Unser Corona-Tagebuch: „Nicht alles erscheint grau!“

An dieser Stelle schreiben unsere Autorinnen und Autoren im Wechsel über ihre Erfahrungen in der aktuelle Krise und wie sie die Quarantäne erleben.

Silan meint: „Also, nun sind drei Wochen vergangen, seitdem die Schule geschlossen wurde und die Osterferien fangen an! Mir ist aufgefallen, dass mir in der Zeit der Quarantäne nicht der nicht-geregelte Tagesablauf oder das eigenständige Lernen schwer fällt, sondern die Tatsache, dass ich keine Freunde sehen kann und die Angst davor, andere anzustecken – falls ich den Virus in mir tragen sollte. Aber auch ist mir aufgefallen, dass das Gute in den Menschen zum Vorschein kommt. Junge Leute kaufen ein für ältere Menschen, die in der Gefahrengruppe sind. Es gibt Aktionen, die Hilfsbedürftigen helfen und man verbringt mehr Zeit mir der Familie und stärkt das familiäre Bündnis. Auch kommt hinzu, dass die Lahmlegung von Teilen der Wirtschaft der Umwelt zu Gunsten kommt.

Im Großen und Ganzen finde ich, dass trotz der Umstände nicht alles ‚grau‘ erscheint – vielleicht kann ich das ja auch sagen, weil ich das Privileg habe in einem wohlhabenden Sozialstaat zu leben. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass es anderen auch so gut gehen kann wie uns – auch wenn sie eventuell nicht die Möglichkeit haben, sich das zu leisten – wie zum Beispiel in Amerika, wo nur ein kleiner Teil der Bevölkerung wirklich vom Gesundheitssystem profitiert.“

Fabian schreibt: „Die Anspannung war schon während der Tage vor der Entscheidung von Ministerpräsident Söder zu spüren. Läuft hier in der Schule jetzt alles ganz normal weiter oder trifft der ‚Shutdown‘ auch uns? Gewissheit hatte ich bereits am Donnerstagnachmittag. Anstatt mein Referat weiter zu machen, habe ich mich sofort in den ‚Freizeitmodus‘ begeben müssen. Natürlich darf jetzt auch die Schule und das Lernen nicht zu kurz kommen – aber im eigenen Tempo zu arbeiten, fand ich deutlich entspannter als den ganzen Lernstoff im gewöhnlichen Lerntempo abarbeiten zu müssen – egal, ob es einem zu schnell oder zu langsam gewesen ist. Nachdem meine Mutter selbstständig ist, kenne ich natürlich auch die Sorgen eines Arbeitgebers mit einem kleinen Unternehmen. Der sorgt sich nun gewaltig um seine Existenz und das macht natürlich auch in der Familie nicht halt! Umsatzausfall, kein Eingang der Soforthilfe oder auch Schwierigkeiten beim Kurzarbeitergeld!

Als Gewinner fühlen sich dagegen auf jeden Fall die Haustiere. So viel Aufmerksamkeit wie in diesen Zeiten hat beispielsweise mein Hund schon lange nicht mehr bekommen. Anstatt den Spaziergang aufgrund der extremen Termindichte schnell hinter sich bringen zu müssen, steht nun einer ausgedehnten Runde nichts mehr im Wege. Aber auch die Hobbys, welche man auch ohne Team und spezielle Räumlichkeiten  ausüben kann, bekommen in dieser Zeit einen besonderen Stellenwert. Zudem ist es aus meiner Sicht eine willkommene Gelegenheit, etwas für die Schule vorzuarbeiten, indem man zum Beispiel ein Brainstorming für seine Referate entwirft.

Aber natürlich macht man sich auch Gedanken über das Virus. Meine Einstellung dazu: ‚Man sollte alles Mögliche tun, um die Gefahr zu minimieren. Aber ganz ausschalten lässt sie sich nicht! Respekt sollte man also vor der Situation haben, aber nicht unbedingt in Angst und Panik verfallen‘.“

Kamila kann der Krise auch Positives abgewinnen: „Für fünf Wochen zu Hause bleiben hat sich am Anfang wie Sommerferien angehört, doch die Atmosphäre ist ganz anders. Rausgehen steht nicht wirklich auf dem Programm – Ausnahmen sind dann in den überfüllten Läden einkaufen gehen und fremden Menschen mit Masken begegnen. Überall Abstand halten, Kassierer hinter dünnen Plastik-Wänden begrüßen und an vielen Stellen leere Regale sehen. Derartige Szenen kennen wir nur aus Filmen und Geschichtsbüchern.

Zum Glück ist die Zeit aber nicht so bedrückend wie es auf dem ersten Blick wirkt! Dank des Internets ist weltweit eine Art von globaler Solidarität entstanden und immer wieder sieht man lustige Beiträge von Leuten aus aller Welt, die aus Langweile jetzt zu Unterhaltungskünstlern werden. Deswegen handelt es sich hierbei um eine teilweise schöne Sache, egal wie abstrakt und fremd die Situation eigentlich ist. Ich habe es noch nie erlebt, dass die Menschen so stark zusammen halten und das gleichen Ziel anstreben – sich die Zeit verschönern! Trotz dem ‚Social Distancing‘ war sich die Menschheit seit langem nicht mehr so nah. Es werden viele Anrufe getätigt, Leute erkundigen sich, wie es anderen geht und ob sie etwas für die Älteren einkaufen sollen. Plötzlich schreibt man wieder mit Freunden, von denen man schon lange nichts mehr gehört hat.

Die Unterstützung macht die Zeit erträglicher und zeigt, dass wir Menschen auch im Stande sind, in schlimmen Fällen zusammen zu halten! Nichtsdestotrotz, die Schule wird langsam vermisst, auch wenn mein Wecker und ich auf Kriegsfuß stehen!“

Sandra war beim Einkaufen unterwegs und fand „die Markierungen in den Supermärkten, die leeren Straßen und natürlich den Klassiker – ein leeres Klopapierregal – bezeichnend für die Folgen der Corona-Krise“.

Fotos: Sandra Hanke, Kühbach