„DIGITALPAKT BAYERN“: VERGESST EURE LEDERHOSE NICHT!

Laptop und Lederhose. Unter diesem Motto verbindet Bayern erfolgreich Tradition und Innovation auf wirtschaftlicher Ebene. Die Innovation soll mit dem Digitalpakt Schule der Bundesregierung auch an Schulen ankommen. Immer mehr bayrische Schulen bieten sogenannte Tablet-Klassen, wo die flachen Geräte Hefte und Bücher ersetzen. Was für die einen ein schlecht funktionierender Modellversuch ist, ist für andere der Aufbruch in ein neues Bildungszeitalter. Gerade die Schüler aber, welche mitten im Umbruch stecken hinterfragen oft den praktischen Nutzen des Ganzen.

Da ist die Frage, wofür sich welche digitalen Medien überhaupt didaktisch eigenen. Gerade einmal 42% der Schüler nutzen digitale Medien häufiger als einmal pro Woche im Unterricht. Deutlich höher ist der Anteil derer, die sie beim selbstständigen Lernen einsetzen. Ist ein Tablet zuhause also sinnvoller als im Unterricht? Experten sehen den Nutzen vor allem in der Darstellung komplexer, naturwissenschaftlicher Abläufe. Dafür braucht nicht zwingend jedes Kind ein eigenes Gerät. Technische Spielereien, wie das händische Schreiben mit einem Stift auf dem Tablet anstelle des Tippens auf einer Tastatur, sind nicht mehr als ein Valium-Tropfen auf den heißen Stein der Kritiker. Fakt ist: Wer nur noch digital schreibt, verlernt das Vorausdenken, denn alles ist spurlos löschbar. Wer nur noch Grafiken herunterlädt, verlernt selbst zu zeichnen. Wer das bestreitet, dem sei die Lektüre von Manfred Spitzers „Cyberkrank“ empfohlen.

In so einer Debatte muss man auch grundsätzlich werden. Daher: die momentane Art und Weise der Schuldigitalisierung schafft wichtige Grundpfeiler des deutschen Schulwesens und damit unserer Gesellschaft ab. Die Lehrmittelfreiheit und die Unabhängigkeit der Lehre von der Wirtschaft sind in ernster Gefahr. Tablet-Klassen sind elternfinanziert. Diese ach so moderne Bildung wird mit Anschaffungs- und Erhaltungskosten, die bis zu 1000€ erreichen können, erkauft. Natürlich, auch normale Schüler kaufen Blöcke und Stifte, aber dass dies finanziell eine andere Dimension darstellt sollte jedem klar sein. Außerdem haben Tablets, gerade wenn sie tagtäglich stundenlang intensiv genutzt werden, keine lange Lebensdauer. Würde man also, wie es vielen vorschwebt, ab der Unterstufe Geräte an alle Schüler ausgeben, kann man davon ausgehen, dass diese noch vor dem Schulabschluss aufgrund von veralteter Software oder Akkuproblemen ersetzt werden müssten. Die unzähligen Geräte, die durch Herunterfallen kaputtgehen würden, mal außen vor gelassen. Das wäre ein finanzielles und umweltschädliches Fiasko!

Eine Digitalschule funktioniert nur, wenn alle Geräte auf dem gleichen Betriebssystem aufbauen. Nach heutigem Stand müssen also alle Geräte vom selben Hersteller kommen, im Moment oftmals der mit dem angebissenen Apfel. Was für eine Marktmacht. Dass gerade dieses Unternehmen hierzulande kaum Steuern zahlt, stört offenbar bei der Vergabe von Fördergeldern niemanden. Warum werden nicht gezielt einheimische Systeme gefördert? Das Schulsystem, die Zukunft unseres Landes von einigen wenigen ausländischen Technologieriesen abhängig zu machen ist grob fahrlässig, insbesondere wenn man die Bemühungen sieht Europa als Standort für Informationstechnologie mehr Gewicht zu verleihen. Es wird also gleich zweimal staatliches Geld ausgegeben, das anderswo vielleicht besser aufgehoben werden. Sogar hier, im finanzstärksten Bundesland gibt es Schulen, deren Dächer nicht dicht sind, auf deren Toiletten sich keiner traut. Was bringen Tablet-Klassen in teilweise gesundheitsgefährdend maroden Schulgebäuden?

„Digitalisierung first – Bedenken second“, wie es die FDP fordert kann und darf nicht die Lösung sein! Vor allem wenn man die unzähligen Milliarden für Anschaffung und Wartung betrachtet, die in die Schuldigitalisierung fließen werden. Alles was Technik ist geht gerne auch mal kaputt, oder wird ganz digitalisiert gehackt.

Über didaktischen Nutzen ist viel geschrieben worden. Was ist aber mit gesundheitlichen Risiken? Niemand kann heute schon sagen, wie sich ständiges Starren auf Bildschirme auf Kinderaugen, permanente WLAN-Bestrahlung auf die Fruchtbarkeit von Jugendlichen auswirkt. Es fehlen Langzeitstudien, kurzfristig erhobene Ergebnisse zeigen teilweise katastrophale gesundheitliche Spätfolgen. Sind wir bereit dieses Risiko einzugehen, nur um dem Trend zu folgen?
Ja, wir brauchen ein modernes, technisch gut ausgestattetes Schulsystem. Wir dürfen uns international nicht abhängen lassen. Wir brauchen das Laptop oder das Tablet. Aber wir müssen unbedingt mit Vernunft und Weitblick digitalisieren. Denn wir dürfen nicht die Gesundheit von Generationen, massenweise Steuergeld und die Grundpfeiler unseres Landes aufs Spiel setzen. Also lasst uns bitte nicht die Lederhosen vergessen.

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Ein Kommentar von Maximilian von Linden