Katalonien ist eine Region im Nordosten Spaniens. Seit längerem befindet sich der Präsident Kataloniens, Carles Puigdemont, in einer Debatte rund um das Thema: Die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien. Puigdemont ist ein starker Befürworter der Unabhängigkeit, die Bevölkerung Kataloniens, auch Katalanen genannt, stehen der Unabhängigkeitsfrage jedoch gespalten gegenüber.

Eva Rademaker, Spanisch-Lehrerin an der Beruflichen Oberschule Friedberg, hat sich zu diesem Thema gegenüber der Schülerzeitung folgendermaßen geäußert:

Friedo: Sind Sie spanischer Abstammung?
Frau Rademaker: Ich bin Deutsche. Ich habe aber mit meiner Familie für fünf Jahre als Kind in Nordspanien (Baskenland, Bilbao) gelebt und dort einen spanischsprachigen Kindergarten besucht.

Friedo: Haben Sie Verwandtschaft in Spanien oder sogar direkt in Katalonien? Wenn ja, wie empfinden die Menschen vor Ort die Situation rund um die Unabhängigkeit?
Frau Rademaker: Meine Schwester ist mit einem Spanier verheiratet und lebt in Spanien (Zaragoza). Meine Tante ist ebenfalls mit einem Spanier verheiratet und lebt auch in Zaragoza (die Region heißt Aragón). Von meiner Verwandtschaft lebt allerdings niemand in Katalonien.

Friedo: Sollte Ihrer Meinung nach Katalonien unabhängig werden?
Frau Rademaker: Nein. Katalonien sollte nicht unabhängig werden. Wirtschaftlich wie auch politisch ist das eine Einbahnstraße und ein Irrweg. Bei dem Unabhängigkeitsbestreben der Katalanen ist es wie mit vielen Aufbruchsbewegungen, die sich derzeit in Europa breitmachen. Zwar wollten und wollen die Katalanen, ebenso wie die Basken, schon seit vielen Jahrzehnten eine Unabhängigkeit in Spanien erreichen. Bei den Basken waren diese Bestrebungen jedoch durch Terror geprägt. (…)
Der Terrorismus und extreme Regionalismus hatte sich in den letzten Jahren wieder sehr beruhigt und vielleicht schwelte im Untergrund immer noch eine gewisse Unabhängigkeitsbestrebung, doch es war viel ruhiger geworden. Doch die Ereignisse in anderen europäischen Staaten (…) ebenso wie die unruhigen Zeiten in Spanien selber, (…) haben wahrscheinlich auch wieder dazu geführt, dass der Regionalismus sich wieder in der Bevölkerung breit macht. Dazu kamen 2016 die Neuwahlen in Katalonien und mit ihnen ihr neuer Präsident Carles Puigdemont, der diesen Regionalismus in einer völlig neuen Dimension vorangetrieben hat. Das alles hat dazu geführt, dass in Katalonien immer vehementer für die Unabhängigkeit demonstriert wurde.

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Friedo: Welche Rolle spielte dabei die spanische Regierung?
Frau Rademaker: Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände bzw. meiner Ansicht nach unangemessener Reaktionen von Seiten der spanischen Regierung (…) und auch seitens des neuen spanischen Königs Felipe auf das Referendum in Katalonien wurden die Katalanen noch weiter in ihre gegnerische Position getrieben. Dass nun alles so gekommen ist, wie es heute ist, dass nämlich die spanische Regierung die aktuelle katalanische Regierung entmachtet hat und selbst die Kontrolle und Verwaltung übernommen hat, war allerdings eine Konsequenz, die so hat folgen MÜSSEN. Hätte der Präsident Spaniens, Mariano Rajoy, hier nicht so konsequent reagiert (…) dann hätte er einen Präzedenzfall geschaffen. Man stelle sich vor, Katalonien hätte seine Unabhängigkeit ohne weitere Probleme erreicht. Das hätte sofort die Basken auf die Bühne gerufen, vielleicht wären die Galizier oder Andalusier ihnen auch noch gefolgt.

Friedo: Wie stehen Sie zu Neuwahlen in Katalonien?
Frau Rademaker: Die Unabhängigkeitsbestrebungen der Katalanen müssen geahndet werden und es muss zu Neuwahlen kommen. (…) Wobei hier immer noch fraglich sein wird, welche Rolle Puigdemont, der entmachtete katalanische Präsident, von Belgien aus hier spielen wird und wie groß sein Einfluss immer noch sein wird.

Das Interview führte Nathalie Lehner am 28. November 2017.