Tod. tot. Und was jetzt?

In dem Zimmer roch es nach Desinfektionsmittel, steril und leblos. Aber auch nach etwas anderem, nach Alter, Verfall. Die Wände waren weiß, ohne Bilder. Nur ein kleiner Fernseher knapp unter der Decke angebracht lockerte das Zimmer auf. Normalerweise, aber nicht jetzt, denn der Anlass war nicht freudig. Der Anlass des Besuchs war der 90-jährige Mann auf dem lieblosen, kalten weißen Bett in eben jenem lieblosen kalten Raum wie sie fast allen Krankenhäusern zu eigen sind.

Der Mann lag im Sterben. Man hatte seinen Sohn, der jetzt hier anwesend war und mit versteinerter, abwesender Miene auf einem Stuhl an dem Bett saß, angerufen, da nun die letzten Stunden vielleicht auch nur noch Minuten seines Vaters, angebrochen waren und er bei ihm sein sollte, wenn er starb, er ging, dahinschied. Er war alt, diverse Maschinen umringten Ihn, ein stetiges Piepsen und Pfeifen erklang und einige Schläuche ragten unter der Decke hervor, die den ausgemergelten, leicht gelblichen Körper bedeckte. Eine Hand wurde von einer Infusionsnadel verunstaltet, die andere von seinem Sohn gehalten, der sie fest drückte und verzweifelt versuchte, seine Tränen zurückzuhalten.

Sie waren schon gerötet, vom unablässigen Weinen der letzten Woche, in der er erfuhr, dass sein Vater nicht mehr lange leben würde und er demnächst in eine andere Welt einzog, die vielleicht besser und gnädiger war als diese, eine Welt ohne Schmerz. Schwarze Augenringe zeugten von mehr als einer schlaflosen Nacht. Doch den erschreckendste Anblick boten seine Augen, denn Sie waren voller Schmerz.

Quelle: Wellcome Collection

Die Augen des alten Mannes, die zuvor noch in die Ferne blickten, verschleiert waren und vielleicht die Schrecken des Krieges noch einmal durchblickten oder noch einmal die schönsten Momente in seinem Leben Revue passieren ließen, stellten sich scharf. Kurz schweiften Sie suchend durch den Raum und fixierten dann die schwarzumringten und geröteten Augen des einzigen Besuchers, seines Sohnes.

Ein kurzer Blitz, könnte man meinen, durchfuhr ihn und etwas wie Erkennen huschte über sein Gesicht, denn er lächelte leicht und geheimnisvoll. Er atmete einmal rasselnd ein. Es dauerte lange, dann stoppte das Rasseln für drei Sekunden und er atmete langsam seufzend aus, als wäre er erleichtert. Dann wurden seine Augen dunkel und es schien, als wäre jedes Leben verschwunden und so war es. Er war tot, von einer Sekunde auf die andere. Das bestätigte auch der beständige Piep-Ton einer Maschine.

Vielleicht ist genau diese Situation einem von euch Lesern passiert. Genau diese Szenerie, vielleicht wird es erst noch passieren, vielleicht auch nicht, wer weiß schon über den Fortschritt der Medizin Bescheid? Aber eines ist klar, der Tod ist allgegenwärtig. Aber was genau ist das eigentlich, der Tod und wie erfährt man ihn?

Medizinisch gesehen, ist der Tod folgendes:

Er ist nichts anderes, als ein im Anschluss an das Sterben auftretendes Phänomen, in dem die Lebensvorgänge eines Bio-Organismus vollständig erlöschen.

Dabei werden mehrere Phasen unterschieden:

  1. Klinischer Tod: Das bezeichnet das Aufhören von Atmung und Herzschlag
  2. Hirntod/Individualtod: Jetzt verringert sich die Hirnfunktion irreversibel oder fällt ganz aus. Dabei stirbt auch alles, was mit dem Individuum zu tun hat und hatte.

3. Biologischer Tod: Er tritt ein, nachdem alle Organ- und Zellfunktionen erloschen sind.

Kurz gesagt, der Körper hört einfach auf zu arbeiten. Keine Seele, keine Engelschöre, kein Leben nach dem Tod, nur Tod.

Religiös gesehen ist der Tod gänzlich anders.

Im Christentum, und wie in vielen anderen Religionen verlässt die Seele den Körper.

Ursache ist der Sensenmann, der Schnitter, Gevatter Tod, um den sich zahlreiche Legenden ranken. Er, eine große Gestalt, konchendürr mit einem zerfetzten schwarzen Kapuzenumhang und einer Sense durchschneidet den Lebensfaden eines jeden mit seiner Sense, wie ein Bauer mit ihr die Ähren auf den Feldern niedermäht.

Dann geleitet er den Verstorbenen auf einem Karren oder auch nicht, darüber wird noch diskutiert, in den Himmel. Dort richtet Gott, nun über die Seele. Gute Taten werden gegen schlechte aufgewogen und je nachdem was überwiegt, gelangt die Seele entweder in den Himmel, in das Paradies oder in die Hölle, um dort gefoltert und bestraft zu werden. Wichtig ist hier auch die Beichte bei einem Priester, durch den Missetaten vergeben werden und auch die letzte Ölung und dazugehörige Sterbesakramente. Irgendwann gelangt die Seele dann in einen neuen Körper.

Im Buddhismus ist es gänzlich anders. Der Mensch, der auf der Erde weilt, muss das Leid, das durch Gier entsteht, überwinden. Auch soll der Mensch Wissen und Erkenntnisse während seinem Leben sammeln, um jenes Leid zu überwinden. Stirbt man nun und hat nach dem „“Achtfachen Pfad“ gelebt und viele gute Taten vollbracht und hat somit ein gutes Karma, wird man als Mensch wiedergeboren, der weniger Leid erfährt. Verursacht man viel Leid während seiner Lebenszeit, wird man mit schlechtem Karma „bestraft“ und als Mensch wiedergeboren, dem viel Leid widerfahren wird. Ziel ist das Nirwana, das Nichts, indem sich die Seele auflöst und es kein Leid und keine Gier mehr gibt.

In der germanischen Mythologie wiederum ist der Tod etwas kriegerischer.

Ein Krieger lebt, kämpft raubt und so weiter. Die drei Nornen Urd (Schicksal), Verdandi (das Werdende) und Skuld (das, was sein soll), die an den Wurzeln des Weltenbaumes Yggdrasil wohnen, bestimmen das Schicksal der Menschen zu Lebzeiten, indem Sie einen Faden spinnen, der sein Leben darstellt, sozusagen den Lebensfaden. Endet das Leben, oder bestimmen die Nornen, dass das Leben einer Person enden soll, durchschneiden sie den Faden.

Krieger, die mit einer Waffe in der Hand in einem Kampf oder einer Schlacht starben, werden nun von den Walküren, Odins Kriegerinnen, als Seele nach Walhalla gebracht, um dort an Odins Tafel zu speisen und bis zu Ragnarök, dem Untergang der Welt und auch deren Neuanfang, zu trainieren und das Kriegshandwerk zu perfektionieren.

Unehrenhaft gestorbene, also die die nicht im Kampf starben oder ohne Waffe in der Hand oder aufgrund hohen Alters in einem Bett, gelangen nach Helheim zur Göttin Hel, auch Hela genannt. Jetzt heißen sie Draugr und werden als untote Krieger an Ragnarök gegen die Einherjar (Odins Krieger) kämpfen.

Historiker glauben, dass die Wikinger, Germanen und Kelten vor allem deswegen zum Christentum übertraten, weil dieses deutlich weniger kriegerisch war, und dort Familien und Freunde auch trotz hohen Alters und einem friedvollen Tod in das Paradies gelangen konnten.

Im alten Ägypten ist es ähnlich wie im Christentum.

Wenn der Mensch stirbt, gelangt seine Seele, sein „Ba“ in die Unterwelt, die Duat. Dort muss die Seele nun zu dem Tempel des Osiris reisen und Gefahren überwinden. Der Sonnengott Rah, der jede Nacht auf den Flüssen der Duat eine Reise beschreitet, um am nächsten Tag wiedergeboren zu werden. Auf dem Weg dorthin wies er mit seinem göttlichen Licht den Seelen den Weg. In den Hallen von Osiris wird nun das Herz des Verstorbenen mit der Feder der Wahrheit auf der Waage des Anubis, des Schutzgottes der Toten, abgewogen. Ist die Feder schwerer als das Herz, wird dieses von Ammit, der Verschlingerin, einem Krokodil mit Löwenmähne und Nilpferdkörper verschlungen und die Seele somit vernichtet. Wer die Prüfung der Waage bestand, erhielt von Osiris, dem Totengott, die Erlaubnis in die Gefilde des Iaru („Ägyptisches Paradies“) einzuziehen.

Der Tod ist also in dieser Kultur nichts allzu Schlimmes. Es ist ein Zustand der Glückseligkeit, dem Losgelösten von der Welt und des Lebens ohne Schmerz in einem Paradies.

Vielleicht ist es aber auch eine Welt wie diese und die Gesetzmäßigkeiten sind anders und der Tod ist nur eine Tür, auf die ein weiterer Weg folgt.

Vielleicht ist die Seele aber auch einfach nur Energie und eine Summe an Erfahrungen die in eine Urform zurückkehrt, sich mit anderen Energien oder Seelen vermischt und dann als veränderte Energie in ein neu entstandenes Lebewesen einfährt. Das würde zum Beispiel die Seelenverwandtschaft erklären.

Eines ist aber klar, den Tod wissenschaftlich aufzuhalten ist momentan noch nicht möglich und ein Leben unendlich zu verlängern, darüber sollte man erstmal nachdenken. Denn, wenn erstens niemand mehr stirbt, und trotzdem junge Menschen geboren werden, wird die Welt bald restlos überbevölkert sein und die Nahrungsmittel werden erst recht nicht ausreichen. Zweitens: Wer will als 150-Jähriger in einer desinfizierten Krankenhaushölle sitzen, langsam vor sich hinsiechen und vor lauter Gelenkschmerzen keinen klaren Gedanken mehr fassen können, geschweige denn sich gefahrlos mit osteoporotischen Knochen bewegen, die schon bei einem Windhauch brechen?

Der Tod ist einmalig und gehört zum Leben dazu. Außerdem, ohne Ihn wüssten wir die Zeit, die uns gegeben wurde, gar nicht mehr zu schätzen.

Vielleicht erlebte der 90-jährige vom Anfang den Tod ungefähr so:

Er sah wieder, wie seine Kameraden starben. Getroffen von Kugeln. Zerfetzt von Granaten und durch diese bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet. Andere Freunde und Soldaten, die ihn mit kalten leeren leblosen Blick anstarrten, das Gesicht mit Dreck verschmiert und Tod. Einige hatten Kinder, andere waren selbst noch welche, gerade mal 16. Er konnte nichts dafür, für ihren Tod, dennoch schienen sie ihn anklagend anzustarren. Ihre Schreie und ihre Stimmen, ihre Blicke verfolgten ihn auch jetzt noch in seinen Träumen. Seit einer halben Ewigkeit nun schon. Ein neues Bild. Als er die Frau seiner Träume traf, kurz darauf die Geburt seines Sohnes und die glücklichen Stunden, die er mit Ihm verbrachte.

Der Tod seiner Frau.

Die Bilder jetzt nur noch wie eine Diashow. Die Beerdigung… immer schneller und schneller.

Zum Schluss, das Zimmer. Das kalte, lieblose, desinfizierte Zimmer. Die Schläuche unter seiner Haut fühlte er nicht mehr. Er fühlte nichts, keine Schmerzen, auch keine Angst. Er wusste, dass dieser Tag kommen würde. Um sich herum sah er seinen Vater und seine Mutter, die Ihm zulächelten, so wie sie es immer getan hatten, kurz bevor er Schlafen ging. Neben Ihnen seine Frau, die zeitlos schön vor ihm stand, wie an dem Tag, als er sie zum ersten Mal sah.

Eine Gestalt im Hintergrund, mit einem schwarzen Mantel mit Kapuze, dürr und abgemagert mit skelettartigen Fingern, fiedelte eine schöne aufmunternde Melodie.

Neben seiner Frau saß sein Sohn. Der ihm jetzt in die Augen sah.

Er lächelte und nun, zum ersten Mal seit Stunden, Tagen fühlte er wieder, fühlte die Liebe und er lächelte leicht. Sein Sohn erwiderte es, wenn auch traurig mit Augen, die den Schmerz über den drohenden Verlust spiegelten.

„Es ist Zeit“, sagt eine Stimme, die etwas ruhiges Samtenes hatte und er sah auf.

Vor ihm stand der Fiedler, dessen Gesicht er nicht sehen konnte. Die Stimme sprach von Vertrauen und Ruhe, Frieden, den er sich so lange erhoffte.

„Wenn du bereit bist, nimm meine Hand“, sprach der Fremde.

Er atmete tief ein, und roch plötzlich den Duft blühender Blumen, der von dem Mann auszugehen schien. Er seufzte, ergriff die ihm dargebotene Hand und stand auf, fühlte sich befreit und lebendig.

„Komm, jene die du liebst, warten auf dich.“

„Willst du nicht noch ein Lied spielen? Du spielst die Geige sehr gut.“

Der Verhüllte lachte, und begann zu spielen, während sie aus dem kalten, traurigen Zimmer auf einen Waldweg zuschritten, der von alten Buchen gesäumt wurde und der vor Leben vibrierte.

Text: Gabriel T.

»Aber sie sind deine Eltern!« – Ja! Das ist das Problem…

Toxische Eltern… | … und warum wir so sind, wie wir sind.

Kommentar von Vanessa S.

Disclaimer: Ich bin weder Psychologin, noch Therapeutin, noch habe ich professionelle Anhaltspunkte, wenn es um Familientherapien geht. Ich schreibe lediglich des Schreibens Willen, und weil ich das Thema rund um toxische Eltern und gesellschaftlichen Einfluss interessant finde.

Depressionen, Bindungsängste, unerwiderte Liebe… das ist der Dorn im Auge der Gesellschaft, der gerne übersehen wird – absolut schade!

Für jemanden, der in einem sicheren Haushalt aufwächst, sind die oben beschriebenen Zustände selten ein Problem. Sie sind vielleicht nicht nachzuvollziehen oder lassen ihn oder sie die Augenbrauen verständnislos hochziehen. Was sollen Eltern schon mit uns machen? Sie geben uns alles, was wir brauchen? – Und ja, leider auch viel mehr: Weinend einzuschlafen, weil die Eltern wieder gestritten haben, oder ihre Frustration über unsere Erziehung, die einen langen Pfad von Manipulation bereitstellt. Der Streit an Weihnachten, toxische Stimmung, sobald der Vater zuhause ist, laute Anschuldigungen, Desinteresse, das Problem, jemanden mit nachhause zu bringen, weil man weiß, die Eltern können sich nicht benehmen – und die ständige Suche nach der Antwort, was man eigentlich falsch gemacht hat, und ob man das verdient, was gerade zuhause geschieht.

Wieso spricht niemand darüber?

Das ist eine gute Frage, auf die man aber auch leicht selbst kommt. Ich bin vielen Menschen über den Weg gelaufen, an deren Verhalten ich schnell feststellen konnte: »Oh, Kindheitswunde, wahrscheinlich«. Doch meistens, und das ist der springende Punkt, wissen Menschen nicht, dass sie Verletzungen aus ihrer Kindheit herumtragen, die sie bis heute beeinflussen – aber dazu später mehr. Sie wollen oder können nicht akzeptieren, dass ihre Eltern sie schlecht behandelt haben. Es fängt harmlos an, wie beispielsweise die Grenzen des Kindes nicht zu respektieren, indem man sich viel zu sehr oder auch falsch in das Leben des Nachwuchses einmischt. Oder die hohen Erwartungen, die geschürt werden, weil sie ja wissen, »was gut für dich ist«. Und wie ist es mit Desinteresse, tiefsitzender Frustration, weil der Vater einen nicht ansieht, wenn man sich nicht gut genug anstrengt? Wenn man für ihn sonst nicht existiert? Oder die Mutter, die nicht weiß, wie man ein Kind erzieht und denkt, dass anschreien und toxisches Verhalten das sei, das ihr auch nicht geschadet hätte – aber da ist es! Es hat geschadet. Die Gesellschaft hat nur selbst nicht akzeptiert, dass viele von ihnen schlechte Eltern sind, wenn sie weiter machen.

Jetzt lehne ich mich mit den Behauptungen sehr weit aus dem Fenster. Man ist doch keine schlechte Mutter, nur weil man sich wie eine Mutter verhält? Das mag schon sein. Ich persönlich finde, es gibt per se keine guten oder schlechten Eltern, sondern nur reife oder unreife Eltern. Menschen akzeptieren nicht, dass Eltern sich unreif in der Erziehung verhalten, sodass Betroffene auch bei der kleinsten Überlegung zu hören bekommen »Aber das sind deine Eltern, du kannst nicht so über sie sprechen?« oder »Deine Eltern versuchen es zumindest, gib ihnen eine Chance«. Auch beliebt ist: »Das ist deine Mutter! Sei dankbarer! Es gibt Kinder, die keine Eltern haben!«

Ja, aber darf ich deshalb nicht verärgert sein, wenn ich in einigen Jahren vor dem Spiegel stehe und bemerke, dass der Grund für meine Schwierigkeiten von meinen Eltern kommt? Die Gründe, warum ich Menschen so leicht vertraue, warum ich keine Beziehung führen kann, warum ich kein Selbstbewusstsein habe – darf ich ihnen verzeihen, dass sie sich nicht ausreichend – emotional – um mich gekümmert haben?

Im Endeffekt muss das jeder selbst entscheiden. Zu akzeptieren ist ein guter Anfang. Ich finde, wenn du weißt, dass das auf dich zutrifft, dann darfst du auch sagen, dass du falsch behandelt wurdest.

Wissen Eltern, dass sie uns auch schaden können?

Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen »meine Mutter hat das Wlan-Passwort geändert, das macht sie nur, um mich zu nerven« und »meine Mutter hat wieder mein Tagebuch gelesen und sich daraufhin mit meinem Vater ausgetauscht.« Es gibt gewisse Dinge, die einfach nicht in Ordnung sind. Auf die Frage, ob sie das Wissen besitzen, dass sie uns schaden, gibt es jede Antwort. Ja, bei Eltern, die genau wissen, in welche Wunde sie stechen müssen, um dich zu kontrollieren und Nein, bei Eltern, die es einfach nicht besser wissen und hoffen, dass du nur erzogen wirst. Erziehung ist nämlich auch überhaupt nicht einfach.

Manchmal reicht Kommunikation, und die Lösung davon nur für einige Tage. Denn unreife Eltern sind häufig damit überfordert, die wirklichen Wünsche ihrer Kinder zu akzeptieren, weil sie wissen, sie selbst hätten das nicht gemacht oder durften es nicht. Sie waren leise und haben erduldet, was passiert war – aber deshalb darfst du trotzdem sagen, was du dir wünschst: mehr Privatsphäre? Weniger Kontrolle? Sprich es aus!

Was macht das nun mit uns? Die Frage, wer wir sind, lässt sich häufig, wenn nicht immer, auf unsere Eltern zurückführen. Es gibt Menschen, die mit Verlustängsten in Partnerschaften zu kämpfen haben – und wenn man einen Schulterblick in die Vergangenheit wirft, lässt sich erkennen, dass die Eltern nicht das geleistet haben, was sie hätten leisten sollen. Denn ich denke, wir sind uns alle einig, wenn ich behaupte, dass Eltern nur Kinder bekommen sollten, wenn sie nicht maßlos überfordert mit sich selbst sind.

Inzwischen gibt es viel gute Literatur, die sich mit „Kindheitswunden“ auseinandersetzt. Sie zu lesen kann helfen, einen Überblick zu bekommen. Nichts desto trotz; wenn ihr betroffen seid, sprecht drüber, reflektiert und seid euch bewusst, dass es nicht eure Schuld ist.

»Du bist mein Neuanfang« | Woran man merkt, dass die Beziehung funktioniert!

»I once believed love would be burning red – but it’s golden.« – Taylor Swift, Daylight

Ich hätte nie gedacht, dass ich Frieden einmal greifbar spüren würde. Früher habe ich mit dem Gedanken gelebt, dass Liebe aufregend, prickelnd, ungewohnt erscheinen soll – so, wie es in Filmen oft gezeigt wird. In Zeitlupe, mit wehenden Haaren und perfekter Musik… mittlerweile weiß ich, wie es sich anfühlen sollte und wie nicht. Ich bin wie jede andere Jugendliche durch eine Palette an Erfahrungen herangewachsen und kann heutzutage herausfinden, ob ein Mensch gut für mich wäre oder nicht. Und auch, mit wem es sich lohnt, in einer Beziehung zu bleiben.

Du hast das Gefühl, du kennst ihn*sie schon sehr lange

Wenn du die Witze, die er reißt, sofort verstehst, oder sich ihre Arme wie dein Zuhause anfühlen, weißt du schnell, dass du mit jemandem harmonierst. Doch „harmonieren“ reicht oft nicht, manchmal nicht einmal für einige Monate. Was eine gute Beziehung – meiner Meinung nach – trägt, ist das Gefühl, ihn oder sie schon lange zu kennen. Es kommt dir bekannt vor, wenn er deinen Namen sagt, oder ihre Gestiken sind haargenau wie deine. Du kannst entspannen, weil es sich wie das anfühlt, was du dein Leben lang gesucht hast. Auch, wenn die Tage einmal etwas trüber sind, du kannst dich darauf verlassen, dass dein Partner dich wie von selbst wieder friedlicher stimmt. Wenn dir das bei einer geliebten Person passiert, muss das nicht unbedingt heißen, dass ihr für immer zusammenbleibt, (man hat schließlich nie eine Garantie darauf) aber wenn du diese Empfindung wiedererkennst, seid ihr auf einem guten Weg.  

Liebe ist keine Explosion, sondern eine Welle

Die Schmetterlinge im Bauch, die wir so gern spüren, sind tatsächlich nicht wirklich ausschlaggebend. Ich habe einmal gehört, dass Liebe nie so ist wie ein Feuerwerk, auch, wenn der Vergleich wunderschön ist: tausende, explodierende Farben und eine Aufregung, die wir nicht fassen können. Es mag sein, dass der Anfang einer jeden Beziehung auch in entferntester Weise darauf beruht – doch wenn wir einmal herausfinden, wer die Person wirklich ist, kann die Explosion schneller vorüber sein als man möchte. Im Laufe der Beziehung lernt man die Ecken und Kanten seines Partners kennen, und entscheidet (meist unterbewusst), ob sich dieser Jemand „lohnt“ und es weitergehen kann. Oft genug beginnen auch die ersten Streitereien, die dann in einem Kompromiss münden sollten. Ich sage oft, dass jedes Paar seinen eigenen Weg finden muss. Und ich finde, wenn man sich erst einmal wirklich kennt, und zwar jede Seite, dann fühlt es sich auch nicht mehr an wie ein Feuerwerk an Silvester, sondern eher, wie ein ruhiger, gemeinsamer Morgen am 1. Januar. Wer – meiner Meinung nach – reif genug ist, wird auch schnell merken, dass sich das viel mehr lohnt als ein paar prächtige Farben.

Die Streitkultur sagt vieles über euch aus

Hand aufs Herz: wer würde nicht gerne mal total ausrasten, wenn die Fetzen fliegen? Ich zumindest: das gebe ich offen zu. Aber, die Frage, die ich mir dann stelle, ist folgende: bringt das mich und meinen Partner jetzt weiter, wenn ich ganz laut werde? Und, ganz besonders wichtig: es soll niemals „du gegen deinen Partner sein“ – sondern ihr beide gegen das Problem. Wenn ihr es beide schafft, eure Probleme zu kommunizieren, die Wahrheit zu sagen und am Ende des Tages nicht ohne Küsschen und Lächeln schlafen zu gehen – dann großer Respekt! Denn „Respekt“ ist hierbei das Stichwort, ein Streit sollte niemals darin münden, den Partner zu beleidigen, ihm leere Anschuldigungen an den Kopf zu werfen oder so sehr zu „explodieren“ (Ja, heute habe ich es mit diesem Wort), dass man alles Gesprochene bereuen würde. Schafft ihr es beide nicht, würde ich mir nochmals Gedanken darüber machen, inwiefern euch eure jetzige Streitroutine bringt – höchstwahrscheinlich nicht viel. Versucht, offen, lieb und vor allem verständnisvoll zu sein, alles andere wäre nur ein Schuss ins eigene Tor oder ein Schuss ins Nirgendwo. Und ihr beiden wollt schließlich am Ende irgendwo stehen, oder?

Um zum Schlusswort zu gelangen: das hier sind natürlich keine 1A-Tipps, mit denen ihr aus einer kaputten Beziehung eine gesunde schafft – um ehrlich zu sein, selbst mit Erfahrungen kann niemand Liebe steuern. Aber ich für meinen Teil habe herausgefunden, worum es eigentlich geht, was zählt, und was niemals der Grund sein sollte, weshalb die Dinge nicht funktionieren. Den Frieden in einer Person zu finden, ist äußerst selten, deshalb solltet ihr daran festhalten, so lange ihr könnt.

Text: Vanessa S.