amazon. Für Arbeiter im Paketversand begann die Weihnachtszeit dort, unabhängig davon wo sie arbeiten, schon im November. Geschätzte 355 Millionen Pakete sollen in Deutschland insgesamt vor Weihnachten 2019 über diverse Anbieter verschickt worden sein, das macht rund 7% mehr aus als in den Vorjahren.
Ohne die händeringende Suche und Anstellung von mehreren tausend Zeit- und Leiharbeitern, auf die der Anbieter Amazon in dieser Zeit jährlich setzt, wäre das zweifelsfrei nicht möglich gewesen – Mitschuld daran tragen auch die Unzähligen Angebote im Internet die Sofort- oder zumindest Lieferung noch vor dem 24. Dezember versprechen, wenn man sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums zur Bestellung entscheidet. Die Folgen dieses Ansturms müssen dann die Paketboten ausbaden, die fast die doppelte Menge and Bestellungen austragen müssen wie üblich. Aufgrund des enormen Zeitdrucks, unter dem sie stehen, endet das oft darin, dass Pakete verlassen vor Haustüren oder bei irgendwelchen Nachbarn landen, anstatt ihren Weg in die Arme des Bestellers zu finden, obwohl dies den Richtlinien nach, nicht unbedingt zulässig ist. Ein Ergebnis, das keineswegs verwunderlich ist, wenn wir bedenken, dass die Boten zusätzlich mit der Aufgabe konfrontiert sind, mehrstöckige Treppenhäuser hinauf zu laufen und teils schwere Pakete dort abzuladen, wodurch sie natürlich zusätzlichen Zeitaufwand in Kauf nehmen müssen für den sie, sollte ihre Schicht sich zu sehr hinauszögern, nicht bezahlt werden.
Dass zur anrückenden Weihnachtszeit gerne einmal übertrieben wird, zeigt sich nun aber nicht nur an den Versandzahlen, sondern unserem allgemeinen Konsumverhalten in diesen Tagen. Lebkuchen und Plätzchen stehen schon zwei Monate vorher in den Regalen der Discounter und Supermärkte, zusammen mit Schoko-Nikoläusen, Kerzen, Kränzen und Lichterketten. Rund 300 Euro gibt ein Deutscher durchschnittlich für Weihnachtsgeschenke aus, die – so könnte man manchmal meinen – längst der zentrale Grund dafür geworden sind, dass sich Leute auf das Weihnachtsfest freuen. Einkaufmärkte werden in Angst gestürmt, nicht mehr alle Lebensmittel und Waren zu bekommen, die man sich wünscht. Die vielen erworbenen Geschenke werden oftmals aufwendig verpackt und verziert mit Geschenkpapier, welches kurz darauf sowieso zerrissen und achtlos in den Mülleimer geworfen wird. Im genannten Zeitraum entsteht so rund 10% mehr Müll als im Rest des Jahresverlaufes. Dabei gibt es viele Alternativen, um diesen Abfall zu vermeiden, darunter zum Beispiel das Einwickeln in bunte Stofftücher, die danach weiterhin genutzt werden können, oder die Möglichkeit zu verzichten, wenn der Empfänger sich das Geschenk sowieso gewünscht hat und den Inhalt bereits kennt. Vielleicht auch einfach einmal statt viel Sinnfreies, etwas Persönliches verschenken, über das sich der Empfänger noch lange später freuen kann. Besinnung, in jedem Fall, sieht anders aus.
Kommentar von Sandra Hanke vom 26. Dezember 2019