Enzos Weihnachtsnot – Vanessa S. | Eine Kurzgeschichte für Weihnachten

 »Halten wir kurz inne, für alle, die nicht die Wahl haben, Weihnachten so zu feiern, wie wir.«

1

Kalt und schmierig waren die Straßen, befleckt mit dunklem Matsch und mit der Gefahr, jederzeit auf die Nase zu fallen. Enzo gab sein Bestes, um nicht auszurutschen, trat vorsichtig einen Schritt nach dem anderen und achtete auf den Boden.

Er wanderte schon eine Weile, da empfing er den Geruch von frischen Bratäpfeln, von Lebkuchen, und Nüssen, alles herangespült durch einen heftigen Windstoß, der ihn auf den Boden beförderte. Enzo besaß Schwierigkeiten, etwas durch seine große rote Mütze zu sehen, so schüttelte er den Dreck von sich und stand wieder auf.

Von wo kommt dieser Duft?, fragte er sich, neigte den Kopf und blickte gen Himmel. Nirgendwo konnte er die Antwort auf seine Frage finden, doch da! Er schnüffelte ein weiteres Mal und entdeckte dann eine große Ansammlung von Menschen in bunten Jacken, noch bunteren Handschuhen und Bommel-Mützen. Zwischen ihnen ragten Buden hervor, und in der Luft hingen Tannenzweige und vergoldete Girlanden. Je länger er lauschte, desto lauter wurden die Zurufe, die Gespräche, und plötzlich beobachtete er sich dabei, wie er hinfort sprang, geradezu in die Menschenmenge.

Sein Tatendrang brachte ihn dazu, an den mächtigen Tretern der Menschen vorbei zu hüpfen, geradezu zitternd vor Aufregung. Wo war er? Was war das? Er wusste es nicht, er wollte nur noch zu den leckeren Bartäpfeln, wollte sich einen schnappen und vertilgen.

Minutenlang irrte er umher, bis er schließlich auf seine Knubbelnase vertraut hatte und sich einem Stand mit dutzenden, glänzenden Bratäpfeln entgegen fand. Er trippelte nach rechts und links, setzte all sein Gewicht ein, Sprang und…

… knallte geradewegs an ein Schienbein, das ihn mit solcher Wucht durch die Luft schleuderte, dass er das Gefühl hatte, er würde fliegen. Doch so schnell sein Flug angefangen hatte, so schnell landete er wieder auf festem Grund, und wunderte sich, dass er sich fühlte, als würde er sich im Kreis drehen. Schnell schüttelte er sein Köpfchen und sah sich um, da fiel ihm auf, dass er auf einem weißen Pferd saß, das sich im Kreis drehte.

Was war das?

Er blickte um sich umher, versuchte auf einen Punkt zu fokussieren, doch alles drehte sich zu schnell, als dass er erfahren konnte, wo er war. Um ihn herum befanden sich Feuerwehrautos, Rentiere, andere Pferde, Autos und alle möglichen Dinge. Er runzelte die Stirn und rümpfte das Näschen, während er Angst hatte, sein Mützchen zu verlieren.

Und da, er erinnerte sich!

Ein Karussell, das hatten die Menschen oft benutzt, sie standen immer wieder in Einkaufszentren, auf anderen Märkten und Feierlichkeiten. Ihn hatte schon immer der Gedanke gestört, sich in einen drehenden Kreisel zu setzen und darauf zu warten, dass er wieder stoppt, aber er hatte die Menschen sowieso nie verstanden.

Keine Minute später, als er endlich befreit war, hüpfte er beschwindelt aus dem Karussell und hoffte wieder den Stand mit den Bratäpfeln zu sehen, da entdeckte er ihn. Fröhlich und schwindelnd wagte er sich daran, dorthin zu gelangen, und schmeckte förmlich, wie der Bratapfel in seinem Mund zerging.

2

Enzo wurde ungeduldiger, je mehr Zeit verging. Er beobachtete, wie ein Bratapfel nach dem andern über die Theke gereicht wurde, und die Verkäuferin Münze um Münze einsammelte. Enzo hatte zwar kein Geld, doch überlegte er sich, wie er dennoch sein Ziel erreichen könne.

Da bemerkte er, dass die Verkäuferin sich entschuldigend aus der Bude machte und inständig nahm er die Verfolgung auf. Sein Wille für einen Bratapfel konnte um keinen Preis gebrochen werden. Die Verkäuferin verschwand hinter der Bude, wo sich ein Anhänger mit Lebensmitteln befand. Dutzende Kartons mit Äpfeln und Gewürzen, mit Schokofrüchten und gebratenen Nüssen.

Enzo konnte sich gerade hinter einer Ecke verstecken, als sie sich umdrehte und mit einem Karton verschwand. Kaum war sie verduftet, fühlte er sich wie im Schlaraffenland. Er hüpfte in den Container und schlug sich ganz lange den Bauch voll, bis er das Gefühl hatte, sich nicht mehr bewegen zu können. Er gähnte, wollte es sich gerade in einem Haufen der Äpfel bequem machen und sein Mittagsschläfchen halten, da bemerkte er ein lautes Plärren aus Richtung der Mülltonnen. Perplex spähte er dorthin, richtete sich wieder auf und glaubte seinen Augen nicht zu trauen.        

Ein kaputtes Mützchen lugte zwischen bunten Plastikverpackungen, Bananenschalen und angeknabberten Äpfeln. Und plötzlich schaute auch ein Kopf hervor – ein anderer Wichtel, ganz anders als Enzo!

Enzo sprang auf und hüpfte aufgeregt zu ihm, freute sich, einem potentiellen Freund über den Weg gelaufen zu sein. Und als er keine zwanzig Meter vor ihm stehen blieb, wich dieser verschreckt zurück, fiepte auf und hatte große Angst vor Enzo.

Enzo blinzelte und rümpfte die Nase.

Dieser Wichtel war grau, und hatte Sterne über sein Mützchen verteilt, und war überall mit Nähten verseht, da er bereits einmal auseinander gefallen war. Er war ganz mager, schniefte und ihm hing ein ganzer Haufen Dreck im Bart.

Sofort überkam Enzo Mitleid, schließlich wollte er nicht, dass jemand so kurz vor Weihnachten im Müll suchen musste.

»Wo kommst du her?«, fragte Enzo neugierig.

»Aus dem Müll«, flüsterte der andere Wichtel, der kurz durch den Müllhaufen linste.

»Das ist doch nicht wahr, niemand kommt aus dem Müll«, wollte Enzo den anderen Wichtel korrigieren. »Ich zum Beispiel komme aus einer Dekorationsfabrik. Ich habe dort meine ganze Familie. Aber hey, wo ist denn dein Mützchen?«

Der Wichtel zögerte, dann holte er die Spitze seines Mützchens hervor und schob sie Enzo mit der Nase vor. »Die ist schon lange kaputt. Ich nehme das hier aber trotzdem überall mit hin.«

Enzo spürte, wie sein Herz zerbrach. Doch da packte er seinen Mut, und schüttelte eifrig den Kopf. »Weißt du was, fremder Wichtel? Ich holte Nadel und Faden.«

Und ehe der andere etwas sagen konnte, purzelte Enzo davon. Lange suchte er nach Nadel und Faden auf dem Weihnachtsmarkt, ehe ihm ein Stand ins Auge fiel, der Wolle verkaufte. Im richtigen Moment schlich er hinein, schnappte sich ein Stück grauer Wolle und eine Nadel und hüpfte dann eifrig zurück zu dem fremden Wichtel.

Als Enzo ihm seine Beute zeigte, hüpfte auch er aufgeregt hin und her. Nun hatte er Enzos Vertrauen, welcher sich gleich daran machte, ihm sein Mützchen wieder anzunähen, und nebenbei auch die anderen Verletzungen zu flicken.

»Wie heißt du eigentlich?«

»Benny«, schniefte der andere Wichtel.

»Und kommst du wirklich aus dem Müll?« Enzo hatte nachgedacht und wollte nicht, dass dieser Wichtel recht besaß.

Benny zuckte mit den Schultern. »Ich hatte mal eine Familie, eine Menschenfamilie.« Enzo zuckte bei dem Begriff Menschenfamilie zusammen, denn er konnte schon ahnen, was jetzt auf ihn zukäme. »Kurz vor Weihnachten hat man mich in einen Karton gesteckt und mir eine Schleife ums Mützchen gebunden. Und als ich Tage später wieder das Licht erblickte, haben mich die Kinder wütend umher geworfen, und schließlich in den Müll.« Er schniefte. »Sie wollten einen Hamster, keinen Wichtel.«

Enzo begann nun ebenfalls zu schniefen.

»Und seither lebe ich im Müll. Wie ist es, in einer Dekorationsfabrik zu leben?«

Stundenlang unterhielt er sich mit Benny, während er versuchte, ihn wieder zusammenzuflicken, damit er nicht mehr fror. Und während er erzählte, fasste Enzo den Entschluss, Benny das schönste Weihnachten überhaupt zu liefern.

3

Stundenlang tüftelte Enzo an der Idee herum, wie er Benny ein wunderschönes Weihnachten organisieren könnte. Dafür wartete er, bis selbst die letzte – und größte – Welle an Feiernden den Weihnachtsmarkt verlassen hatte, und man beobachten konnte, dass die Buden schlossen.

Benny döste auf dem Mülltonnendeckel und bemerkte gar nicht, dass Enzo sich weggeschlichen hatte.

Das Erste, was Enzo tat, kam einem Raubüberfall gleich.

Er wanderte in den Vorratscontainer, schnappte sich einen Korb, der fünf Mal so groß war wie er selbst und stopfte alles hinein, was er finden konnte. Nüsse, Schokolade, Servietten, mit denen man sich einen sehr komfortablen Schlafplatz errichten können würde, und nicht zu vergessen, suchte er nach Bratäpfeln, wobei er nur noch einen letzten fand.

Groß war sein Bedürfnis, hineinzubeißen, doch riss er sich entgegen jeder Versuchung zusammen. Sein Gewissen hielt ihn davon ab. So nahm er ihn und legte ihn in den Korb. Anschließend machte er sich daran, die anderen Buden auf dem Weihnachtsmarkt aufzusuchen.

Zuerst ging er in eine Bude, die Christbaumschmuck verkaufte, schnappte sich fünf Kugeln und nahm auf dem Rückweg einen ganz großen Tannenzweig mit, der auf dem Boden lag. Ohne Benny zu wecken allerdings, steckte er den Zweig aufrecht in den Boden, schmückte ihn und legte den Korb daneben.

Danach machte er sich daran, in den weiteren Buden zu stöbern. Wie er hineinkam, ohne einzubrechen? Naja, er war klein. Und kleine Wichtel hatten Vorteile, von denen Menschen nur träumen konnten.

Er fand zahlreiche, weitere Dinge. Einen Plüschhasen, Duftkerzen, eine Wolldecke – weg mit den Servietten! – und sogar einen kleinen Musikrecorder. Alles fand sich neben dem Korb und dem Christbaum wieder, ohne Benny zu wecken.

Und als er fertig war – er hatte sogar eine Lichterkette aufgetrieben, die er mit all seiner Kraft einen halben Meter über dem Boden aufgehangen hatte, stupste er Benny mit der Nase auf, damit er wach werden würde.

Müde öffneten sich seine Äuglein. Und rasch schossen die Lider in die Höhe, als er bemerkte, was passiert war. Die ganzen Lichter, das Feuer der Duftkerze und die Wolldecken, die bereit lagen. Er schnüffelte, bemerkte, dass der Duft von Äpfeln, Nüssen und Schokolade in der Luft lag.

Sofort richtete er sich auf und blickte um sich.

»Niemand sollte an Weihnachten im Müll leben«, erklärte Enzo. »Frohe Weihnachten, Benny.«

Gerührt und mit zurückgehaltenen Tränen umarmte Benny den lieben Enzo, freute sich über alles, dass er sich dieses Jahr keine Sorgen über Weihnachten machen musste. Sie wärmten sich am Feuer der Duftkerze, hüpften auf den Figuren des Karussells umher und schafften es, sich die Bäuche bis zum Rand vollzuschlagen, ehe sie zusammen auf der Wolldecke einschliefen.

Einmal in der Nacht wachte Enzo auf, und bemerkte, dass etwas vor seine Nase rollte. Er öffnete die Augen und roch an dem köstlichen Bratapfel.

»Jeder hat Weihnachten verdient«, flüsterte Benny.

Und so teilten sie sich den Bratapfel, der viel süßer schmeckte, als wenn Enzo ihn ganz allein aufgegessen hätte.

Text: Vanessa S.

Qual durch Social Media & warum wir die Wahl haben | Wahl oder Qual?

“Sometimes you need to go offline to get your life on track.“ – Anonymous

Die Herausforderung des Sein-Lassens

Wenn die Orientierungslosigkeit des Alltags wie eine schwarze Wolke über uns schwebt, scheint der Griff zum Handy schon lange nicht mehr rein aus Langeweile zu entstehen, sondern wie eine Zuflucht. Man könnte fast meinen, dass Zuflucht ja etwas Positives sei – aber nein, falsch gedacht. Eine Zuflucht resultiert in jeglicher Weise in Abhängigkeit. Bildschirmzeit über 7 Stunden? Scheiß drauf! Schließlich hat das ja jeder und alle beschweren sich darüber, aber keiner macht vor, wie es anders gehen kann.

Ich werde es auch nicht vormachen, oder 5 ultimative Tipps nennen, um TikTok und Co. loszuwerden. Aber was hier folgt, ist nichts weiter als positive Erfahrungen, die ich gemacht habe, seit ich die Löschen-Taste betätigt hatte. Es ist tatsächlich eine kleine Herausforderung. Niemand verlangt mehr zu tun, sondern weniger. Weniger scrollen, vergleichen, leiden.

Dopamin, Zittern und Langeweile

Dopamin ist ein Hormon im Körper, das durch beispielsweise Nahrungsaufnahme, Geschlechtsverkehr und Entertainment eingeschaltet wird – somit ist es schwierig zu vermeiden. Das Gehirn signalisiert uns, dass die momentan ausgeführte Aktivität einen Nährwert hat, unser Überleben sozusagen sichert. Somit, kein Geheimnis, dass Binge-Eating, Übergewicht, Pornosucht, Sexsucht und eben auch Handysucht und übermäßiges Konsumieren von Social-Media-Beiträgen existieren – denn sind wir mal ehrlich, niemand bezeichnet sich selbst gerne als „Süchtigen“.

Je mehr wir also in einem Suchtverhalten stecken, desto mehr signalisiert die Sucht dem Körper einen Nährwert. Das klassische Beispiel: Man sitzt auf der Couch, möchte das Handy weglegen und jetzt endlich etwas Produktives machen, doch kaum liegt das Handy nicht mehr zwischen den Fingern, erbebt eine Welle von schlechten Gefühlen in unserem Inneren. Und was passiert dann? Man greift nach dem Smartphone, öffnet Social Media und… schwups! Ganz viel Dopamin, damit wir uns beim Konsumieren von kurzen Inhalten wieder wohlfühlen.

Bei mir verlief alles ziemlich schnell. Nachdem ich bei mir selbst oft genug beobachten konnte, dass ich mich nicht gut fühlte, wenn ich zu viel von beispielsweise TikTok konsumiert hatte, fasste ich den Entschluss die App schnell zu löschen. Und nach zwei Tagen, als ich immer mehr das Gefühl hatte, mein Dopamin-Überschuss (der ja dann eigentlich ein Mangel ist) stillen zu müssen, löschte ich auch den Rest. Und die Tage darauf waren sehr schwer.

Wer stetig auf kurze Inhalte reagiert, kann sich schwerer bei anderen Inhalten konzentrieren. Ich stellte fest, dass ich an jenem Abend, an dem ich auch meine Apps gelöscht hatte, angefangen hatte, unruhig zu werden. Ich fühlte mich, als wäre mein Kopf eine irritierte Stelle, die nach Aufmerksamkeit verlangte. Ich versuchte etwas für meine Seminararbeit zu machen, gleichzeitig Matheaufgaben zu lösen und nebenbei Musik zu hören. Ich lief hin und her, wusste nicht wohin. Doch je mehr man davon übersteht und dagegen ankämpft, desto besser wird es. Und dann kommt die dritte Stufe.

Langeweile. Absolute Langeweile. Viele Menschen, die ein sogenanntes „Dopamin-Detox“ versuchen, verzichten neben Social Media, Sex, Süßigkeiten und anderem suchtähnlichen Verhalten auch auf Musik, da Musik oftmals auch eine zusätzliche Stressfunktion im Körper anschalten kann (sei es, weil man tausend Dinge gleichzeitig macht und Musik hört, oder nicht allein mit seinen Gedanken sein kann). Und auch ich habe immer mehr auf Musik verzichtet, es nicht ganz weggelassen, aber gemerkt, wie viel geordneter und ruhiger der Geist sein kann.

Außerdem kann diese auftretende Langeweile durch überhaupt keine Stimulation in jeglicher Weise helfen, im Hier und Jetzt zu leben, statt dem Scheinleben von anderen Menschen zuzusehen.

Der Vergleich

Man hört es von überall, aber das offensichtlich wahre Klischee von Vergleichen auf Social Media ist in den letzten Jahren tatsächlich eine Nummer zu groß geworden. Sei es, dass immer mehr junge „Millionäre“ vor schicken Ferraris posen, dabei Sonnenbrillen tragen und allen vermitteln, sie würden doch tatsächlich ein so sonniges Leben führen. Oder Frauen, die so perfekt und vollkommen wirken, dass sie in jedem jungen Mädchen hunderte Fragen und Zweifel aufwerfen. Hat man sich einmal von dieser Fake-Realität erholt, sind auch die Vergleiche geschrumpft. Ein gesunder Vergleich, der zum Wachsen beitragen kann, ist absolut gerechtfertigt, oder Idealen zu folgen, aber warum sollte der natürliche Mensch sich mit einem Filter vergleichen?

Die gewonnene (?) Zeit

Bildschirmzeit von 7 Stunden scheint der Durchschnitt zu sein, wenn ich mich in meinem Umfeld umhöre. Es sei ja kein „Tabu“ mehr, jeder glotzt auf den Mini-Bildschirm. Natürlich kann man während man auf den Bus wartet, 10 TikToks anschauen, aber man kann auch die Vokabeln für die nächste Spanisch-Lektion wiederholen. Man könnte hunderte Bilder liken, während man kurz eine Pause vom Lernen macht, aber könnte man nicht auch kurz um den Block spazieren? Wie wäre es mit weniger TikToks, stattdessen einem nährenden Gespräch mit den Liebsten? Die kleinen gewonnenen Minuten können vieles bewirken.

Ich hatte beispielsweise nie eine Bildschirmzeit von 7 Stunden, ich würde meine Screentime auf maximal zwei Stunden schätzen. Trotzdem fand ich es viel zu übergreifend, und konnte mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, noch mehr Zeit zu verlieren. Da ich persönlich nun kein Interesse mehr daran habe, Social Media zu verwenden (es sei denn, aufgrund von beruflichen Vorteilen), klingt es natürlich sehr radikal, absolut keine Apps mehr zu verwenden.

Aber ich finde auch, es ist schon viel gewonnen, wenn man einfach nur einen gesitteteren Umgang mit den Plattformen pflegt. Wer sich das allerdings nicht zutraut (oder wie ich, das gesamte Interesse verliert), sollte die Apps definitiv löschen.

Und jetzt?

Wer sich davon nicht überzeugt genug fühlt, sollte sich einfach selbst mit dem Thema auseinandersetzen. Wer kein Problem darin sieht, sich seine Zeit von Social Media rauben zu lassen, oder vielmehr einen Ausgleich dazu gefunden hat, dem gratuliere ich. Ja, wir haben die eindeutige Wahl, Social Media (nicht) zu nutzen, dieser Gruppenzwang existiert höchstwahrscheinlich nur in unserem Kopf oder vielleicht so gering, dass wir ihm einfach nur sofort nachgegeben haben.

Ich habe nur positive Resultate erfahren dürfen. Ich nannte es anfangs einen „Detox“, bis mir aufgefallen ist, dass ich mir die Apps gar nicht mehr zurückwünsche, sondern ganz darauf verzichten möchte. Natürlich greife ich manchmal zu meinem Handy und überlege, ob ich jetzt irgendwo drauftippen kann, bis mir auffällt, dass die Apps weg sind und ich mich wieder daran erinnere, dass ich etwas anderes (Produktiveres) machen könnte.

Seither kann ich mich besser konzentrieren, nehme Dinge viel besser wahr, wie zum Beispiel die Umwelt. Ich muss beim auf den Bus warten nicht mehr immer Musik hören und mit dem Bein wippen. Ich bin eindeutig ruhiger geworden, und auch meine Stresszufuhr ist gesenkt worden, wodurch ich entspannter auf bestimmte Momente reagieren kann. Meine Zeit – wie oben schon erwähnt – kann ich jetzt viel besser und effizienter nutzen und einteilen. Und vielleicht, behaupte ich jetzt ganz mutig, dass ich etwas mehr in mir, und im Hier und Jetzt lebe.

Text: Vanessa S.

Eine kleine Anekdote über das Ende von Freundschaften | Anfang & Ende

Ich habe früher immer gedacht, dass das Ende einer Freundschaft nur an mir liege. Die Schuldgefühle, die mich dabei von innen heraus aufgefressen hatten, umkreisten nur diese eine Frage: »Was habe ich falsch gemacht?«

Wenn ich jetzt darüber nachdenke, mit welchen Menschen ich nun keinen Kontakt mehr habe, fallen mir eigentlich nur negative Erlebnisse und Aussagen ein. Ich möchte damit auf keinen Fall sagen, ich hätte alles richtig gemacht oder müsse jetzt alles ausbaden. Ich habe mich genauso falsch verhalten, habe blöde Dinge gesagt, war nicht bei den richtigen Momenten dabei oder habe mich langsam immer weiter von der Person entfernt.

In den letzten Monaten ist mir nur aufgefallen, dass einige Menschen nur Freunde sind, wenn du ihnen etwas Gutes tust, oder du sie fünfmal in der Woche siehst.

Bevor mir einfiel, dass eine Freundschaft nicht funktionieren kann, wenn man sich verstellt (ja, das ist mir relativ spät aufgefallen!) habe ich ein schlechtes Gefühl gehabt, nachdem ich einige Menschen getroffen habe. Das Gefühl, als wäre meine soziale Batterie leer und meine Mundwinkel würden abbrechen, weil ich so lange ein gefälschtes Grinsen aufgesetzt habe. Ich habe mich in Gesprächen verstellt, meine Stimme war nicht dieselbe. Ich habe ständig versucht, eine Künstlerin im Small Talk zu werden – jetzt weiß ich, dass ich Small Talk überhaupt nicht abkann. Wie oft ich Treffen abgesagt habe, um stattdessen etwas anderes zu machen; einfach, weil ich wusste, dass es mir nach dem Treffen nicht gut gehen würde.

Jetzt könnte man natürlich sagen: Wieso suchst du die Fehler nicht bei dir selbst, schließlich hast du ja ein Problem damit, Freundschaften zu pflegen? Und ja, natürlich. Ich habe oft versucht zu verstehen, was ich falsch gemacht habe. Ob ich etwas falsch gemacht habe? Mittlerweile weiß ich: Freundschaften können nicht funktionieren, wenn zwei Menschen einfach nicht zusammenpassen.  

Wie oft habe ich jetzt zu hören bekommen, ich wäre gemeiner, ich hätte mich verändert, nur weil ich nicht mehr auf den Small Talk eingehe, oder die Menschen ignoriere, von denen ich weiß, sie haben schlecht über mich geredet? Menschen, die mir ins Gesicht lügen oder »Hey, Vanessa, darf ich deine Zusammenfassung haben?« Nö!

Also, ich bin böse, habe mich verstellt, habe zudem noch kein Händchen für Small Talk und… hm… was noch? Ach ja: Ich kann mich endlich auf die Menschen in meinem Umfeld verlassen. Denn eines ist sicher: Ich weiß jetzt, wer gut für mich ist.

Text: Vanessa S.

»Aber sie sind deine Eltern!« – Ja! Das ist das Problem…

Toxische Eltern… | … und warum wir so sind, wie wir sind.

Kommentar von Vanessa S.

Disclaimer: Ich bin weder Psychologin, noch Therapeutin, noch habe ich professionelle Anhaltspunkte, wenn es um Familientherapien geht. Ich schreibe lediglich des Schreibens Willen, und weil ich das Thema rund um toxische Eltern und gesellschaftlichen Einfluss interessant finde.

Depressionen, Bindungsängste, unerwiderte Liebe… das ist der Dorn im Auge der Gesellschaft, der gerne übersehen wird – absolut schade!

Für jemanden, der in einem sicheren Haushalt aufwächst, sind die oben beschriebenen Zustände selten ein Problem. Sie sind vielleicht nicht nachzuvollziehen oder lassen ihn oder sie die Augenbrauen verständnislos hochziehen. Was sollen Eltern schon mit uns machen? Sie geben uns alles, was wir brauchen? – Und ja, leider auch viel mehr: Weinend einzuschlafen, weil die Eltern wieder gestritten haben, oder ihre Frustration über unsere Erziehung, die einen langen Pfad von Manipulation bereitstellt. Der Streit an Weihnachten, toxische Stimmung, sobald der Vater zuhause ist, laute Anschuldigungen, Desinteresse, das Problem, jemanden mit nachhause zu bringen, weil man weiß, die Eltern können sich nicht benehmen – und die ständige Suche nach der Antwort, was man eigentlich falsch gemacht hat, und ob man das verdient, was gerade zuhause geschieht.

Wieso spricht niemand darüber?

Das ist eine gute Frage, auf die man aber auch leicht selbst kommt. Ich bin vielen Menschen über den Weg gelaufen, an deren Verhalten ich schnell feststellen konnte: »Oh, Kindheitswunde, wahrscheinlich«. Doch meistens, und das ist der springende Punkt, wissen Menschen nicht, dass sie Verletzungen aus ihrer Kindheit herumtragen, die sie bis heute beeinflussen – aber dazu später mehr. Sie wollen oder können nicht akzeptieren, dass ihre Eltern sie schlecht behandelt haben. Es fängt harmlos an, wie beispielsweise die Grenzen des Kindes nicht zu respektieren, indem man sich viel zu sehr oder auch falsch in das Leben des Nachwuchses einmischt. Oder die hohen Erwartungen, die geschürt werden, weil sie ja wissen, »was gut für dich ist«. Und wie ist es mit Desinteresse, tiefsitzender Frustration, weil der Vater einen nicht ansieht, wenn man sich nicht gut genug anstrengt? Wenn man für ihn sonst nicht existiert? Oder die Mutter, die nicht weiß, wie man ein Kind erzieht und denkt, dass anschreien und toxisches Verhalten das sei, das ihr auch nicht geschadet hätte – aber da ist es! Es hat geschadet. Die Gesellschaft hat nur selbst nicht akzeptiert, dass viele von ihnen schlechte Eltern sind, wenn sie weiter machen.

Jetzt lehne ich mich mit den Behauptungen sehr weit aus dem Fenster. Man ist doch keine schlechte Mutter, nur weil man sich wie eine Mutter verhält? Das mag schon sein. Ich persönlich finde, es gibt per se keine guten oder schlechten Eltern, sondern nur reife oder unreife Eltern. Menschen akzeptieren nicht, dass Eltern sich unreif in der Erziehung verhalten, sodass Betroffene auch bei der kleinsten Überlegung zu hören bekommen »Aber das sind deine Eltern, du kannst nicht so über sie sprechen?« oder »Deine Eltern versuchen es zumindest, gib ihnen eine Chance«. Auch beliebt ist: »Das ist deine Mutter! Sei dankbarer! Es gibt Kinder, die keine Eltern haben!«

Ja, aber darf ich deshalb nicht verärgert sein, wenn ich in einigen Jahren vor dem Spiegel stehe und bemerke, dass der Grund für meine Schwierigkeiten von meinen Eltern kommt? Die Gründe, warum ich Menschen so leicht vertraue, warum ich keine Beziehung führen kann, warum ich kein Selbstbewusstsein habe – darf ich ihnen verzeihen, dass sie sich nicht ausreichend – emotional – um mich gekümmert haben?

Im Endeffekt muss das jeder selbst entscheiden. Zu akzeptieren ist ein guter Anfang. Ich finde, wenn du weißt, dass das auf dich zutrifft, dann darfst du auch sagen, dass du falsch behandelt wurdest.

Wissen Eltern, dass sie uns auch schaden können?

Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen »meine Mutter hat das Wlan-Passwort geändert, das macht sie nur, um mich zu nerven« und »meine Mutter hat wieder mein Tagebuch gelesen und sich daraufhin mit meinem Vater ausgetauscht.« Es gibt gewisse Dinge, die einfach nicht in Ordnung sind. Auf die Frage, ob sie das Wissen besitzen, dass sie uns schaden, gibt es jede Antwort. Ja, bei Eltern, die genau wissen, in welche Wunde sie stechen müssen, um dich zu kontrollieren und Nein, bei Eltern, die es einfach nicht besser wissen und hoffen, dass du nur erzogen wirst. Erziehung ist nämlich auch überhaupt nicht einfach.

Manchmal reicht Kommunikation, und die Lösung davon nur für einige Tage. Denn unreife Eltern sind häufig damit überfordert, die wirklichen Wünsche ihrer Kinder zu akzeptieren, weil sie wissen, sie selbst hätten das nicht gemacht oder durften es nicht. Sie waren leise und haben erduldet, was passiert war – aber deshalb darfst du trotzdem sagen, was du dir wünschst: mehr Privatsphäre? Weniger Kontrolle? Sprich es aus!

Was macht das nun mit uns? Die Frage, wer wir sind, lässt sich häufig, wenn nicht immer, auf unsere Eltern zurückführen. Es gibt Menschen, die mit Verlustängsten in Partnerschaften zu kämpfen haben – und wenn man einen Schulterblick in die Vergangenheit wirft, lässt sich erkennen, dass die Eltern nicht das geleistet haben, was sie hätten leisten sollen. Denn ich denke, wir sind uns alle einig, wenn ich behaupte, dass Eltern nur Kinder bekommen sollten, wenn sie nicht maßlos überfordert mit sich selbst sind.

Inzwischen gibt es viel gute Literatur, die sich mit „Kindheitswunden“ auseinandersetzt. Sie zu lesen kann helfen, einen Überblick zu bekommen. Nichts desto trotz; wenn ihr betroffen seid, sprecht drüber, reflektiert und seid euch bewusst, dass es nicht eure Schuld ist.

»Du bist mein Neuanfang« | Woran man merkt, dass die Beziehung funktioniert!

»I once believed love would be burning red – but it’s golden.« – Taylor Swift, Daylight

Ich hätte nie gedacht, dass ich Frieden einmal greifbar spüren würde. Früher habe ich mit dem Gedanken gelebt, dass Liebe aufregend, prickelnd, ungewohnt erscheinen soll – so, wie es in Filmen oft gezeigt wird. In Zeitlupe, mit wehenden Haaren und perfekter Musik… mittlerweile weiß ich, wie es sich anfühlen sollte und wie nicht. Ich bin wie jede andere Jugendliche durch eine Palette an Erfahrungen herangewachsen und kann heutzutage herausfinden, ob ein Mensch gut für mich wäre oder nicht. Und auch, mit wem es sich lohnt, in einer Beziehung zu bleiben.

Du hast das Gefühl, du kennst ihn*sie schon sehr lange

Wenn du die Witze, die er reißt, sofort verstehst, oder sich ihre Arme wie dein Zuhause anfühlen, weißt du schnell, dass du mit jemandem harmonierst. Doch „harmonieren“ reicht oft nicht, manchmal nicht einmal für einige Monate. Was eine gute Beziehung – meiner Meinung nach – trägt, ist das Gefühl, ihn oder sie schon lange zu kennen. Es kommt dir bekannt vor, wenn er deinen Namen sagt, oder ihre Gestiken sind haargenau wie deine. Du kannst entspannen, weil es sich wie das anfühlt, was du dein Leben lang gesucht hast. Auch, wenn die Tage einmal etwas trüber sind, du kannst dich darauf verlassen, dass dein Partner dich wie von selbst wieder friedlicher stimmt. Wenn dir das bei einer geliebten Person passiert, muss das nicht unbedingt heißen, dass ihr für immer zusammenbleibt, (man hat schließlich nie eine Garantie darauf) aber wenn du diese Empfindung wiedererkennst, seid ihr auf einem guten Weg.  

Liebe ist keine Explosion, sondern eine Welle

Die Schmetterlinge im Bauch, die wir so gern spüren, sind tatsächlich nicht wirklich ausschlaggebend. Ich habe einmal gehört, dass Liebe nie so ist wie ein Feuerwerk, auch, wenn der Vergleich wunderschön ist: tausende, explodierende Farben und eine Aufregung, die wir nicht fassen können. Es mag sein, dass der Anfang einer jeden Beziehung auch in entferntester Weise darauf beruht – doch wenn wir einmal herausfinden, wer die Person wirklich ist, kann die Explosion schneller vorüber sein als man möchte. Im Laufe der Beziehung lernt man die Ecken und Kanten seines Partners kennen, und entscheidet (meist unterbewusst), ob sich dieser Jemand „lohnt“ und es weitergehen kann. Oft genug beginnen auch die ersten Streitereien, die dann in einem Kompromiss münden sollten. Ich sage oft, dass jedes Paar seinen eigenen Weg finden muss. Und ich finde, wenn man sich erst einmal wirklich kennt, und zwar jede Seite, dann fühlt es sich auch nicht mehr an wie ein Feuerwerk an Silvester, sondern eher, wie ein ruhiger, gemeinsamer Morgen am 1. Januar. Wer – meiner Meinung nach – reif genug ist, wird auch schnell merken, dass sich das viel mehr lohnt als ein paar prächtige Farben.

Die Streitkultur sagt vieles über euch aus

Hand aufs Herz: wer würde nicht gerne mal total ausrasten, wenn die Fetzen fliegen? Ich zumindest: das gebe ich offen zu. Aber, die Frage, die ich mir dann stelle, ist folgende: bringt das mich und meinen Partner jetzt weiter, wenn ich ganz laut werde? Und, ganz besonders wichtig: es soll niemals „du gegen deinen Partner sein“ – sondern ihr beide gegen das Problem. Wenn ihr es beide schafft, eure Probleme zu kommunizieren, die Wahrheit zu sagen und am Ende des Tages nicht ohne Küsschen und Lächeln schlafen zu gehen – dann großer Respekt! Denn „Respekt“ ist hierbei das Stichwort, ein Streit sollte niemals darin münden, den Partner zu beleidigen, ihm leere Anschuldigungen an den Kopf zu werfen oder so sehr zu „explodieren“ (Ja, heute habe ich es mit diesem Wort), dass man alles Gesprochene bereuen würde. Schafft ihr es beide nicht, würde ich mir nochmals Gedanken darüber machen, inwiefern euch eure jetzige Streitroutine bringt – höchstwahrscheinlich nicht viel. Versucht, offen, lieb und vor allem verständnisvoll zu sein, alles andere wäre nur ein Schuss ins eigene Tor oder ein Schuss ins Nirgendwo. Und ihr beiden wollt schließlich am Ende irgendwo stehen, oder?

Um zum Schlusswort zu gelangen: das hier sind natürlich keine 1A-Tipps, mit denen ihr aus einer kaputten Beziehung eine gesunde schafft – um ehrlich zu sein, selbst mit Erfahrungen kann niemand Liebe steuern. Aber ich für meinen Teil habe herausgefunden, worum es eigentlich geht, was zählt, und was niemals der Grund sein sollte, weshalb die Dinge nicht funktionieren. Den Frieden in einer Person zu finden, ist äußerst selten, deshalb solltet ihr daran festhalten, so lange ihr könnt.

Text: Vanessa S.

Enzos Weihnachtskrise – Vanessa S. | Eine Geschichte zum Thema „Krisen und Chancen“

»Es ist immer leicht, die Krisen zuerst zu sehen,

wenn die Chancen unter ihnen verdeckt scheinen.«

1

Für Enzo fühlte es sich so an als sei mehr als ein Laster über seinen kleinen Kopf gefahren.

Um ihn herum rieselte der Schnee, einzelne Flocken sickerten in seinen Bart, während er sekundenlang regungslos auf der Straße verweilte. Die Viere ausgestreckt wie ein Tier, die Nase auf dem Asphalt.

Er blinzelte, richtete sich auf und starrte dem Laster hinterher, der so eben über ihn gefahren war: es war ein weißer Laster, gefüllt mit Weihnachtskugeln, anderen Wichteln und einem riesigen Tannenbaum, der mit seiner Spitze bis an die Decke des Einkaufszentrums reichen konnte. Wieder ein perplexes Blinzeln.

Dann erreichte ihn die Panik.  

Er war vom Lieferwagen gefallen! Er war getrennt von den anderen Weihnachtswichteln! Warum, um Himmels Willen war er so dreckig? Seine Mütze war betupft mit Matsch, die gestreiften Hosen hatten Löcher und sein Bärtchen war nass und fror ihn bis hinauf zu der Knubbelnase.

Das durfte nicht sein!

Er musste später blitzeblank aussehen, so wie ein Wichtel eben: sauberer Bart, geputztes Näschen, schöne Mütze.

Zornig stand er auf und stemmte die winzigen Arme in die Hüften. Er versuchte erneut ausfindig zu machen, wo er nun steckte, sein Fuß trommelte auf dem Boden.

Um Enzo herum lag nichts außer einer grauen Asphaltwiese, die langsam mit einer dünnen Schneeschicht bedeckt wurde. Er war zu klein, um weit in die Ferne zu blicken, und er war fuchsteufelswild, dass er so klein war.

Er musste doch wissen, wo er steckte?

Während er sich aufregte, fiel ihm fast die Mütze vom Kopf. Er blinzelte, schnaufte und dann… Es fiel ihm wieder ein; er musste so schnell es ging aufbrechen und dem Laster hinterher! Wie war er auf die Straße gefallen und wie wurde er wieder sauber? Das hatte vorerst keine Bedeutung mehr für Enzo; er stapfte los.

***

Bedeckt mit Schneeflocken fand er sich in einer Stadt wieder, die ihm fremder denn je schien. Überzeugt davon, richtig zu liegen, war er den Spuren des Lastwagens gefolgt, hatte aber dabei vergessen, dass alle Autospuren ungefähr gleich aussahen.

Enzo kratzte sich an seinem Bart und runzelte die Stirn.

Er stand an einer stillgelegten Ampel, war ganz alleine. Inzwischen dämmerte es, und er schniefte traurig. Enzo durfte nicht einfach zurückgelassen werden! Er war auch einer der Wichtel und hatte genau dasselbe Ziel.

Zu allem Übel begann er auch noch zu zittern.

Wieder packte ihn der Zorn und brachte ihn fast dazu, wild aufzustampfen und auf zu japsen – doch er hatte sich noch rechtzeitig im Griff. Statt sich aufzuregen, atmete er kräftig ein und aus, wobei sich eine kleine Wolke vor seinem Gesicht bildete.

Fasziniert davon bemerkte er ein glitzerndes Schimmern im Augenwinkel. Er drehte sich um und hob die Brauen.

Das war es!

Gefüllt von Euphorie hetzte er auf schnellen Schritten zu der Bushaltestelle. Die ältere Frau, die mit einem zufriedenen Grinsen und den Händen auf ihrer Handtasche auf den Bus wartete, entdeckte Enzo gar nicht. Auch nicht die Mutter, die Hand in Hand mit ihrer jungen Tochter danebenstand.

Doch als das Mädchen mit gebanntem Blick auf den kleinen Wichtel neben ihr schaute, traute sie ihren Augen nicht. Sie riss sie auf und schnappte laut nach Luft. Stand da tatsächlich ein Wichtel neben ihr?

»Mama?« Sie rüttelte an der Hand der Frau.

Doch ehe sie weitermachen konnte, schüttelte Enzo panisch den Kopf. Es schien ihm ganz recht, dass der Bus schon um die Ecke gebogen war. Er tänzelte nervös auf den Beinen herum, wollte in den Bus, bevor er entdeckt wurde.

Aber das kleine Mädchen war so überrascht von der plötzlichen Ankunft des Wichtels, dass sie ein weiteres Mal an der Hand der Mutter zerrte. Enzo aber, so schlau wie er war, sprang ganz hoch und hüpfte kurzerhand in die Handtasche der alten Dame.

In dieser Sekunde blieben die Reifen des Buses quietschend vor ihnen stehen.

Die Mutter schaute besorgt auf ihre Tochter herab und runzelte die Stirn, als sie mit ansah, wie das Kind sich umdrehte und ganz bleich wurde. Sie fuhr ihr kopfschüttelnd über die Haare und stieg dann zusammen mit ihr ein.

Und auch die ältere Dame hatte schließlich einen Platz gefunden, ehe der Bus abfuhr. Die nächste Zeit befand sich Enzo in der Handtasche, zusammen mit einer Lesebrille, einer zerknitterten Lektüre und einer Menge anderem Krimskrams, über den er als Weihnachtswichtel nur die Nase rümpfen konnte.

2

Enzo schaffte es rechtzeitig aus der Handtasche heraus, um vor dem riesigen Einkaufszentrum auszusteigen. Er war überglücklich, dass er sich während der Fahrt putzen konnte, und nun nicht mehr dreckig war. Natürlich war er noch immer wütend, dass er aus dem Lieferwagen gefallen war, doch zumindest schien ihm, dass seine Weihnachtskrise bald wieder vorbei sein würde.

Da es nicht mehr rieselte, schaffte es Enzo völlig unversehrt über den enormen Parkplatz. Vor ihm tummelten sich Menschen, Autos, noch mehr Menschen mit Einkaufstaschen und Kinder. Er flitzte um sie herum hindurch und kam schließlich am Eingang an.

Sofort machte er sich auf den Weg hinein und durch das Einkaufszentrum.

Es war wunderschön.

Überall funkelte und glitzerte es. Die Rolltreppen waren mit künstlichen Tannenzweigen und Weihnachtskugeln geschmückt, ganz kleine Weihnachtsbäume standen am Rand mit süßen Geschenken darunter versteckt. Enzo sah sich um, hielt seine große Mütze fest und überlegte, wo der große Tannenbaum nun stehen würde.

Dabei wurde er fast getreten, weswegen er sich neben ein Geschenk und unter einem der Weihnachtsbäume versteckte.

Noch vor Ladenschluss wollte er zum Weihnachtsbaum und seinen Brüdern und Schwestern. Ob sie ihn schon vermissten? Sicherlich! Er vermisste sie ja auch. Enzo schniefte. Er war fertig. Der Tag hatte ihm die letzten Nerven geraubt und er wollte einfach nur zum Tannenbaum. Doch würde er sicherlich zertrampelt werden, wenn er weiterhin durch die Gegend lief.

Da kam ihm eine grandiose Idee: Enzo musste sich tragen lassen wie vorhin beim Bus.

So wartete er einige Zeit auf die perfekte Gelegenheit und sprang dann unentdeckt in eine Einkaufstasche. Total überrumpelt davon schüttelte er sich und nieste. In der Einkaufstasche befanden sich zwei Geschenkpapierrollen, die bis hoch hinaufragten, und ein Teddybär.

Enzo runzelte die Stirn und wartete ab, bis er den riesigen Tannenbaum erspähen würde. So schnappte er sich eine der Geschenkrollen und nutze es wie ein Fernrohr. Es dauerte einige Zeit, da entdeckte er ihn.

Überwältigt von der tiefen Freude ließ er die Geschenkpapierrolle fallen und hüpfte aufgeregt umher, bis er auf den nächsten Moment wartete und hinaushüpfte.

***

Der Tannenbaum war größer als alles, was Enzo bisher gesehen hatte. Er reichte bis an die Decke des Einkaufszentrum, wobei noch Platz für einen ordentlichen Stern blieb. Enzo spürte einen leichten Stich in der Brust, als er bemerkte, dass die anderen Wichtel schon um den Tannenbaum verteilt waren, einige wenige ganz hoch oben hingen und den Baum schmückten.

Aber er war erleichtert, endlich angekommen zu sein.

Er seufzte, richtete seine Mütze und trat dicht heran. Er sah sich in der großen goldenen Weihnachtskugel spiegeln. Enzo wusste, dass er bis ganz nach oben zu den anderen Wichteln musste, aber wie sollte er nach oben?

Er schniefte traurig.

Doch er durfte nicht traurig sein! Enzo musste nach oben zu dem Weihnachtsbaum und seiner Pflicht nachgehen, den Tannenbaum zu schmücken.

Er stapfte zurück, drehte sich um, nahm Anlauf und sprang hoch.

Allerdings… ohne Erfolg.

Ein weiteres Mal.

Und noch Mal.

Jedes Mal endete damit, dass Enzo auf dem Hintern landete, die Nase rümpfte und zornig wurde. Wieder wurde er fuchsteufelswild, dass er so winzig war. Aber er durfte nicht aufgeben! Das war keine Lösung für ihn!

Er war den weiten Weg vom Laster bis hierhergeschafft, jetzt war der schlechteste Zeitpunkt, aufzugeben!

Minutenlang überlegte Enzo nach einer Lösung. Vielleicht würde er irgendwann nach oben kommen, doch fiel er wieder hinunter, müsste er es erneut versuchen. Und das dauerte! So patrouillierte der kleine Enzo unentdeckt von den gestressten Menschen hin und her, verschränkte die kurzen Arme vor seinem Bart.

Plötzlich stoppte er.

Er sah nach oben und dann zum Tannenbaum.

Enzo bekam einen Geistesblitz!

So schnell er konnte kletterte auf den Zweigen der Rolltreppe hinauf, hielt sich dort fest und lief bis zum Ende der Rolltreppe nach oben. Ihm fiel auf, dass er sich nicht mal auf Höhe der Mitte des Tannenbaums befand.

Enzo nahm die nächste Rolltreppe.

Jetzt befand er sich ein bisschen nach der Hälfte.

Er musste bis in den dritten Stock.

Enzo nahm eine Rolltreppe nach der nächsten, war gesteuert von der Motivation und dem Gedanken, dem Tag endlich ein Ende zu setzen, sodass er einfach weitermachte, ohne den Zweifeln einen Platz in seinem Kopf zu lassen.

Als er ganz oben angekommen war, traute er sich nicht, nach unten zu schauen. Wie auch! Er wollte nur den Tannenbaum sehen, der vor ihm ragte.

Enzo nahm schnappend Luft, richtete den Sitz seiner Mütze und sprang dann hoch in die Lüfte. Sekundenlang fühlte er sich wie ein Vogel oder ein Schmetterling. Er ließ sich treiben, sah alles in Zeitlupe.

Die Menschen unter ihm, die anderen Wichtel, die ihn geschockt ansahen. Sein Bart wedelte umher, seine Mütze fiel ihm fast ab. Er hielt sich fest, streckte die freie Hand aus, und gab sein Bestes, einen der Zweige zu greifen.

Und für Enzo ging ein Traum in Erfüllung: Er schaffte es, sich festzuhalten und gegen einen der anderen Wichtel zu knallen. Er stellte sich auf eine der Weihnachtskugeln, und hielt sich ganz fest. Er hatte es geschafft!

Doch freute er sich so sehr, dass er kurzerhand den Boden unter den Füßen verlor und den Zweig losließ.

Er fiel hinunter!

Wieder sah Enzo alles in Zeitlupe um sich herumbewegen. Und während er hinunterfiel, entdeckte er das kleine Mädchen von der Bushaltestelle auf der Rolltreppe. Sie fuhr nach oben, bemerkte Enzo und riss die Augen auf.

Das wars mit ihm!

Aber dann! Ehe Enzo auf den Boden fallen konnte, hielt ihn jemand fest und stoppte seinen Fall. Enzo blieb stehen.

Er keuchte kräftig und seufzte, bis er sich umdrehte und feststellte, dass einer seiner Wichtel-Geschwister ihn gepackt hatte, bevor er fallen konnte. Enzo war gepackt von Freude, dass er zwar lachte und zappelte, aber alles in einem Rahmen – er wollte schließlich nicht noch einmal hinunterfallen.

Enzo fand seinen Platz im Tannenbaum und beobachtete, wie das kleine Mädchen auf den Wichtel zeigte und auf die Mutter einredete. Und statt ihrer Tochter zu glauben, berührte sie ihre Stirn und schüttelte den Kopf.

Was hatte sie für eine Fantasie! Als würden Wichtel tatsächlich herumlaufen und sich auf die Suche nach dem Tannenbaum begeben, sich in Einkaufstaschen verstecken oder Busfahren! Was für ein Blödsinn.

Schließlich würde das kein Wichtel tun…

…außer er hieß Enzo.

Text: Vanessa S.

»Einmal Dunkelheit für mich« | Krisen und Chancen | (Mini-Selbst-) Reportage

»Wovor hast du Angst, Vanessa? Dunkelheit ist nur das Fehlen von Licht.«

1

Das Licht knipst aus. Doch es ist ein anderes Ausknipsen. Ich sehe nicht den Moment, wie die Lichterketten ausgehen, wie das kleine Nachtlicht an meinem Schreibtisch auf einmal den Geist aufgibt – ich laufe in das ausgeknipste Licht hinein… Unter meinen Schuhen knirscht herabgefallenes Laub, der Wind weht in meinen Haaren. Ich erblicke nichts außer einem Feldweg, auf dem schier nichts zu sehen ist. Eine angrenzende, immer dichter werdende Reihe an Bäumen.

Das… ist Dunkelheit.

Seit fast zwanzig Minuten sind wir unterwegs. Mein Freund hält stetig meine Hand fest als wäre ich ein Kind. Obwohl ich strikt darum gebeten hatte, dass er nie meine Hand loslassen darf, fühlt sich ein kleiner Teil in mir merkwürdig. Wir sind schon einmal in purer Dunkelheit um den See bei mir in der Nähe herumgelaufen, und bis auf einen Hasen, zwei Jogger und einige Fahrradfahrer ist uns nichts und niemand begegnet. Kein Monster, keine gruseligen Schatten… Es waren nur er und ich.

Trotzdem fühlte es sich nicht danach an. Aber wieso?

Was ist Dunkelheit?

Dunkelheit wird als »lichtarmer Zustand« definiert. Wobei lichtarm albern ist. Ich schlafe lichtarm ein, und das mit Lichterketten, einem Nachtlicht und offener Zimmertüre – schon seit ich klein bin. „Lichtarm“ ist für mich, wenn trotzdem noch Stromkosten gezahlt werden oder der Mond herumschimmert. Und Dunkelheit ist für mich, dass ich die Augen ganz weit aufgerissen habe und versuche, genau dasselbe zu sehen, wie mit Licht. Und dabei scheitere ich, weil eben kein Licht um mich herum ist.

Im Laufe meiner Recherche habe ich einige Definitionen, Symbole und auch Vergleiche gefunden, die mich die Stirn haben runzeln lassen. Dunkelheit als Form der Weisheit der Natur, als biblisches Symbol.

In der Bibel gibt es einiges Interessantes zum Thema Dunkelheit und Finsternis – und die klare Position dazu. Das folgende Evangelium zeigt das am besten.  

„Da sprach Jesus zu ihnen: Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, dieweil ihr das Licht habt, dass euch die Finsternisse nicht überfallen. Wer in Finsternis wandelt, der weiß nicht, wo er hingehet“ | Johannes, 12:35

Dunkelheit ist also ein lichtarmer Zustand mit mieser Bedeutung. Was können wir uns jetzt logischerweise davon versprechen? Richtig…

… Angst.

2

»Da ist etwas«, sage ich und rüttle an dem Arm meines Freundes. Er schaut nicht mehr in dieselbe Richtung, in die ich gerade schaue. Es ist Licht durch eine Kulisse von engstehenden Bäumen in der Mitte des Waldes.

»Da ist nichts«, entgegnet er mit einem tiefen Seufzen.

Er hat die Frage beantwortet – schon fast ein Dutzend Mal. Er weiß, dass da draußen nichts lauert; nur Vögel, Rehe und andere Lebewesen, die die Nacht begrüßen und umherstreifen. Er weiß, dass er keine Angst haben muss.

Doch ich sehe Monster in den Bäumen, ich höre herumlaufende Schatten in Form von fallenden Blättern, ich spüre den Atem der Angst um meinen Körper als einen Nebel. Ich sehe alles und nichts. Das ist das Lustige an der Dunkelheit.

Ich habe mittlerweile eine Kapuze auf, eine Taktik von uns, die Angst ein wenig zu dämmen. Ich fühle mich wohler, wenn ich sie aufhabe, so kann ich mich für den Moment nur auf den Weg vor mich konzentrieren. Je länger wir unterwegs sind, desto kräftiger wird der Griff um die Hand meines Freundes. Je länger wir unterwegs sind, desto klarer wird, was sich seit Jahren in meinem Inneren ausgebreitet hat und mir das hier erschwert: ausgefallene Fantasie.

Warum haben wir Angst vor der Dunkelheit?

Die Angst der Dunkelheit hat tiefe Wurzeln: Sie beginnt mit Menschen und sie beginnt im Menschen. Unsere Vorfahren haben die Angst vor der Dunkelheit erkannt: Die Sicht ist eingeschränkt, die Finsternis ist voller wilder Raubtiere. Es ist also eine berechtigte Angst, die uns schützen soll.  

Kinder haben häufig größere Angst vor der Dunkelheit, wenn sie eine Fantasie haben, in der sie Monster, unsichtbare Geister und Co. ausmachen. Nichts desto trotz sollten Eltern die Ängste ihrer Kinder sehen und entsprechend damit umgehen. Ihnen mitzuteilen, es wäre »gar nichts dort« und man »bildet es sich nur ein« bringt nichts außer noch mehr Frustration und Angst, die bis ins Erwachsenenalter reichen kann.

Wenn wir erwachsen werden, schwinden mehr und mehr Ängste. Doch sollte die panische Angst anhalten, spricht man in Fachkreisen von Achluphobie oder Nyklophobie, auch bekannt als die Angst vor dem Nebel und der Dämmerung. Dann muss man sich Therapien unterziehen und mit der Finsternis konfrontiert werden – keine schöne Erfahrung. Und wenn wir ehrlich sind, niemand wird die Angst von der Dunkelheit so richtig los…

Dunkelheit: Hand in Hand mit Horror und psychologischer Angst

Auch, wenn die Urangst keinen richtigen Auslöser hat, so zählen sich Horrorfilme, Literatur und die eben erwähnte Fantasie ganz weit oben zu verstärkenden Faktoren. Wenn es etwas Natürliches ist, sich Monsterlein und Gespensterchen im Kopf auszumalen und sechs Jahre alt zu sein – was passiert mit uns, wenn wir als Erwachsene Horrorfilme sehen und die dort gesehenen Gestalten plötzlich in unserer Umgebung platziert sind? Unsere Urangst breitet sich aus. Das ist der gutgelungene Trick von gutgelungenen Horrorfilmen; sie verfolgen uns tagelang und münden in psychologischer Angst. Effekte, Musik, Visualisierungen, die gezielt eingesetzt werden, um uns nachts nicht schlafen zu lassen (Wobei das meiner Meinung nach eine echte Kunst ist, die mich nach wie vor begeistern kann).

Ich selbst bin früh mit Horrorfilmen in Berührung gekommen und habe seither ständig Bilder im Kopf, die nicht förderlich sind, sobald es dämmert. Das Einzige, was es lindern kann, ist nicht nur eine Reihe an Dingen zu beachten, die Horrorfilme und den Konsum angehen (siehe Ende), sondern sich auch klar zu werden, dass Angst vor Finsternis in Ordnung ist. Es ist »nur« generalisierte Angst ohne Auslöser aber mit Grund.

3

Wir sind auf dem Weg zurück nachhause.

Der Wind hat angefangen zu rauschen, die Blätter sind feucht vom Regen. Ich höre ihn, den Regen. Ich spüre die Hand meines Freundes. Ich schließe die Augen und weiß, dass es nicht schlimm ist, dieses kalte Gefühl im Rücken zu spüren. Ich halte die Augen geschlossen und atme tief durch, ehe ich mich ein weiteres Mal umdrehe und nichts hinter mir finde.

»Du wirst auch nichts finden«, sagt mein Freund als ich ihm von meinen Gedanken erzähle.

Und damit hat er recht.

Ich werde nichts hinter mir finden, außer den Gestalten, die es nur in meinem Kopf gibt. Es ist alles nur eine Kopfsache.

Je öfter ich hinter mich blicke, desto größer wird der Abstand von mir zu dem Wald, der mich absolut unversehrt hinterlassen hat.

Ich bin nach wie vor wachsam: Ich schlafe mit Lichterketten und manchmal mit meinem Hund Sammy neben mir, aber jedes Mal, wenn ich Angst verspüre, mache ich drei Dinge: Abwarten, Durchatmen, Umdrehen. Das hat mir geholfen, eine gewissen Kontrolle von der Urangst zu haben, die ich sowieso nie loswerde.

Was bei Horrorfilmen zu beachten ist:

  • Nie alleine und in isolierter Dunkelheit konsumieren
  • Backstage-Szenen und das Making-Of ansehen, um die Kunst (oder vielleicht doch Wissenschaft?) dahinter zu sehen
  • Darüber sprechen: Was hat dir Angst gemacht? Warum?
  • Darüber lachen: Was war hervorsehbar? Warum war es idiotisch, dass die Protagonistin oder ein Protagonist wieder alleine in den Keller gelaufen ist?
  • Sich klar machen, dass nichts davon real ist: Keine Gespenster, keine Horrorfiguren und auch keine dummen Protagonisten, weil wir uns mit unseren Ängsten auseinandersetzen!

Somit sollte man nicht versuchen, die Angst vor der Finsternis zu bekämpfen, sondern sie einzuschränken und sich bewusst zu machen, mit was man es zu tun hat. Losgeworden ist die Angst kaum jemand, also werde ich es auch nicht. Ich habe nur gelernt, was es heißt, seine Angst zu steuern, und sich vor seiner Angst, wortwörtlich, nicht in die Dunkelheit drängen zu lassen.

Text: Vanessa S.

Veganismus und Feminismus —Das sind doch zwei Paar Schuhe, oder?

»Oh nein, sie ist vegane Feministin! Da muss man ja nicht nur aufpassen, was man sagt, sondern auch, dass man ihr nichts Falsches auf den Teller legt. Wie vorsichtig sollen wir denn noch mit ihr umgehen?«

Das sind Worte, die nicht nur wehtun, sondern auch einen Schritt zurückgehen. Nein falsch, nicht nur einen.

Mehrere.

Unzählige.

Schritte, die uns dahin zurückbringen, wo wir angefangen haben. Als eine Folge der europäischen Aufklärung im späten achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert könnte man meinen, Feminismus wäre kein unberührtes Thema mehr. Klar, wir kennen sie alle. Die #metoo Bewegung vom Herbst zweitausendsiebzehn, den Gender-Pay-Gap (Differenzierung der Gehälter aufgrund des Geschlechts), bis hin zur »Neuen Frau« aus den 20er Jahren. Das Augenrollen und Aufseufzen (oder vielleicht auch Weiterscrollen) bei diesen Aussagen ist schon spürbar. Viele Menschen gehen dem Feminismus aus dem Weg. Oft, weil der traditionelle Weg viel bequemer ist. Und genau deswegen sollten wir noch viel mehr darüber sprechen.

Und ich persönlich lege noch eine Schippe drauf. Denn ich bin vegan – weil ich Feministin bin. Warum das kein Grund zum Weiterscrollen ist, und wieso beides sehr wohl ein Paar Schuhe ergibt, klären wir jetzt.

Veganismus und Feminismus gleicht einander mehr, als man denkt

Die Bestrebung des Veganismus kann man in zwei Punkten zusammenfassen: vermeiden, wofür gelitten wurde und eine Gleichheit schaffen. Diese Ernährungs- und Lebensweise, wie der Veganismus definiert wird, soll also das Machtverhältnis (der Mensch darf das Tier für seinen Genuss ausbeuten) nicht fördern. Ein ähnliches Machtverhältnis versucht der Feminismus zu umgehen. Hierbei achtet man aber auf die Geschlechter. Der Angelpunkt wäre von dem her, dass beispielsweise kein Mann in Bewerbungsgesprächen aufgrund seines Geschlechtes bevorzugt wird. Oder – noch klassischer – mehr verdient, obwohl Frau und Mann dieselben Arbeiten erfüllen.

Eine weitere Parallele ist zwischen den Abzweigungen der beiden „Ämter“ zu erkennen. Im Veganismus möchten die meisten vegan lebenden Menschen denjenigen, die keine Stimme haben, eine geben. Häufig sprechen sie sich (durch beispielsweise Demonstrationen oder durch das Entscheiden für vegane Produkte) für Tierrechte aus. Auch im Feminismus sieht man deutlich, dass die Gleichberechtigung vor allem denjenigen zu Gute kommt, die sonst keine Chance hätten, sich auszusprechen. Der Gender-Pay-Gap, der vielen ein Dorn im Auge ist, wird ebenfalls bei Demonstrationen oder politischen Entscheidungen diskutiert, um vor allem den Frauen die Chance zu geben, sich auszusprechen.

Nun sollte man aber auf keinen Fall denken, Frauen wären unmündig oder verhalten sich wie Tiere. Es geht eher darum, den unterdrückten Parteien Raum zu geben. Menschen, die sexuelle Gewalt erlebten, haben hautnah mitbekommen können, wie die Schärfung dieser Thematik von Jahr zu Jahr zugespitzt worden ist. Auf einmal tauchen mehr Berichte auf, die Strafen steigen, es wird deutlich sensibler damit umgegangen.

Die Milchindustrie – der Grund, wieso jede Feministin vegan sein sollte?

Wenn wir den Kühlschrank öffnen und die selbstverständliche Kuhmilch in den Händen halten, ist uns oft nicht bewusst, was genau wir da eigentlich in den Händen halten. Der ein oder andere würde jetzt die Augenbrauen hochziehen und sich denken: Na klar, weiß ich das! Kuhmilch! Ist doch offensichtlich? Ja, sehr offensichtlich. Aber ist es genauso offensichtlich zu sagen, dass das Eutersekret in deinem Glas das Produkt einer regelrechten Vergewaltigung ist?

Oder andersherum: wann sind Weibchen überhaupt in der Lage dazu, Milch zu geben? Richtig, wenn sie schwanger sind, beziehungsweise Nachwuchs bekommen. Also warten jetzt alle Kuhhalter, die mit der Milch ihre Brötchen verdienen wollen, bis die Kuh sich dazu entscheidet, sich zu paaren? Nö. Die Vergewaltigung ist geplant, einfach und Erfolg versprechend. Die Kuh bekommt nach ungefähr zweihundertachtzig Tagen ein kleines Kälbchen, das sehnsüchtig auf die Milch wartet, um groß und stark zu werden. Was passiert stattdessen? Das Kälbchen wird der Kuh nach der Geburt weggenommen, ein Bulle geschlachtet und ein Weibchen zur Milchkuh herangezüchtet. Und hat die Kuh das Procedere oft genug durchlaufen und ist nicht mehr trächtig zu bekommen, wird sie ein Stück Fleisch auf der nächsten Mittagssemmel. Wunderbar.

Jede Mutter wird mit dem Kopf nicken, dass das ein Alptraum wäre. Vergewaltigung – was ein unglaublich sensibles Thema ist – und dann auch noch das Kind wegnehmen? Niemals. Nicht mit mir? Aber wie willst du dich wehren, wenn du angekettet mit vielen anderen in einem Stall lebst, wo du auf deine eigenen Beine urinierst und wahrscheinlich keinen Platz hast, um dir dieselben Beine zu vertreten (und auch Bio-Milch ist mit den glücklichen Kühen und deren zwei mehr Zentimetern Gras nicht besser!)? Feminismus – die Bewegung der Gleichberechtigung – spricht sich klar gegen solche moralisch verwerflichen Methoden aus. Da kann man doch gleich sagen, dass jede*r Veganer*in gleichzeitig Feminist*in ist?

Wie wirkt das auf Dich: gruselig, übertrieben oder wie der blanke Horror? Ja, dann willkommen in der Realität. Die Realität ist im Veganismus genauso erschreckend wie im Feminismus. Beides scheint ja so verrückt und abnormal, doch sobald man hinter die Kulissen linst, schauen die einen weg, die anderen schlagen die Hand vor den Mund und der Rest zeigt keinerlei Reaktion. Aber egal, wie sehr man versucht, nicht wie ein Moralapostel vor der Türe zu stehen und so lange mit seinen Argumenten zu klingeln, bis das Unwetter einen vertreibt – viele Menschen ändern ihre Meinungen nicht.

Um es zusammenzufassen: es lohnt sich nochmals – vor allem, wenn einem die Gerechtigkeit sehr wichtig ist – hinter den wortwörtlichen Tellerrand zu schauen. Nicht jeder muss von heute auf morgen vegan werden oder auf sonstige Demonstrationen marschieren. Sich mit den Dingen auseinanderzusetzen, oder klar gegen oder für sie zu sprechen reicht schon. Denn wenn Deine Stimme nicht zählen würde – würdest Du Dir nicht auch jemanden wünschen, der für Dich spricht?

Kommentar von Vanessa S.

Die 11. Klasse an der FOS – Alptraum oder leicht überwindbar? | Tipps & Erfahrungen

Mit dem elften Schuljahr ist es wie mit allen anderen Schuljahren: entweder man rennt und rennt und rutscht an einer Kante aus oder rennt und rennt und schafft es bis ans Ziel. Kurz gesagt: Es kommt auf die individuelle Lernerin oder den individuellen Schüler an. Ich selbst beginne jetzt mein drittes Jahr an der FOS Friedberg und habe die angsteinflößende elfte Klasse hinter mir. Viele neue Schüler haben sicherlich Angst, Panik oder beides, und ich kann denjenigen unter euch sagen: es ist definitiv zu bewältigen. Wer aber trotzdem noch schlottrige Knie hat, dem kann ich vielleicht mit meinen Erfahrungen & Tipps etwas aushelfen.

Worauf kommt’s an? Meine Tipps für den Unterricht & Leistungsabfragen:

Tipp 1: Ich lüge nicht, wenn ich sage, dass viele Lehrer*innen die elfte Klasse aufgrund des Praktikums nicht wirklich favorisieren und das hat einen spezifischen Grund: Sie brauchen Noten von euch. Wenn es euch wie mir geht, wird es am Anfang relativ entspannt sein. Aber schon in der dritten Schulwoche werdet ihr spüren, dass Lehrer*innen Notizen machen, vielleicht sogar schon ausfragen (war bei mir in Englisch der Fall).

Deswegen lautet mein Tipp: Seid vorbereitet und macht unbedingt mit! Mitarbeit ist das A und O, wenn ihr nur jede zweite Schulwoche im Haus seid. Nur so könnt ihr euch sicher sein, ein gutes Polster zu haben, wenn die SA (Schulaufgaben) oder KA (Kurzarbeiten) nicht so laufen, wie ihr geplant habt.

Tipp 2: Wo wir auch schon zum nächsten Tipp kommen: die Leistungsabfragen. Es ist zum Zähneknirschen, und nein, da kommt niemand drum herum. Und wenn ihr denkt, dass krank sein (also ich meine wirklich „Blaumachen“) eure Lösung sein wird: falsch gedacht. Ihr müsst nicht nur Samstag um neun Uhr in die Schule (!), sondern habt wahrscheinlich auch Pech, denn die Nachholschulaufgaben enthalten meist auch schwierigere Aufgaben, die die Lehrer*innen euch zuliebe zunächst weggelassen haben.

Außerdem, lernt bereits in der Praktikumswoche, wenn ihr Zeit habt und wisst, dass ihr die kommende Woche etwas schreibt. So ekelhaft die Vorstellung auch ist, um siebzehn Uhr nachhause zu kommen und auch noch zu lernen – versucht es. Denn die Lehrer, die ihr am Freitag habt, setzten voraus, dass ihr den Stoff am Montag nach der Praktikumswoche noch im Kopf habt (In diesem Fall: Hello, Exen und Abfragen!). Solange ihr die Einträge und Aufgaben gut hinbekommt, lernt und vernünftig im Unterricht mitmacht, gibt es wenig, was euch an einer guten Noten hindert. Bonustipp: Nutzt die Zeit während des Unterrichts sinnvoll.

Wie bekomme ich eine gute Bewertung? Meine Tipps für die Praktika:

Tipp Eins: Wie schön dieses Gefühl doch ist, in einen fremden Betrieb zu gehen, ohne zu wissen, was man machen soll und (wie in meinem Fall) auch noch angemault zu werden. Nein, so schlimm ist es tatsächlich nicht. Und selbst wenn, habt ihr eure Fachbetreuer, die einspringen, sobald es im Praktikum in irgendeiner Weise Probleme gibt. Wichtig ist es, höflich, zuverlässig, respektvoll und interessiert zu sein. Wenn ihr das macht, kann vorerst nichts passieren.

Einen Tipp, den ich sehr gerne gehabt hätte, ist es, viel Eigeninitiative zu zeigen. Ob im Kindergarten, Altenheim oder in der Grundschule: Zeigt Eigeninitiative und werdet dem Ruf eines/einer FOS Praktikanten*in gerecht. Ihr müsst es nicht übertreiben, aber hin und wieder Ideen zur Gestaltung beispielsweise oder von selbst die Blumen gießen – jede Kleinigkeit von euch wird gern gesehen. Gerade in Betrieben, die Praktikant*innen wertschätzen.

Tipp Zwei: Umsetzung! Ihr werdet zwei Gespräche jedes Halbjahr haben, in denen eure Leistung bewertet wird. Hört im ersten Gespräch ganz genau zu, was kritisiert und gelobt wird und fragt nach, wenn etwas unklar ist. Sagt eure*r Anleiter*in, dass ihr nicht immer hundertprozentig interessiert seid, aber trotzdem stets pünktlich. Behaltet die guten Punkte im Auge und überlegt (gemeinsam), wie ihr verschiedene Probleme ausmerzt. Setzt alles um, was die Anleiter*innen gerne sehen würden – wobei es meist darum geht, dass ihr als Person wachst, nicht, dass der Betrieb besser läuft.

Tipp 3: Wenn ihr im zweiten Halbjahr in eine neue Praktikumsstelle wechselt, nachdem ihr die Probezeit bestanden habt, gibt es einen weiteren Punkt zu beachten, der mir sehr geholfen hat. Differenziert zwischen den Praktika! Ihr seid im ersten Praktikum sehr schüchtern gewesen, weil ihr vielleicht auch nicht mit den Kolleg*innen klargekommen seid? Der Februar birgt eine neue Chance! Jetzt könnt ihr zeigen, was in euch steckt. Auch, wenn das Praktikum mal nicht so gut läuft (oder der Betrieb im zweiten Halbjahr deutlich schwieriger ist als im ersten), haltet euch vor Augen, dass die Zeit schneller verfliegt, als ihr denkt. Seid weiterhin höflich und respektvoll, habt die Regeln und Vorgaben im Hinterkopf und… Schwupps! Schon ist die Zeit vorbei!

Die Portfolios!

Tipp Eins: Nichts schien meinen Klassenkameraden stressiger als die heißbegehrten Portfolios, während ich mich entspannt zurückgelehnt hatte und wusste, dass es auch anders sein kann. Ich würde euch nie empfehlen, die Portfolios Sonntagnacht um 22 Uhr zu machen und nebenbei ein Spiel zu zocken (nicht meine eigene Erfahrung). Ich habe mein erstes Portfolio schon in der ersten Woche angefangen und die passenden Themen aus den Themenpool (Ihr werdet eine Auswahl an Themen bekommen, aus denen ihr wählen dürft) ausgewählt. Ich habe mich immer ein bisschen hingesetzt und geschrieben, manchmal auch in den Mittagspausen (nutzt die Zeit nicht, um auf Instagram rumzuhängen, dafür habt ihr dann Sonntagnacht Zeit!). Fangt früh an, notiert euch eure Arbeitsabläufe im gelben Heft (das ist grob gesagt ein Nachweis, dass ihr im Praktikum gearbeitet habt, aber das wird euch noch erklärt) und ihr werden keinen Stress haben.

Tipp Zwei: Auch für diejenigen unter euch, die denken, sie könnten nicht schreiben (doch, könnt ihr!), ihr könnt zumindest ehrlich sein. Schreibt eure wirklichen Erfahrungen, eure echten Erlebnisse auf und zeigt deutlich, wie das Praktikum euch formt, denn das tut es in den meisten Fällen. Habt auf keinen Fall Angst, zuzugeben, wie ihr das Praktikum findet (Ich muss an meine ersten beiden Portfolios denken, in denen ich eigentlich hundertprozentig ehrlich meinte: Hey, nö, dieser Beruf wird’s sicher nicht). Niemand wird euch für eure Wahrheit den Kopf abhacken. Kein*e Betreuungslehrer*in wird euch nach dem Unterricht da behalten und nörgeln, dass das Portfolio den Betrieb schlecht darstellt. Habt keine Angst davor, wirklich. Ich würde behaupten, ich habe das kryptischste Portfolio überhaupt abgegeben und ich lebe noch!

Allgemeine Tipps – Was man vermeiden sollte:

Tipp Eins: Macht nicht zu oft krank, das bringt euch nichts (Sowohl im Praktikum als auch in der Schule). Im schlimmsten Fall müsst ihr samstags rein oder in den Ferien in euren Betrieb.

Tipp Zwei: Nutzt die Pausen aus, um weiterzuarbeiten, wenn ihr nicht total erschöpft seid und die Pausen braucht, um zu quatschen.

Tipp Drei: Seid vorbereitet und wiederholt in der Praktikumswoche den Schulstoff, so unerträglich es sein sollte.

Tipp Vier: Wenn ihr die Probezeit nicht bestehen solltet, macht euch einen Plan B, C oder vielleicht sogar D.

Tipp Fünf: Bleibt auf dem sicheren Pfad, lauft die Extrameile, aber nehmt keine Abkürzungen – und zwar in jeglicher Form. Riskant zu sein, kann euch im schlimmsten Fall eine Menge kosten.

Meine Erfahrungen:

Um euch die Angst zu nehmen: es ist kein Alptraum, wenn ihr euch an die Tipps haltet. Ihr werdet auch schnell merken, dass die elfte Klasse gegen Ende echt locker sein kann (seid trotzdem nicht zu locker, es ist trotzdem noch Schule!). Lasst euch auch nicht davon abbringen, wenn die Probezeit näher rückt, und ihr entweder die leeren Stühle seht oder selbst gehen müsst, es gibt weit mehr Wege als nur das Abitur.

Ich wünsche euch das Allerbeste und jede Menge Durchhaltevermögen!

Text: Vanessa S.

»Aber ich kann diese Person nicht vergessen…« – Doch das kannst du! | Der ultimative „Friedo-Liebeskummer-Guide“

Die hässlichen Wahrheiten, die wir lange ignoriert haben

Wir kennen es vermutlich alle oder werden irgendwann an diesen Punkt gelangen: wir treffen eine Person, verbringen einen (kurzen oder langen) Zeitraum mit ihr und irgendwann fühlen sich die Schmetterlinge nicht mehr so frei an wie am Anfang. Fast, als wären sie nie da gewesen. Man sieht in das Gesicht, aber man fühlt nicht die gleichen Empfindungen. Ich möchte nicht lügen, das Gefühl ist schrecklich. Wenn sich die Welt schwerer anfühlt, und die Nächte daraus bestehen, sich einen Plan für eine Zeitmaschine zu überlegen, nur um die paar Monate zurückspulen zu können.

Die Wahrheit ist, dass die Zeitmaschine nichts verhindern kann. Sie kann nicht dafür sorgen, dass die Zukunft sicher ist. Ich musste das auch erst einmal verarbeiten, aber sobald man diesen Gedanken halbwegs verdaut hat, wird der nächste nicht mehr so schlimm sein.

Noch eine bittere Pille, die man schlucken muss, bevor man anfängt, die Trennung zu verarbeiten ist, dass man anfangen muss, sich einzugestehen, dass es wieder bergauf gehen wird. Es wird wieder bergauf gehen. Nicht jede Beziehung ist dazu da, für immer zu bestehen. Einige Beziehung geschehen und verschwinden, und das Einzige, was wir tun können, ist, daran fast zu zerbrechen, zu heilen und zu wachsen.

Und jetzt, die fünf Tipps, die dir dabei helfen können, die Trennung zu verarbeiten:

Tipp Eins: Du verlierst nicht immer, manchmal gewinnst du

Du warst mit jemandem zusammen, der dich eigentlich ständig zum Weinen gebracht hat? Gut, jetzt hast du keinen Grund mehr, wegen den (beabsichtigten) Fehltritten der Person zu weinen. Du wurdest ständig zum Angelpunkt und für die Probleme in der Beziehung verantwortlich gemacht? Zeit, sich von diesem Gedanken zu trennen. Wenn wir eine Person loslassen, die ohnehin nicht in unser Leben gehört, wird es sich (vielleicht, muss nicht) schlecht anfühlen, aber später wird dieser Druck, diese Angst nicht mehr auf dir liegen. Der amerikanische Psychologe Phil McGraw sagt dazu: » It’s better to be healthy alone, than sick with someone else.« Und ich finde, er hat absolut recht. Auch, wenn deine Beziehung in guten Wegen auseinander gegangen ist: Du kannst jetzt wieder neu anfangen und andere (bessere) Erfahrungen machen.

Tipp Zwei: Wandle den Schmerz in etwas Schönes um

Vielleicht möchtest du darüberschreiben? Oder singen und herzzerbrechende Lyrics dazu verfassen? Oder du malst etwas, skizzierst, singst, egal. Solange du etwas tust, was dir helfen kann, deinen Schmerz zu verarbeiten, tust du alles richtig. Pass nur bitte auf, dass du nicht zu sehr in die Materie sinkst und nur noch trauriger wirst. Dann solltest du nach einer passenderen Alternative suchen, wie beispielsweise Sport oder Tanzen oder möglicherweise doch einen Therapeuten oder Psychologen zur Seite ziehen.

Tipp Drei: Die Wurzeln packen und analysieren

Gibt es bestimmte Faktoren, die dich und die Person dazu verleitet haben, euch zu trennen? Denk darüber nach. Oftmals sind viele unserer Sorgen, Ängste und Probleme in unseren persönlichen Wurzeln verankert, die unseren Charakter sehr beeinflussen. Hat es deine*n ehemalige*n Partner*in gestört, dass du anhänglich warst? Oder immer wissen wolltest, wo sie sich befindet? Hattest du das Gefühl, nie Vertrauen aufbauen zu können? Versuche herauszufinden, ob sich nicht mehr dahinter verbirgt. Recherchiere seriöse Internetseiten oder schlage in Fachbüchern nach, ob bestimmte Faktoren deiner Kindheit oder andere Bruchstücke deines bisherigen Lebens dich dazu bringen, Verhaltensmuster aufzuweisen. Wir finden nicht nur heraus, wo unsere Schwächen liegen, sondern auch, womit wir einige (schädliche) von ihnen genauer behandeln können.

Tipp Vier: Ist Liebe wirklich das, was du dachtest, dass es ist?

Schmetterlinge, Funken, Herzklopfen – ist es das, was du mit Liebe verbindest? Trauer, Schmerz, Angst – das hier auch? Oder eher Wärme, Geborgenheit und Sicherheit? Wenn wir die Liebe das erste Mal kosten, kann es sein, dass alle verschiedenen Empfindungen einhergehen und uns nicht nur verwirren, sondern vor allem alles glauben lassen. Jedes geflüsterte »Ich liebe dich«, aber auch jenes hassverzerrtes »Ich hasse dich.« Wo ziehe ich die Grenze? Wo ist meine Priorität? Was möchte ich? Tipp Vier ist ähnlich wie Tipp Drei: Auch hier lohnt es sich, über den Tellerrand hinauszublicken und darauf zu achten, was Red Flags* sind. So können wir diesmal leichter entscheiden, ob eine bestimmte Person ein*e ideale*r Partner*in wäre.

Also, ist das Vergangene das, was du wirklich für Liebe hältst?

Tipp Fünf: Schritte nach vorn

Egal, wo auch immer du im Leben stehst oder standest, jetzt geht es bergauf. Du hast bald die Möglichkeit, wieder neu anzufangen, denn ja, du kannst diese Person vergessen! Du hast jahrelang ohne diese Person auskommen können, also wird es kein unüberwindbares Problem sein, nach vorne zu gehen und auf die Dinge zu warten, die du verdienst. Jede Trennung bringt dich näher zu demjenigen, den du einmal für immer lieben wirst. Auch, wenn das du selbst bist.

Ihr schafft das schon!

*Red Flags sind sogenannte Anzeichen, die einem auffallen und bestimme toxische Verhaltensweisen kategorisieren lassen, beispielsweise: Jemand verliert nach der kleinsten Anmerkung die Geduld = eine Red Flag, dass dieser jemand gewalttätig sein könnte.

Text: Vanessa S.