Kurze Zeit nach dem 20. August 2018, an dem sie sich mit einem Protestschild vor dem schwedischen Reichstag in Stockholm platzierte, wurde Greta Thunberg zur Mediensensation. „Skolstrejk för klimatet“ – Schulstreik für das Klima – stand darauf. Als Repräsentantin der globalen Klimaschutzbewegung übte sie über das letzte Jahr hinweg auf so manchen Veranstaltungen Druck auf die Regierungen aus, initiierte was später zur allerseits bekannten Bewegung „Fridays for Future“ wurde und berührte ihre Zuhörer mit prägenden Botschaften wie „Ich will dass ihr handelt, als würde euer Haus in Flammen stehen, denn das tut es!“ oder „Ich habe gelernt, dass man nie zu klein dafür ist, einen Unterschied zu machen“. Die junge Aktivistin ist in Rekordzeit zu einem Symbol des Klimaschutzes geworden, und das gerade einmal mit 16 Jahren. Der Friedensnobelpreis jedoch blieb der Schwedin verwehrt und viele Kritiker glauben, die Bewegung habe sich mittlerweile in eine überschwängliche Hysterie verwandelt, mit der man nichts weiter anfangen könne.
Für Greta gibt es keine Grauzone, was die Thematik Klimawandel angeht, und wenn man ihr eines lassen muss, dann dass sie es geschafft hat, diesen Gedanken laut werden zu lassen. Der Schulstreik für das Klima hat Millionen von Menschen weltweit, vor allem Schüler und Studenten aus etwa 100 Ländern, regelmäßig auf die Straßen getrieben, um miteinander für eine verbesserte Klimapolitik zu protestieren. Zusätzlich „adressierte“ Greta viele ihrer Reden und wandte sich auch persönlich an unzählige Staatsoberhäupter und Politiker, von denen sie, auch weiterhin, ein verantwortungsvolleres Verhalten gegenüber den nachkommenden Generationen fordert, die mit den Folgen des Klimawandels werden leben müssen.
Vor allem ihre Schulstreik-Aktionen jedoch sind nicht überall gerne gesehen – bei den Schulen zum Beispiel, die oftmals die Meinung vertreten, dass einer Umweltschutzdemonstration beizuwohnen, keine Rechtfertigung dafür sei, regelmäßig den Unterricht zu versäumen oder dass es genug Schüler gäbe, die gar kein wirkliches Interesse hätten, die Aktion stattdessen als Gelegenheit zum Schwänzen sähen.Greta selbst bleibt von Vorwürfen ebenfalls nicht verschont, besonders – wer hätte es gedacht – im Internet. Dort stößt sie momentan zunehmend auf Ablehnung und Hass. Die Missgunst ihr gegenüber hört jedoch nicht dabei auf, dass man sie als unsympathisch empfindet oder der Meinung ist, sie würde gänzlich übertreiben und sich verhalten, als müssten wir „alle morgen sterben“, dabei auch noch der Elterngeneration brutale Vorwürfe machen, obwohl sie in ihrem Alter doch noch kaum Lebenserfahrung habe, wie sich oft geäußert wird. Hier lässt sich einfügen, dass wahrscheinlich gerade ihre Emotionalität gegenüber der Thematik ihr zu Bekanntheit verholfen hat, denn von sachlich gehaltenen, nüchtern betrachteten Dingen fühlt sich der Einzelne meist weniger angesprochen. Hinzu kommen die Meinungen derer, die sagen, dass Greta langsam aufhören sollte, weil sie unabhängig davon, wie oft sie auftritt, nie in der Lage sein wird, den Klimawandel aufzuhalten und dass der Druck von außen ihr irgendwann schaden könnte. Diese Kritik ist natürlich berechtigt, denn klar: dass sie mit ihren Worten keinen magischen Schalter umlegen kann, ist uns allen mehr als bewusst.
Hat man als erwachsener Mensch jedoch nichts Sinnvolleres zu tun als einer 16-jährigen Autistin, welche sich für ihren Planeten einsetzt, vulgäre Ausdrücke hinterher zu schmeißen oder gar Morddrohungen zu machen, wie es in letzter Zeit vermehrt passiert ist, so sollte man vielleicht einmal darüber nachdenken, ob man nicht selbst ein kleines bisschen hysterisch sein könnte. Jüngst hat der US-Präsident – neidisch auf Thunbergs Auszeichnung als „Time Person of the Year“ – die schwedische Rebellin auf Twitter aufgerufen, doch „mal zu chillen“.
Wie lange Greta weiterhin in der Öffentlichkeit stehen wird, bleibt vorerst unklar, jedoch ist bekannt, dass sie die Schule nun wieder aktiv besucht. Bis jetzt hält ihr Erfolg zumindest schon länger an als der ihrer berühmten Vorgängerin Severn Cullis-Suzuki, die 1992 als als „das Mädchen, dass die Welt zum Schweigen brachte“ bekannt wurde.
Text von Sandra Hanke, erstmalig erschienen am 14. Dezember 2019