Was ist Gendern?

Gendern ist das Berücksichtigen von allen Geschlechtern innerhalb der (deutschen) Sprache. So wird durch das Gendern aus Lehrern das Lehrer:innen (oder in einigen Fällen auch einfach: Lehrerinnen und Lehrer). Theoretisch könnte man auch Lehrkraft sagen, das wäre neutral.

Die Kritik und Befürwortung:

Oftmals wird das Gendern als irreführend und problematisch bezeichnet, weil es Texte nicht nur länger macht, sondern durch das Sternchen (*), den Unterstrich (_) oder den großgeschriebenen Vokal „I“ dem Text die flüssigen Satzmelodien nimmt. Die sogenannte Bezeichnung Glottisschlag beschreibt die Pause zwischen den Bezeichnungen. Also z.B. Forscher Glottisschlag innen.

Was viele außerdem am Gendern kritisieren, wäre die Betonung des Geschlechts, was paradoxerweise das gegenteilige Ziel des Genderns ist. Es macht nämlich einen Unterschied, ob man Studierende oder Studentinnen und Studenten sagt. Beim ersterem ist nicht wichtig, welches Geschlecht die Studierenden haben, beim zweiten wird das Geschlecht hervorgehoben. Und das könnte ein Problem sein, denn ist es tatsächlich wichtig, welchem Geschlecht man sich zugehörig fühlt, wenn man studiert? Das generische Maskulinum bezieht in der Theorie schließlich alle mit ein, Frauen und Männer.

Aber das ist sehr umstritten. Im Kopf von vielen Menschen herrscht ein stark geprägtes Rollenbild. Man kann es häufig an sich selbst erkennen: wenn wir Physiker hören, denken wir dann an Männer? An Frauen? An Männer und Frauen? Selten herrscht in uns die Vorstellung vor, dass wir mit Physikern Männer und Frauen meinen, sondern viel eher nur Männer. Das generische Maskulinum, welches in der Pluralform alle Geschlechter berücksichtigen soll, stammt aus einer Zeit, in der Frauen als minderwertiger angesehen wurden – etwas, was zwar durch die Sprache allein nicht komplett rückgängig gemacht werden kann, aber trotzdem bis heute aktuell ist.

Durch das Gendern wird erstmals auf beide Geschlechter und ihre Wichtigkeit Wert gelegt, weil es dann nicht mehr Physiker sondern Physiker:innen heißt. Und wenn man Physiker:innen liest, stolpert man über die Worte (der vorhin erwähnte Glottisschlag), was aber nicht zwangsläufig schlecht sein muss. So wird die weibliche Bezeichnung gesehen und bemerkt, man kann sich viel eher einen Raum mit vielfältigen Forschungskräften vorstellen, und nicht nur viele weißgekleidete Männer.

Warum soll Gendern jetzt wichtig sein?

Niemand hat behauptet, dass Gendern die Probleme der Ungleichheit wie durch ein Fingerschnipsen ausmerzen wird. Aber eine genderfreundliche Bezeichnung kann große Wirkung haben, wenn wir etwas bewegen wollen. Auch hierzulande schwirren Vorurteile und Rollenbilder in Gesprächen umher, beeinflussen unser Denken und das Handeln.

1. Mit Gendern stolpern wir bewusst über die harte Betonung in den Worten und registrieren das Gelesene („Ah, okay. Lehrer:innen, also nicht nur Männer sondern tatsächlich auch Frauen!“). Es kann helfen, Menschen nochmals daran zu erinnern, dass beide Geschlechter in allen Berufen arbeiten können.

2. Das Selbstvertrauen der einzelnen Person wächst. Es gibt schließlich auch genug weiter Beispiele in anderer Richtung: Köchin, Bäckerin, ganz klassisch Putzfrau statt Putzkraft. Wenn wir so stereotypisch an Bezeichnungen festhalten, lassen wir zu, dass die Geschlechter sich nicht vollständig ausleben können. Ich persönlich habe in der Grundschule öfters erlebt, dass Mädchen nicht zugetraut wurde, Mathe zu können, obwohl viele von ihnen begabte Mathematikerinnen sind. Dieselben Mädchen haben sich seltener gemeldet. Das Klischee ist nach wie vor präsent, weil nicht genug Menschen darüber nachdenken. Wenn wir stattdessen sagen würden Mathematiker:innen oder Physiker:innen oder Bäcker:innen kann man sehen, dass beide Varianten möglich sind und so trauen sich mehr Menschen in mehr Berufe.

3. Man zeigt, dass nicht alles, was alt ist, gut ist. Es gibt viele Dinge, die in der Vergangenheit als richtig angesehen wurden, obwohl sie unsere heutigen Werte hundertprozentig in Frage stellen würden. Nur, weil man seit geraumer Zeit so gesprochen hat, heißt es noch lange nicht, dass es richtig sein muss. Fakt ist, wir können Menschengruppen ausschließen, wenn wir sie nicht einbeziehen, und das hat nichts damit zu tun, dass man politisch korrekt wäre – das hat einfach etwas mit Respekt zu tun und das wird oft unterschätzt. Auf der Welt muss es meiner Meinung nach ohnehin in vielen Bereichen ein klares Umdenken geben (Rassismus, Sexismus, etc.).

Persönliches Fazit

Für mich überwiegt die Befürwortung gegenüber der Kritik, weil das Gendern meiner Meinung nach unkompliziert ist und es niemandem schaden kann, wenn man sie benutzt. Mir ist es oft passiert, dass ich mich nicht angesprochen gefühlt habe, weil nur das generische Maskulinum benutzt wurde, und es hat viele Dinge deutlich einfacher gemacht, wenn diese entweder gegendert oder neutral bezeichnet wurde.

Allerdings finde ich auch, dass sich jeder seine eigene Meinung zum Gendern bilden muss. Es nützt nichts, jemandem aufzwingen zu wollen, genderneutral zu sprechen, wenn die Person eine ganz andere Denkweise zu diesem Thema hat.

Hierbei hilft wie so oft: Comunication is key!

Kommentar: Vanessa S.