Das Oktoberfestattentat – Warum der Anschlag über 30 Jahre nach der Tat ein so großes Thema war

Durch einen Zufall hatte unsere Schule im März die Möglichkeit, mit Peter Jaud einen ehemaligen Soko-Leiter am Landeskriminalamt einzuladen. Es gab bei diesem Vortrag, der sich mit dem Oktoberfestattentat beschäftigte, für Politikklassen auch die Möglichkeit, am Ende Fragen an Jaud zu stellen. Dieser übernahm die Leitung bei der Wiederaufnahme der Ermittlungen des Attentates, das sich 1980 in München ereignete. Der Anschlag erfolgte konkret am 26. September 1980 am Haupteingang des Oktoberfestes, als der vermeintliche Einzeltäter Gundolf Köhler eine Bombe in einen Mülleimer legte und diese hochgehen ließ. Bei dem Vorfall gab es über 200 Verletzte, 70 davon schwer und 13 Menschen ließen sogar ihr Leben.

Bei den Erstermittlungen 1980 trug die Sonderkommission den Namen „Theresienwiese“, um auf den Standort des Oktoberfestes zu verweisen. Herr Jaud nannte sein Team „Soko 26. September“, da dies der Tag des Attentats war. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen, die sich der Kriminaldirektor selbst aussuchte, ermittelte er abgeschottet vom LKA in eigenen Büroräumen vier Jahre lang.  Unter ihnen waren IT-Spezialisten, Sprengstoffexperten und Bewegungsexperten, um den Vorfall so gut es geht zu klären und unter Umständen neu zu bewerten.

Wie die Schülerinnen und Schüler erfuhren, war im Jahr des Attentates Helmut Schmidt Bundeskanzler und Franz Josef Strauß bayerischer Ministerpräsident. Letzterer sollte bei den Ermittlungen noch eine Rolle spielen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass drei Wochen nach dem Anschlag die Bundestagswahl stattfand. Damals wurden die Ermittlungen mit folgendem Ergebnis abgeschlossen: Der damals 21-jährige Täter Gundolf Köhler stirbt selbst bei der Tat. Die Polizei geht davon aus, dass er den Anschlag selbst vorbereitet, geplant und durchgeführt hat. 34 Jahre später, im Dezember 2014, nehmen LKA und die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen wieder auf, da neue Spuren und Zeugenaussagen auf mögliche Mitwisser beziehungsweise Täter hinweisen.

Die Wiederaufnahme und die Gründe dafür

Nach dem Anschlag 1980 wurde, wie schon erwähnt, die „Soko Theresienwiese“ gegründet und anschließend eineinhalb Jahre ermittelt. 1982 wurde das Verfahren eingestellt, da die Tat rechtlich als aufgeklärt galt. Der Täter wurde identifiziert und die Vorgehensweise war allem Anschein nach klar. Ab dem Zeitpunkt bis zur Wiederaufnahme des Falls gab es jedoch immer wieder neue Zeugen und Hinweise. Jedoch reichten diese nie für eine Wiederaufnahme. Erst 2014 war es soweit, nachdem zwei neue Zeugen auf sich aufmerksam machten. Es wurde beschlossen, die Ermittlungen nicht nur wiederaufzunehmen, sondern den Fall von Grund auf neu zu bearbeiten. 

Die zwei neuen Zeugen trafen laut Peter Jaud folgende Aussagen:

Eine Zeugin habe im Zimmer eines Freundes einen Tag nach dem Anschlag ein Bild Gundolf Köhlers gesehen. Es hing angeblich in einem Schrank und wurde dort wie ein Idol verherrlicht. Das Kuriose daran war, dass der Öffentlichkeit am Tag nach dem Vorfall der Name Gundolf Köhler noch gar nicht bekannt war. Eine weitere Zeugin sagte aus, den Täter Gundolf Köhler vor der Tat am Haupteingang gesehen zu haben, wie dieser sich mit zwei Männern intensiv unterhielt. Dies ließ die Frage aufkommen, ob Köhler doch nicht alleine handelte. Besonders wichtige Fragen bei der Wiederaufnahme waren, ob es Mittäter oder Mitwisser gab und was das konkrete Tatmotiv war. Bei damaligen Ermittlungen kam man zu dem Schluss, dass Köhlers rechtsextremes Gedankengut vordergründig nichts mit dem Attentat zu tun hatte.

Grundlagen für die Ermittlungen 

Zu Beginn der Wiederaufnahme kam die Frage auf, was von damaligen Ermittlungen noch verwendbar ist. Die offiziellen Ermittlungsunterlagen von damals lagen dem neuen Soko-Team dabei vor. 1997 ließ die Bundesanwaltschaft jedoch verschiedene Asservate vernichten, nachdem der Fall offiziell als geklärt galt und die Frist abgelaufen war. „Dies war sehr schade, denn da waren interessante Asservate dabei. Angefangen bei Kleidungsstücken bis hin zu Bombenteilen“, meinte Herr Jaud dazu. Auch Stasi-Akten analysierte die Soko damals in Berlin. Laut dem Soko-Ermittler hatte der DDR-Geheimdienst ein unglaublich großes Wissen über die damalige rechte Szene in der Bundesrepublik. Insgesamt wurden 31000 Schriftstücke untersucht und ausgewertet.

Die Person Gundolf Köhler 

Gundolf Köhler war wurde 1959 geboren und war zum Tatzeitpunkt 21 Jahre alt. 1978 machte er das Abitur. Er spielte Schlagzeug in einer Band und sammelte nebenbei Fossilien. Auch Geldsorgen waren ihm eher fremd – seine Eltern finanzierten ihm alles, was er wollte, einschließlich einem Auto und einer Wohnung.  Gundolf Köhler interessierte sich nebenbei schon immer für Waffen und Sprengstoff. Er sammelte zusätzlich zu seinen Fossilien Sprengstoff-Utensilien. 

Bei der rechtsextremen und im Jahr des Anschlags verbotenen „Wehrsportgruppe Hoffmann“ hatte er an zwei militärischen Übungen teilgenommen. Zu dem Zeitpunkt war er 15 und 16 Jahre alt. Köhler hatte zwei Freunde, die die gleichen Interessen wie er vertraten. Seine Persönlichkeit war laut Freunden und Professoren jedoch sehr aufbrausend und aggressiv. Es gab einen Vorfall, als er einer Freundin Schmuck schenkte. Nachdem die Beziehung nicht so lief, wie er sich das gewünscht hatte, verlangte er das Schmuckstück sehr aggressiv wieder zurück. Einen anderen Freund überschüttete er nach einer Meinungsverschiedenheit mit Säure.

Wann Gundolf Köhler jedoch den Entschluss fasste, die grausame Tat zu begehen, bleibt unbekannt. Anscheinend sagte er zwei bis drei Wochen vor dem Attentat aber zu seinen beiden Freunden, er habe die Idee, dass man am Oktoberfest doch eine Bombe zünden könnte, um die Bundestagswahl zu beeinflussen. 

Tag des Attentats 

Am Tag des Attentats tankte er in Donaueschingen sein Fahrzeug. Danach versuchte er seine beiden Freunde abzuholen, die sich jedoch vermutlich teilweise an der Tür verleugnen ließen. Das lässt die Soko vermuten, das die beiden zumindest eine Ahnung der bevorstehenden Tat hatten. Um 14 Uhr traf Köhler am Oktoberfest ein. Bis 21:45 wurde er nicht mehr gesehen. Was er in dieser Zeit getan hat, weiß die Soko bis heute nicht. Um 21:45 wurde er auf einer Wiese direkt am Haupteingang des Oktoberfestes von einem Zeugen gesichtet. Dieser Zeuge war der Einzige, der ihn bewusst gesehen und registriert hat. 

Er hatte eine weiße Tüte dabei, in der die Bombe war. Danach wurde er im Gespräch mit den zwei Männern am Haupteingang gesehen. Weder von dem Gespräch, noch den zwei Männern weiß man näheres. Zur Tatzeit selbst wurde er von mehreren Personen gesehen, wie er sich alleine über einen Mülleimer beugte und etwas hineinlegte. Danach ging die Bombe hoch.

Ausmaß der Ermittlungen

Insgesamt wurden 1008 Zeugenbefragungen über die Jahre hinweg in Europa und sogar Amerika durchgeführt. Teilweise waren Psychologen anwesend, um die Opfer psychologisch zu betreuen. 76 der Befragten stammten aus der rechten Szene. 159 der Befragten arbeiteten damals bei der Feuerwehr oder als Sanitäter. Acht Personen waren als Gutachter anwesend. Aus dem Kreis der Familie, Freunden, Studienkollegen und Professoren von Gundolf Köhler stammten 75 der Befragten. Zur Bombe selbst wurden 77 Vernehmungen durchgeführt. Von den damals 221 Verletzten konnten nur noch 165 befragt werden. Die restlichen 56 waren bereits verstorben.

Die neuen Spuren

Die beiden Personen, mit denen sich Gundolf kurz vor der Tat unterhalten hat, wurden nicht gefunden. Dass dieses Gespräch überhaupt stattgefunden hat, gilt als sicher. Ob das Ganze jedoch etwas mit dem Attentat zu tun hatte, weiß man bis heute nicht. Die Frage nach dem ominösen Köhler-Bild im Schrank, das angeblich einen Tag nach dem Anschlag auftauchte, klärte sich im Laufe der Ermittlungen. Die damit zusammenhängende Zeugenaussage stellte sich als Lüge heraus. Die Zeugin selbst belastete einen ehemaligen Lebensgefährten, mit dem sie damals eine Beziehung hatte. Aus Rache erfand sie Jahrzehnte später diese Geschichte. 

Zudem kam ein Hinweis aus einem Krankenhaus in Hannover. Dort sagte eine Krankenschwester aus, einen Tag nach dem Attentat einen Patienten aufgenommen zu haben, dem ein Arm fehlte. Im Laufe seines Krankenhausaufenthalts hätten ihn mehrere rechtsextreme Freunde besucht . Es kam der Verdacht auf, dass dieser Patient ein Mittäter Gundolf Köhlers war. Nach intensiver Recherche stellte sich jedoch heraus, dass dieser Vorfall ganze sechs Monate nach dem Attentat stattfand.

Auch die „Wehrsportgruppe Hoffmann“ stand öfter im Fokus der Ermittlungen. Die Gruppe wurde 1974 vom Rechtsextremen Karl-Heinz Hoffmann gegründet. Zeitweise zählte die „WSG Hoffmann“ um die 600 Mitglieder. Der Bezug zum Attentat wurde, wie bereits erwähnt, hergestellt, da Gundolf Köhler 1975 und 1976 an zwei militärischen Übungen teilgenommen hatte. Karl-Heinz Hoffmann selbst stritt immer wieder ab, etwas mit dem Attentat zu tun gehabt zu haben.

Ermittlungen 

Die Ermittlungen befassten sich vor allem mit der Frage, woher die Bombe des Attentats kam. Vermutlich stammten die Bestandteile vor allem vom Schwarzmarkt. Die Zündschnur selbst hatte Köhler wohl aus der Schweiz. Dieser war jedoch nicht mehr richtig funktionstüchtig, weshalb die Bombe sofort losging und er sich somit selbst tödlich verletzte. Die Polizei geht davon aus, dass Köhler keine Zeit mehr hatte, rechtzeitig zu verschwinden. Soko-Leiter Jaud meinte, dass dies die Frage nach der Tätersuche zumindest erleichterte. „Damals gab es ja keine Kameras, die jeden Schritt verfolgen. Er wäre in sein Auto gestiegen, weggefahren und die Kollegen hätten so viel suchen können, wie sie wollen“, so Jaud.

Am Tatort selbst wurde damals eine abgetrennte Hand gefunden, die durch einen Fingerabdruckvergleich Gundolf Köhler zugeordnet werden konnte. Diese Hand übergab die Polizei damals der Rechtsmedizin, was jedoch danach mit ihr geschehen ist, lässt sich offenbar nicht mehr nachvollziehen. Zudem erstellte die Soko bei der Wiederaufnahme ein 3D-Modell des Tatorts, um den Tathergang besser nachvollziehen zu können, Aussagen von Zeugen zu überprüfen und deren Erinnerungen aufzufrischen.

Fazit

Die Soko „26. September“ kam zu dem Schluss, dass es keine stichhaltigen Beweise gibt, welche die Einzeltätertheorie widerlegen. Köhler habe das alles alleine geplant, durchgeführt und umgesetzt. Sie gehen jedoch davon aus, dass seine beiden Freunde, die er davor versuchte abzuholen, von seinem Vorhaben wussten.

Text/Foto: Laura G.

Die Deutsch-Französische Freundschaft lebe hoch!

Anlässlich des Tages der deutsch-französischen Freundschaft, der an den Elysee-Vertrag vom 22. Januar 1963 erinnert, fand auch bei uns an der Schule, wie jedes Jahr, eine kleine Veranstaltung statt.

Mit von der Partie waren die Französischkurse „Fortgeschritten“ und „Anfänger“ unter der Leitung von Frau Pauly, die vor allem mit der Umsetzung betraut wurde, und Herr Widmayr, der mit seiner Organisation für einen reibungslosen Ablauf sorgte. Besonderes Lob soll an dieser Stelle auch den Schülerinnen und Schülern zuteil werden, da diese mit Ihrer Arbeit in der Küche und einem eigenen System zur Teigherstellung (Trockenzutatenstation, Flüssigzutatenbereich und Rührstation) besonderes „Engagement und ein hohes Maß an Eigenverantworung“ an den Tag legten, so Herr Widmayr. „Obwohl es mit Einkaufen und der Delegation zuweilen etwas stressig war, hat es mich doch gefreut, so viel Bereitschaft zur Mitarbeit zu sehen“, sagte er in diesem Zusammenhang.

Mit involviert war auch unsere Assistenzlehrkraft Madame Lucy Martinez, die Anfang dieses Jahres aus England an die FOS/BOS kam, um die Fremdsprachenlernen und das Lehrerkollegium im Englischunterricht zu unterstützen. Sie selbst studierte lebte acht Jahre in Frankreich und spricht demnach fließend französisch.

Als Endresultat wurden rund 300 Crêpes verkauft. Der Gewinn beträgt rund 450 Euro und wird großteils an „Hilfe für Togo e.V.“ gespendet, um dort vor allem das Bildungssystem, aber auch die Landwirtschaft und das Gesundheitssystem zu unterstützen. Der Rest des Geldes wird an eine Organisation in Haiti gespendet.

Text: Gabriel T.

Wettbewerb: Debattanten diskutieren Verbot von Castingshows und manipulativer Werbung

Am 18. Januar 2024 fand der Schulwettbewerb für „Jugend debattiert“ statt. Es trafen sich acht Debattantinnen und Debattanten sowie vier Ersatzteilnehmer und sechs Jurorinnen und Juroren, um die vorbereiteten Themen zu debattieren.
Nach einem kurzen Treffen um 13.30 Uhr, bei dem die Debattanten erfahren haben, in welchen Gruppen sie debattieren werden, ging es für die angespannten Teilnehmer um 14.00 Uhr endlich mit den zwei Halbfinaldebatten los.


Das Thema im Halbfinale lautete, ob Modelcastingshows und Schönheitswettbewerbe in Deutschland verboten werden sollen. In zwei intensiv geführten Debatten wurden viele Argumente für und gegen ein solches Verbot vorgebracht:
Während die Pro-Seite argumentierte, dass solche Wettbewerbe

  • Stereotype festigen und ein fragwürdiges Schönheitsideal idealisieren,
  • Essstörungen fördern können und
  • bei den Teilnehmern für psychische Belastungen sorgen,
    entgegnete die Kontra-Seite vor allem, dass die Wettbewerbe dazu beitragen, dass
  • die Teilnehmer ihren Traumberuf verwirklichen können,
  • ihre sozialen Kompetenzen stärken sowie
  • Kritikfähigkeit erlernen.
    Nach der Beratung der Juroren bekamen alle Debattanten eine Juryrückmeldung und es wurde verkündet, wer es ins Finale geschafft hat. Das waren Robert Vogel, Phillipp Landherr, Franziska Schechinger und Tuana Güngör.
    Endlich steht das Finale an! Das Thema der Debatte war „Soll an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel verboten werden?“ Die Debatte drehte sich vor allem um die Sinnhaftigkeit von Verboten und Regulierungen. Ein Hauptstreitpunkt war zudem, inwiefern Werbung dafür verantwortlich ist, dass Kinder und Jugendliche sich zum Teil ungesund ernähren beziehungsweise übergewichtig sind oder ob die
    Verantwortung nicht eher in den Händen der Eltern liegt.
    Nach der Juryrückmeldung wurden die Gewinner bekanntgegeben:
  1. Platz: Tuana Güngör, F12GA
  2. Platz: Franziska Schechinger, B12W
  3. Platz: Phillipp Landherr, F12WB
  4. Platz: Robert Vogel, F13TA
    Wir wünschen den Schulsiegern viel Erfolg beim Regionalwettbewerb, der am 20.02.2024 in Augsburg stattfindet.
    Text: Kawthar Alhelal, Eva Wirt, Emana Beganovic (F10A)

Landtagswahl in Bayern 2023: Wir sind (noch) drin!

Unsere Autorin Laura hat sich kurz vor den offiziellen Landtagswahlen in Bayern am 8. Oktober mit den Parteien beschäftigt, die aktuell im Maximilianeum die Interessen der bayerischen Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen. Dabei hat sich Laura jeweils mit zwei aktuellen Wahlversprechen beschäftigt. Ziel war es, die Parteien möglichst sachlich und neutral darzustellen.

CSU

Die „Christlich-Soziale Union“ in Bayern

Die CSU wurde 1945 gegründet und wird im politischen Spektrum „Mitte“ bis „Mitte-rechts“ eingeordnet. Die konservative Partei ist die sogenannte „Schwesterpartei“ der CDU und nur in Bayern vertreten.

AKTUELLE WAHLVERSPRECHEN: 

  1. Durch das Verdreifachen von Photovoltaikanlagen, 1000 neuen Windrädern und 15% mehr Bioenergie wollen sie die erneuerbare Energie bis 2030 verdoppeln
  2. Kostenloses, gesundes Bio-Mittagessen in jeder Schule und Kita.

Laut einer aktuellen Umfrage vom 21. September 2023 bewegen sich die Zustimmungswerte für die Partei in Bayern zwischen 34 und 39 Prozent.

DIE GRÜNEN

Die Grünen entstanden 1980 vor allem aus Protest gegen die Umweltzerstörung. 

1993 vereinten sie sich mit dem ostdeutschen „Bündnis 90“ und wurden so zu „Bündnis 90 / Die Grünen“. Seit dem Jahr 1994 sind sie mit einer Fraktion im deutschen Parlament im Bundestag vertreten und werden dort im politischen Spektrum tendenziell „mitte-links“ verortet.

AKTUELLE WAHLVERSPRECHEN:

  1. Das Bauen von jährlich 1000 neuen Solaranlagen und 200 Windrädern im Staatswald.
  2. Mehr Plätze in Kitas und mehr Gehalt für Erzieher*innen.

Der Mittelwert einer aktuellen Umfrage vom 21. September 2023 liegt bei 13 bis 17 Prozent.

SPD

Sozialdemokratische Partei Deutschlands

1863 wurde der erste Vorläufer dieser Partei gegründet – der sogenannte „Allgemeine deutsche Arbeiterverein“. Dieser Verein und die 1869 gegründete „Sozialdemokratische Arbeiterpartei“ schlossen sich 1875 zusammen und gaben sich 1890 den heutigen Namen „SPD“.

Die Partei sieht man im politischen Spektrum eher „links“ bis „Mitte-links“.

AKTUELLE WAHLVERSPRECHEN:

  1. Mehr Stromgewinnung aus erneuerbarer Energie, wie Solaranlagen und Windkraft.
  2. Kostenlose Bildung und zusätzliche kostenlose Bereitstellung von Schulbüchern und Computern.

Der Mittelwert einer aktuellen Umfrage vom 21. September 2023 liegt bei 7 bis 10 Prozent.

Freie Wähler

Die Freien Wähler wurden im Februar 2010 gegründet und entstanden aus der Mitte des Bundesverbandes der Freien Wähler, einem Dachverband kommunaler Wählergruppen.

AKTUELLE WAHLVERSPRECHEN:

  1. Sichere und bezahlbare Energie, die möglichst erneuerbar ist.
  2. Die Bildung digital unterstützen von der Grundschule bis zum Studium.

Der Mittelwert einer aktuellen Umfrage vom 21. September 2023 liegt bei 14 bis 18 Prozent.

AfD 

Alternative für Deutschland

Die Partei wurde 1013 gegründet und schaffte es 2017 erstmals in ein Landesparlament einzuziehen. Im politischen Spektrum ist die Partei „rechts“ zu sehen. Die AfD gilt dabei als rechtspopulistisch.

AKTUELLE WAHLVERSPRECHEN:

  1. Senkung von Energie- und Kraftstoffpreisen.
  2. Förderung des gegliederten Schulsystems (Gymnasium, Realschule, Mittelschule und Förderschule), wobei die Förderschule aufgewertet werden und weitgehend auf Inklusion an anderen Schulen verzichtet werden soll.

Der Mittelwert einer aktuellen Umfrage vom 21. September 2023 liegt bei 11 bis 15 Prozent.

FDP

Freie Demokratische Partei

Die FDP wurde am 12. Dezember 1948 in Heppenheim gegründet und gilt im politischen Spektrum als „Mitte“ bis „Mitte rechts“. Aktuell hat die Partei 92 von 739 Bundestagsmandaten.

AKTUELLE WAHLVERSPRECHEN:

  1. Weniger Ausfall von Unterrichtsstunden.
  2. Bessere medizinische Versorgung.

Der Mittelwert einer aktuellen Umfrage vom 21. September 2023 liegt bei 2 – 4 Prozent. Eine Einzug in den bayerischen Landtag ist damit aufgrund der 5%-Hürde gefährdet.

Text/Recherche: Laura G.

Straßburg: Wir erleben Kultur und Kulinarik auf Studienfahrt im Elsass

Im Juni 2023 fand für die Mitglieder der Sprachkurse „Französisch“ und „Französisch fortgeführt“ eine Studienfahrt nach Straßburg im Elsass statt.

Folgendes durften wir erleben:

Die Hinfahrt mit der Deutschen Bahn verlief ereignislos, was anscheinend aber nur bei schulischen Veranstaltungen passiert. Glücklicherweise, denn nach Düsseldorf hatte ich schon einmal acht nervtötende Stunden gebraucht. Wir mussten einmal in Stuttgart umsteigen und kamen gegen 12 Uhr in Straßburg an. Sogar pünktlich und ohne Probleme. Das Hotel lag nur fünf Minuten entfernt auf der anderen Seite eines von der Sonne aufgeheizten Platzes und hieß „Ibis Budget“. Die Zimmer waren sehr sauber und hatten eine eigene Nasszelle und Toilette. Es gab vier Betten, ein Ehebett, darüber ein Stockbett und auf der gegenüberliegenden Seite ein Einzelbett. Sogar ein Fernseher war in der Zimmerausstattung mit inbegriffen. Es gab auch eine Klimaanlage. Allerdings hätte sie wohl drei Tage gebraucht, um unser Zimmer von 29°C auf etwa 20°C abzukühlen. Das einzige Effektive an ihr war das beständige Rauschen, dass, wie wir später noch feststellen durften, einem sehr effektiv den Schlaf raubt.

Nach dem Einchecken trafen wir uns vor dem Hotel und Herr Widmayr und Frau Steiner führten uns zu unserem wichtigsten Orientierungspunkt. Der „Cathédrale Notre-Dame de Strasbourg“. Einer wunderschön anmutenden Kirche, die außen mit tausenden, meisterhaften Steinmetzarbeiten von Engeln und Heiligen versehen war, die sich wie Wächter in Bögen um das Eingangsportal erhoben. Von da aus durften wir nun die Stadt eigenständig erkunden, bevor wir um 16 Uhr eine echte Stadtführung hatten. Meine Gruppe machte sich auf die Suche nach einer Bäckerei und einer Brotzeit, möglichst preiswert, da Frankreich, wie wir bald am eigenen Leib, oder besser, am eigenen Geldbeutel, erfahren durften, äußerst viel Geld schluckt, wie ein Geldautomat – nur ist es dann für immer verschwunden und leider nicht eingezahlt. Wir gelangten schließlich zu der „Bäckerei unseres Vertrauens“, wie wir sie zunächst scherzhaft, später aber mit immer größer werdender Gewissheit nannten. Die Brotzeit bestand aus einem 30 cm langen Baguette/Sandwich mit Salat und Thunfisch. Unsere Brotzeit aßen wir an unserem späteren Lieblingsort, einer protestantischen Kathedrale, mit einem Platz davor, der von mehreren Bäumen überschattet war und so für angenehme Temperaturen sorgte.

Als Sitzgelegenheit diente uns eine metallene Wasserrinne. Und da erlebten wir auch schon unseren ersten kleinen Schock. Wir wussten ja, dass in Frankreich auch im öffentlichen Leben hohe Sicherheitsmaßnahmen herrschen. Aber dass in der Nähe fast aller großer Plätze immer Dreierteams des Militärs patrouillierten, das hat uns dann doch etwas geschockt. Vor allem waren die Soldaten ausnahmslos gefühlt zwei Meter groß, einen Meter breit, trugen volle Uniform mit viel Gepäck, ein Sturmgewehr und eine Pistole, die mit einem Kabel an einer schusssicheren Weste befestigt war. So verbrachten wir unseren ersten Nachmittag essend an unserem Lieblingsplatz. Auf dem Weg zur Kathedrale wurden wir schließlich enttarnt…

… als deutsche Touristen. Ein Rolexverkäufer (mit Fahrradschloss und daran befestigen Uhren) erkannte uns wohl zweifellos als Touris und rief uns mit solcher Überzeugung, Kraft und Elan folgendes hinterher: „Helmut!!!“

Wir waren so überrascht, dass wir uns alle gleichzeitig umdrehten und alle für eine Sekunde felsenfest davon überzeugt waren, „Helmut“ zu heißen. Hinter uns bekriegten sich die Verkäuferinnen zweier Crêpes-Stände und machten einander die Zutaten schlecht.

Um 16 Uhr begann unsere Führung. Ein gewisser Horst traf uns vor der großen Kathedrale und beschrieb uns Straßburgs belebte Geschichte und die mehrmaligen Sprachwechsel zwischen Deutsch und Französisch in wenigen Jahren Abstand. Er wollte es nach eigenen Angaben „ned dramadisieren, aba…“ zwischen allem Undramatischen entstand so ein großer Spannungsbogen, sodass seine Erzählweise eigentlich spannender war als die ganze Geschichte der elsässischen Metropole. Während der Führung kamen wir auch an dem Restaurant vorbei, dass wir abends noch heimsuchen wollten.

Besagtes Restaurant, das wir nach der Tour und noch etwas Freizeit, während der wir uns einige Wasserflaschen kauften, um nicht völlig zu Dörrfleisch auf Beinen zu werden, aufsuchten, hieß „Baeckeoffe“ (Bäckeöffe gesprochen). Es war ein schönes altes Fachwerkgebäude, wie sie in der Altstadt Straßburgs sehr gehäuft vorkommen und der Stadt ihren unvergleichlichen Flair verleihen, das innen mit dunklem Holz vertäfelt war, welches wiederum mit Blumen und Herzmustern verziert war. Die Küche war zwar gut, aber leider leider wurde mit Geschmacksverstärkern gekocht. Ich musste mich deshalb unglücklicherweise an Salat halten. Das heimliche Nationalgericht, der „Baeckeoffe“, eine Art Gratin mit Elsässer Sauerkraut, und je nach Art verschiedenem Fleisch, sowie der Flammkuchen wurden zu Teilen mit Glutamat hergestellt.

Herr Widmayr und Frau Steiner versuchten den Ober noch zu überzeugen, den Flammkuchen, wenn möglich, irgendwie ohne Creme zuzubereiten, worauf dieser aber nur mit überschlagender Stimme und einem entsetzten „Non!“ reagierte und leicht beleidigt einen Salat vorschlug, allerdings ohne Soße. Der Salat wiederum war anscheinend ohne Soße so trocken, dass er beinahe staubte. Zumindest wurde er mit einem Ei, einem Viertel Tomate und drei Scheiben mit Käse überbackenem Brot gereicht. Der Rest des Essens war nach Angaben der anderen Reisemitglieder äußerst „délicieux“.

13 Euro für einen Salat und etwa sechs Euro für eine kleine Flasche Wasser. Nur weil „Felicita“ draufstand.

Den Abend ließen wir in einer Bar ausklingen, in der ich einen Martini Blanc genießen durfte und die Mitglieder meiner Gruppe sich durch das Straßburger Bier probierten. Dazu gibt es zwei Dinge zu sagen. Erstens: 6 Euro für ein 0,3 Liter Glas Bier ist teuer. Zweitens: Bei Bier mit Litschi, Guave und Mango würde sich jeder anständige Braumeister in Bayern die Haare raufen. Die darauffolgende Nacht war mehr oder weniger schlaflos, aus viererlei Gründen:

  1. Die Klimaanlage rauschte ebenso laut wie wirkungslos, sodass an Schlaf nicht zu denken war.
  2. Ein Zimmergenosse hatte Heuschnupfen und hörte sich deshalb an wie ein Teekessel, allerdings sei ihm daraus kein Vorwurf gemacht, denn er kann nichts dafür.
  3. Franzosen hupen auch nachts sehr, sehr gerne.
  4. Eine Jalousie war defekt und ließ sich nur halb schließen, somit war es unangenehm hell, was allerdings das Geringste der Probleme darstellte.
  5. Das letzte und größte Problem: Es war abartig warm. Schwül, 30°C im Zimmer, das Fenster konnte man kaum aufmachen wegen dem Verkehrslärm.

Dienstag. Nach knapp sieben Stunden Schlaf ist man doch etwas müde. Klarer Fall: Eine kalte Dusche muss her. Die habe ich auch genommen. Danach, um 8.30 Uhr, das Frühstück. Es gab eigentlich alles, was das Herz begehrt. Kleine Croissants, Pain au Chocolat, Wurst, Schinken, Käse, Baguette, weiter Brot, Marmeladen, Schokoladen, Tees und natürlich Kaffee. Zum Schluss noch einen Apfel und ein Pain au Chocolat eingepackt, als Brotzeit für die Burg. Besagte Burg ist die Hohkönigsburg, französisch: Château du Haut-Koenigsbourg, die zweimal zerstört und wiederaufgebaut, und letzten Endes von Kaiser Wilhelm II. unter der Leitung des Berliner Ingenieurs Bodo Ebhardt wiederaufgebaut wurde. Die Bilder und die Aussicht waren einmalig.

Ich brauchte knapp zwei Stunden, um alles anzusehen. Danach ein kleiner Imbiss. Auch wieder Salat. Danach zurück nach Straßburg, wo wir den Rest des Tages selbstständig organisieren konten. Wir endeten letztlich auf unserem Lieblingsplatz, wo wir Döner und Sandwiches aßen. Bis ca. 22.30 sahen wir uns noch die Stadt an, kauften Wasser und begaben uns um 23 Uhr in unsere Zimmer.

Mittwoch Vormittag besuchten wir das EU-Parlament, ein sehr modernes Gebäude, das mehr an ein Glashaus erinnerte. Der Besuch war zwar interessant, man sollte das EU-Parlament wenigstens einmal im Leben gesehen haben, allerdings waren die Räumlichkeiten nicht besonders abwechslungsreich. Ein Flur glich dem anderen. Die Rede, wir uns noch im Plenarsaal anhören durften, war zwar recht informativ, als allerdings die Präsidentin der Republik Kosovo, Vjosa Osmani, eintraf und begann eine Lobeshymne auf die Demokratie und vor allem ihr Land zu singen, und nach 45 Minuten immer noch nicht fertig war und begann sich zu wiederholen, sind wir schließlich gegangen. Dann etwas Zeit für uns und am Nachmittag eine Bootsfahrt auf der Ill. Es war sehr schön, Straßburg auch mal vom Wasser aus zu sehen, aber die brütende Hitze machte uns dann doch sehr zu schaffen. Vor allem, da es keine Überdachung gab und sie unerbittlich auf uns herunterbrannte.

Am Abend gingen die, die wollten, nochmals mit den Lehrern essen. Das Restaurant hieß „La Case de l’Ile de Bourbon“ und führte eine kreolische Küche. Hier gab es also Spezialitäten der Insel La Réunion zu genießen – einem Übersee-Departement östlich von Madagaskar. Das Essen war übrigens sehr gut und vor allem preiswert. Die Soßen waren höllisch scharf und die Portionen ausreichend. Der Geschmack war überwältigend, dennoch herrschte nichts vor oder dominierte die anderen Zutaten, alle Aromen war ausgeglichen und zusammen mit den scharfen Soßen ergab es ein einmaliges Geschmackserlebnis. Zusammen mit einem zahnlückigen älteren Herren, der auf einem motorisierten Roller und einer Lautsprecherbox alle fünf Minuten an uns vorbeifuhr und uns anlächelte und zuwinkte, ergab es eine entspannte und gute Atmosphäre. Als Absacker gab es einen aromatisierten Rum. Kleiner Tipp: Die vielen Aromen treten erst richtig zutage, wenn man ihn einige Sekunden im Mund kreisen lässt. Den Rest der Nacht verbrachten wir in der Altstadt.

Wir stellten fest, es gibt drei Sachen die Straßburg ausmachen:

Kleine Restaurants,

Fachwerkhäuser und…

… Straßenmusikanten. Und die spielen wirklich gut.

Am Donnerstag hatten wir nach dem Frühstück noch Zeit unseren Besuch ausklingen zu lassen. Und dann endete unser kulturelles Abenteuer auch schon.

Fin

Text/Fotos: Gabriel T.

Podcast: Gänsehaut-Momente bei der 2. „Open-Mind-Night“

Im vergangenen Februar fand an unserer Schule bereits die zweite „Open-Mind-Night“ statt. Den ganzen Abend lang zeigten Schüler*innen, eine Lehrerin und sogar eine ehemalige Schülerin der FOS/BOS unter dem Motto „Creative Moments“ ihre versteckten Talente dem Publikum. Organisiert wurde die Veranstaltung vom „Schule ohne Rassismus“-Teams der Beruflichen Oberschule Friedberg.

Unserer Autorinnen Mona und Lara waren mit dem Mikrofon unterwegs und haben den Abend so für uns dokumentiert. Von gefühlvollen Gesangseinlagen, anti-rassistischen Poetry Slams, über zwei selbst gedrehte Filme, wurden den Gästen viele kreative Beiträge geboten.

Hier findet ihr den Podcast zur 2. „Open-Mind-Night“ der FOS/BOS Friedberg:

Viel Spaß beim Hören!

Podcast/Text: Mona W., Lara Q.

„Bürgergeld setzt auf eine Kultur des Vertrauens“: Interview mit SPD-Politikerin MdB Annika Klose

„Friedo“-Autor Gabriel traf die 30-jährige SPD-Politikerin Annika Klose, Mitglied des Bundestags und ehemalige Vorsitzende der Berliner Jusos, für ein Interview im Otto-Wels-Haus.

Hallo Frau Klose, danke, dass Sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen!

Sie sind in Dortmund geboren und wuchsen in Klaustaal-Tellerfeld auf. Was hat Sie denn hierher nach Berlin verschlagen?

Ich war mit 19 fertig mit meiner Schule, hatte gerade frisch Abi gemacht und habe den Großteil meines Lebens in einer Kleinstadt gelebt. Für mich war das so ein totales „Freiheitsding“, da endlich mal weg und raus zu kommen. Ich war schon damals eher links orientiert und hatte auch schon so ein paar politische Ideen. Ich hatte das Gefühl, den linken Rand in der SPD darzustellen. Und ich war schon ein paar Mal in Berlin. Für mich war das hier immer ein freies Lebensgefühl. Außerdem hatte ich dann das Glück, dass ich hier für einen Studienplatz der Sozialwissenschaften angenommen wurde. So kam es, dass ich mit 19 allein hierhergezogen bin.

Was gefällt Ihnen so sehr an Berlin?

Also, dass die Leute mehr machen können, was sie wollen, es eine „linke Kultur“ gibt und auch viele freie Flächen. Was ich an Berlin so liebe ist, dass diese Stadt nicht fertig ist. Diese Stadt lebt einfach, und das habe ich lieben gelernt.

Jetzt ist es ja 10 Jahre später, und Sie gehören mit nur 29 Jahren zu den jüngsten Mitgliedern des Bundestags. Wie fühlt sich das für Sie an?

Immer noch ein bisschen surreal muss ich sagen. Das ist natürlich sehr schön, dass ich hier jetzt Abgeordnete sein kann und auch Gesetze mit verhandle, mit beschließe und so weiter. Ich habe immer schon für meine Ideale Politik gemacht und versucht Mehrheiten zu organisieren und mich in linken Bündnissen eingebracht, auch bei den Jusos und habe dann auf Landesebene versucht die SPD immer weiter nach „links“ zu treiben. Für mich ist das irgendwie folgerichtig gewesen, dass ich jetzt auch selber Verantwortung übernehmen muss. Und das kann ich hier jetzt im Deutschen Bundestag, und kann es in Teilen aber wiederum auch nicht.

Und warum nicht?

Im „Arbeit- und Soziales-Bereich“, in dem ich tätig bin, kommen viele Gesetze als Vorlage aus dem Ministerium und darauf habe ich nicht so viel Einfluss. Und das festzustellen, dass man auch im Bundestag auf vieles nur mittelbar Einfluss hat, ist schon interessant, weil ich dann auch wieder in einer Rolle bin zu kritisieren, oder nach „links“ zu pushen.

Auf Ihrer Website haben Sie geschrieben, Sie seien im Bundestag, „um etwas zu verändern“. Was genau wollen Sie denn jetzt verändern?

Verändern möchte ich sehr viel. Zuständig bin ich dafür, dass Hartz IV endlich abgeschafft wird, und wir das Bürgergeld einführen. Und das ist etwas, das ich auch die letzten Jahre immer schon kritisiert habe und Kampagnen dafür gemacht habe. Dieses Ziel kann ich jetzt konkret verfolgen.

Sie sind dafür, dass Hartz IV abgeschafft wird. Wieso sind Sie der Meinung, Bürgergeld ist die beste Alternative dafür?

Ich bin der Meinung, dass Hartz IV eine schlechte Alternative ist und dass in diesem System viel falsch ist. Und das Bürgergeld ist jetzt unser Konzept, um das Hartz IV-System zu beenden.

Was unterscheidet das Bürgergeld von dem Hartz IV-System?

Wir wollen das alte loswerden, das neue konstruieren, und ich glaube, dass das auch nötig ist, einen wirklichen Schnitt zu machen und zu sagen: Nein, das wollen wir nicht mehr! Das Bürgergeld setzt vor allem auf eine Kultur des Vertrauens und des Miteinanders und stellt die Bedürfnisse der individuellen Person in den Mittelpunkt und das macht das Hartz IV-System nicht. Hier geht es darum, dass man möglichst schnell wieder den nächstbeliebigen Job annimmt, also die sogenannte Hilfsbedürftigkeit beendet. Dazu werden Sanktionen eingesetzt. Zusätzlich gibt es noch den Vermittlungsvorrang, das bedeutet, wenn jemandem etwas angeboten wird, muss er es annehmen, sonst wird man sanktioniert. Und hier bei dem Hartz IV-System stehen die Interessen der einzelnen Personen oft hinten an.

Wo sehen Sie konkrete Vorteile im Bürgergeld?

Das Bürgergeld steht dafür, die Menschen, die das Bürgergeld beantragen, zu unterstützen und ihnen mitzuteilen, dass sie keine Bittsteller sind, die kommen und Hilfe erhalten, weil wir als Gesellschaft so nett sind, sondern, weil das soziale Rechte sind. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Würde des Menschen unantastbar ist, Artikel 1, Grundgesetz, und nach dem Sozialstaatsprinzip und das bedeutet für mich, dass die Menschen ein Anrecht darauf haben, auch ein Existenzminimum zu erhalten, das Teilhabe ermöglicht. Und Teilhabe bedeutet für mich, dass die individuellen Wünsche respektiert werden und dass man sich aussuchen kann, was für einen Beruf man ausüben möchte, ob ich dafür eine Weiterqualifizierung benötige oder ob ich eine neue Berufsausbildung machen möchte.

Also sehen Sie in der Individualität den größten Vorteil?

Ja, in der Individualität und in der Augenhöhe, also darin, dass den Menschen wirklich mit Würde begegnet wird und zwar im gesamten Prozess.

Die Mehrheit des deutschen Parlaments ist ja im Schnitt älter als Sie und männlich. Bereitet Ihnen das als junge, weibliche Abgeordnete Probleme?

Ja, teilweise schon. Ich würde sagen, das hat aber nicht erst im Parlament angefangen. Als junge Frau Politik zu machen hat mich auch vorher schon oft vor Herausforderungen gestellt, weil ich das Gefühl habe, dass ich als junge Frau oft nicht ernst genommen werde. Das muss man zunächst unter Beweis stellen. Ich habe das Gefühl, dass man immer zu 130 Prozent auf alles vorbereitet sein muss. 100 Prozent reichen nicht aus, wie bei meinen männlichen Kollegen. Man muss sich alles erarbeiten.

Wie erleben Sie persönlich politischen Wahlkampf für sich und ihre Partei?

Ich bemerkte im Wahlkampf, dass manche Wähler:innen sehr skeptisch waren: „Sie als junge Frau mit 29. Da gehen sie doch besser erst mal 10 Jahre arbeiten“, war dann oft das, was ich hörte. Oder aber: Werden Sie doch erst einmal Mutter. Da denke ich mir: ja, ist nett, wenn man das möchte, aber was hat denn Mutter werden mit meiner politischen Kompetenz zu tun? Nichts! Einem Mann würde das mit Sicherheit nicht gesagt werden. Solche Aussagen höre ich hier im Parlament zwar nicht, aber unterschwellig merkt man schon etwas. Also nicht dieses „Mutter werden“ oder „Arbeiten gehen“, sondern dieses Abwarten und Austesten. Interessant finde ich allerdings, dass nicht nur ältere Männer so reagieren, sondern auch ältere Frauen. Vor allem die Frauen, die schon länger im Parlament sind, neigen dazu, so zu denken und zu handeln.

Was ist denn ein Beispiel für ein schlimmstes Erlebnis, das Sie in Ihrer politischen Laufbahn hatten?

Also so wirklich schlimme Sachen sind mir bisher nicht passiert, es ist manchmal eher subtiler. Zum Beispiel wollte ich im Parlament eine Rede halten. Ich wurde dann aufgerufen mit,“ Und jetzt die charmante Kollegin Klose“. Bei so einer Aussage denkt man sich schon: Ja, das würde wahrscheinlich zu einem Mann nicht gesagt werden. Dann gehe ich ans Redner:innenpult und sah den Mann, der diese Sitzung geleitet hat. Ich habe meine Rede gehalten und sehr negativ über Hartz IV-Sanktionen berichtet. Und irgendwann hat er dann hinter meinem Rücken mit den Augen gerollt. Das darf er gar nicht.

Welchen Umgang wünschen Sie sich hier als junge Parlamentarierin?

Als Sitzungsleitung gilt es Neutralität zu wahren. Man kommentiert das subtil. Wenn man sich Bundestagsdebatten ansieht, spielt sich alles in einem Raum ab, auf den man keinen Einfluss hat. Und das diskreditiert mich, wenn ich rede, und der Parlamentspräsident hinten mit den Augen rollt. Das signalisiert jeder Person im Raum und jeder Person Fernsehen, das ich nicht ernst zu nehmen bin. Das ist jetzt gar kein Spruch, es ist einfach die Art des Umgangs, die unterschwellig mitschwingt, und mich abwertet.

Was denken Sie sind in naher Zukunft die besten Mittel, um eine bessere Generationsgerechtigkeit zu erreichen? Sollte Bildung zum Beispiel Bundessache sein?

Ich weiß nicht, ob der Bund alles besser regelt als die Länder. Ich glaube, es gibt viele verschiedene Lernkonzepte. Ich will mich nicht für die eine oder andere Variante aussprechen, aber ich glaube, wie brauchen ein gut ausfinanziertes Bildungssystem. Wir brauchen genug Geld, das in Bildung investiert wird. Außerdem bin ich eine große Vertreterin von kostenfreier Bildung von der Kita bis zum Universitäts-Abschluss. Ich setze mich dafür ein, dass keine Gebühren dafür gezahlt werden müssen, Essen in der Schule zu erhalten und dass auch die Nachmittagsbetreuung kostenlos ist. Manche Bundesländer machen das, Berlin zum Beispiel, aber viele nicht. Das finde ich problematisch, weil Bildung noch vom Geld der Eltern abhängig ist.

In welche Bereiche sollte künftig stärker investiert werden?

Ich glaube, dass bei dem Thema Generationengerechtigkeit die Investitionen eine bedeutende Rolle spielen. Das wird in dieser Koalition einen Konflikt auslösen. Wir müssen Geld in die Hand nehmen, um Maßnahmen für den Klimaschutz zu ergreifen, um unser Bildungssystem besser aufzustellen, um unseren Sozialstaat zukunftssicher aufzubauen, um unsere Bundeswehr auszurüsten und um unsere Hochschulen auszubauen. Das sind alles Investitionen, die nötig sind. Wir wollen später darüber verfügen können. Mit der „Schwarzen Null“, der Schuldenbremse, ist das aber sehr schwer zu erreichen, zumindest, wenn man die Steuern nicht verändert. Das ist ein Konflikt, der ist nicht gelöst. Ich glaube eine zukunftsgerechte Politik sieht vor, dass das nötig Geld dafür zur Verfügung gestellt wird.

Sie meinten gerade eben, Sie würden sich nicht für ein Bildungssystem entscheiden. Sind Sie also gegen ein einheitliches Bildungssystem in Deutschland?

Ich denke, dass es von Nutzen wäre, wenn die Bildungssysteme kompatibler wären. Wenn man von einem Bundesland ins nächste zieht, muss man nicht alle Bücher neu kaufen oder vollkommen von vorne beginnen muss oder neu anfangen. Und wenn die Abschlüsse vergleichbarer wären. Aber ich bin nicht für ein zentrales Bildungssystem, weil ich denke, dass es vorteilhaft ist, dass man es regional anpassen kann, sodass man auch lokale Themen in den Plänen berücksichtigen kann und weil ich es für gut befinde, dass progressivere Bundesländer, die eine progressive Landesregierung haben, zum Beispiel Modelle wie Gemeinschaftsschulen erarbeiten können, was in Bayern mit der CSU unmöglich ist. Wenn alles vereinheitlicht wird, dann können man auch Pech haben, und einen CSU-Bildungsminister wählen. Also ich brauche das bayerische Bildungssystem nicht.

Apropos Bildung und Schüler, viele Schüler:innen unserer Generation engagieren sich ja in Organisationen, wie „Fridays For Future“, oftmals aber nicht in Parteien. Woran glauben Sie liegt das?

Ich glaube, dafür gibt es mehrere Gründe. Die Bindung an feste Organisationen nimmt insgesamt ab. Die Denkweise: „Man geht in eine Organisation und bleibt da“ ist glaube ich insgesamt ein bisschen unattraktiver geworden. Es ist somit sehr klar abgrenzbar. Wenn man Mitglied einer Partei ist, dann ist das Spektrum der Themen, die diskutiert werden, sehr groß. Und gleichzeitig benötigt Parteiarbeit enorm viel Zeit.

Die jungen Menschen, die in Parteien sind, werden ja aktuell auch relativ wenig in Parlamente gewählt. Auch im neuen Bundestag sind Sie als junger Mensch in der Minderheit. Was könnte man tun, damit mehr junge Menschen ins Parlament gewählt werden?

Ja, wir sind noch in der Minderheit, aber in der SPD-Fraktion sind etwa ein Viertel der Parteimitglieder unter 35. Das sind mittlerweile 25% und das ist relativ gut. Es kann natürlich immer noch mehr sein, aber ich fände es gut, wenn es ungefähr so vertreten wäre, wie es in der Bevölkerung vertreten ist. Wir sind mehr als 25%, aber auch keine Mehrheit. Damit mehr Leute in die Politik gehen! Wir sind schon wichtige Schritte gegangen, nämlich dieses Beispiel auch zu setzen, zu zeigen, nicht nur den jungen Menschen, sondern halt auch den älteren, dass junge Personen Verantwortung übernehmen wollen und können.

Worin sehen Sie Vorteile einer Verjüngung des Parlaments?

Junge Abgeordnete machen nicht schlechtere Politik, aber vielleicht andere. Und das ist Demokratie. Ich glaube das ist ein Kulturwandel, und ich glaube, zum einen geht es darum, dass mehr junge Leute den Entschluss fassen, dass sie das auch wollen. Geschenkt bekommt man es nämlich nicht. Man muss dafür kämpfen, auch das ist Demokratie. Dass man sich durchsetzen muss. Wir müssen auch besser in der Organisierung werden und uns auch gegenseitig als junge Leute in diesen Parteien den Rücken stärken. Und den Mut haben, bei einer Person mit dem Wunsch zu kandidieren, dieser auch die nötige Unterstützung zukommen zu lassen oder bei Anfeindungen zu widersprechen und sei es auf Twitter.

Mit Blick auf die junge Generation, finden Sie, dass Gewerkschaften eine Zukunft haben?

Absolut! Ich glaube wir brauchen dringend starke Gewerkschaften in diesem Land, weil sie der Garant dafür sind, dass unsere Arbeitsbedingungen erträglich sind und dass die Löhne steigen. Und die Gewerkschaften stehen jetzt schon unter enormem Druck und verlieren auch Mitglieder. Ich glaube, es ist schlecht, dass sie schrumpfen.

Worin denken Sie zeigt sich der Nutzen von Gewerkschaften?

Es zeigt sich, dass in Bereichen, in denen die Gewerkschaften stark und gut organisiert sind, die Löhne größer und die Arbeitsbedingungen besser sind. Zum Beispiel die Metall- und Elektroindustrie, also unter anderem Stahlwerke. Die Arbeitnehmer haben in der Regel eine 35 Stunden-Woche und sehr gute Gehälter. Und das kommt nicht von allein, sondern weil die sich das erkämpft haben. Bereiche, in denen Gewerkschaften nicht so gut aufgestellt sind, beispielsweise im Bereich der Pflege, da ist es auch deutlich schwerer, all das zu organisieren.

Und wie lässt sich dieses Problem lösen?

Das ist nicht die Schuld der Gewerkschaften, auch nicht die der Menschen im System. Wir brauchen den Zusammenschluss, um bessere Löhne und Tarifverträge durchzusetzen. Und das machen die Gewerkschaften gerade. Es gibt bundesweit Streiks in den Krankenhäusern. Und hier in Berlin haben sie jetzt zum Beispiel einen Entlastungstarifvertrag durchgesetzt, das heißt, wenn man in einer unterbesetzten Schicht arbeitet, erhält man zusätzliche Urlaubstage. Und das hält die Krankenhäuser dazu an, mehr Personal einzustellen, obwohl es sie mehr kostet. Das würde halt nicht passieren, hätten wir keine Gewerkschaften. Also bete ich dafür, dass die Gewerkschaften eine Zukunft haben und arbeite aber auch dafür, indem ich es immer wieder betone.

Frau Klose, vielen Dank für das Gespräch!

Aufzeichnung des Interviews: Gabriel T.

Foto: V. Michel/L. Pramann

Das Interview mit Annika Klose im Otto-Wels-Haus entstand am 2. Juni 2022 im Rahmen des Schreibworkshops „Interview: Meet & Talk im Bundestag“ mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Referentinnen Viviana Michel und Lisa Pramann hatten den Schüler:innen zuvor die benötigten Fragetechniken und Skills vermittelt.

Die Schülerzeitung der Beruflichen Oberschule Friedberg hatte beim Schülerzeitungswettbewerb der Länder den Onlinepreis gewonnen und wurde von der Jugendpresse nach Berlin eingeladen. Auf dem Programm standen Schreibworkshops und die Siegerehrung im Bundesrat.

Eine Chance für uns? Das Europäische Jahr der Jugend 2022

Was ist das Europäische Jahr der Jugend?

Am 27. Januar diesen Jahres begann das sogenannte “Europäische Jahr der Jugend“. Genau wie seit 1983 gibt es „Europäische Jahre“, die bestimmte Themen haben und gemeinsam an einer Verbesserung des Bündnisses arbeiten. Dieses Jahr sind es die Jugendlichen, die mehr Chancen bekommen sollen – also für uns besonders interessant!

Welche Ziele verfolgt es?

»Die EU will junge Menschen in diesem Jahr mehr in den Fokus rücken und unter anderem Freiwilligenprogramme stärken«, heißt es unter anderem auf der Webseite der Bundesregierung. Es gibt verschiedene Ziele und vor allem Erwartungen an dieses Jahr. Und auch, weil Jugendliche aufgrund der Corona-Pandemie auf so vieles verzichtet haben, um andere zu schützen, gibt es jetzt diese Chance für uns.

  • Die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen
  • Jungen Menschen Mut machen, politische Entscheidungen zu treffen und sie vor allem darin integrieren
  • Bei beruflichen Entscheidungen mehr Hilfe anbieten

Mit Seminaren, Debatten und zum Beispiel auch Festivals soll dieses Jahr gefeiert werden. Das verspricht die Bundesregierung unter anderem auch auf ihrer Website. Die mentale Gesundheit ist außerdem ein Gesprächsthema, bei dem nicht weggehört werden sollte. In Debatten soll über Prävention, Aufklärung und Behandlungen diskutiert werden.

Wo kann ich mich anmelden?

Um hautnah dabei zu sein und sich zu registrieren, kann man sich auf der EU-Website zum „Jahr der Jugend“ anmelden.

Text: Vanessa S.

„Kein Tropfen auf den heißen Stein“ – Willkommenspakete für ukrainische Kinder

Mit viel Liebe und Engagement haben unsere SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern über 100 Willkommenspakete für Kinder und Jugendliche, die aus der Ukraine flüchten mussten, gepackt und damit ein Zeichen der Solidarität gesetzt.

In Europa herrscht Krieg und auch wenn angesichts dieser Tatsache die vielen bunten Willkommenspakete wie ein Tropfen auf den heißen Stein wirken, ist es dennoch unsere humanitäre Aufgabe jetzt zu handeln. Auch weil Putins Angriff unseren europäischen Werten gilt und ein schwerwiegender Angriff auf die Grundprinzipien der Demokratie ist. Zudem ist es ein Privileg, Haltung zeigen zu können. Frieden in Europa ist seit dem 24.2.2022 keine Selbstverständlichkeit mehr. Und so zeigen wir als Schule mit dieser kleinen Aktion unsere Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und lassen Taten folgen. Kleine Taten, die verdeutlichen: Wir stehen der Ukraine bei und wir stehen hinter einer Politik, die sich für Frieden, Humanität und Demokratie einsetzt.

Der Ukrainische Verein Augsburg e.V. nahm die vielen Pakete und weitere Sachspenden heute Nachmittag mit großem Dank entgegen. Die Pakete kämen genau zum richtigen Zeitpunkt, wurde uns gesagt, da noch heute 30 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Augsburg ankommen. 

Die internationale Hilfsbereitschaft ist groß. Und wir sind ein Teil davon. Danke an alle SchülerInnen, an die lieben HelferInnen vom „Schule ohne Rassismus“-Team, an alle KollegInnen, Eltern und FreundInnen, die in so kurzer Zeit dem Aufruf gefolgt sind und mit den vielen Paketen Solidarität und Engagement bewiesen haben!

Text/Fotos: Iris Seemiller

»Hey, we’re just boys being boys!« | „Toxic Masculinity“ und warum wir darüber reden müssen

Disclaimer: „Toxische Männlichkeit“ heißt nicht pauschalisierend, dass jeder Mann toxisch ist oder sich toxisch verhalten muss. Im Folgenden werden die Einzelheiten dieses Begriffs erklärt und definiert (siehe Beispiele und Ergänzungen unten)

Boys being boys? (Beispiel für toxic masculinity)

Zwei Jungs, beide fünf Jahre alt, sind mit ihren Eltern auf dem Spielplatz. Eine Zeit lang spielen sie friedlich miteinander, es ist ein gewöhnlicher Sommertag unter der Augusthitze. Bis einer der beiden anfängt, wild umher zu toben, und nicht darauf zu achten, was er tut. Er schreit, springt herum und erwischt den anderen der beiden Jungen, welcher sich daraufhin verletzt. Als der Vater des verletzten Jungen die Eltern des Spielkameraden aufsucht und sie versucht, höflich damit zu konfrontieren, ihrem Sohn das nächste Mal zu sagen, er solle besser aufpassen, bekommt er nur zu hören: »Das tut uns wirklich leid, aber Jungs bleiben eben Jungs.«

Zwanzig Jahre später arbeitet derselbe wild tobende Junge in einem Betrieb. Er hat sich angestrengt und klettert eine hohe Karriereleiter hoch, in dem er diszipliniert und engagiert am Ball bleibt. Als er schließlich befördert wird, behandelt er diejenigen, die eine Position unter ihm arbeiten, wie Dreck. Er wird schnell laut, kann sich kaum beherrschen, wenn irgendwo eine Lücke entsteht und rammt seinen Ellenbogen mit jeder Gelegenheit gegen seine Arbeiter*innen. Als er schließlich darauf angesprochen wird, rollt er nur mit den Augen. Seinen Freunden erzählt er später, was passiert ist und fügt hinzu: »Was soll ich machen, Männer bleiben eben Männer.«

Was ist toxische Männlichkeit?

Homophobie. Belästigung. Sexismus. Gewaltausbrüche. Keine Gefühle. Stärke.

Toxische Männlichkeit kennt viele Gesichter und spiegelt sich in einigen Mienen der Gesellschaft wider. Dabei werden Verhaltensweisen, die traditionell „gern“ an Männern gesehen werden hochgelobt und angewöhnt. Warum sollten Männer weinen, Gefühle machen doch schwach? Warum sollte man andere respektieren, ich bin doch hier der Kerl, ich bekomme, was ich will?

Dominanz und Erniedrigung spielen eine wichtige Rolle, zusammen mit der Objektifizierung von Frauen. Viele Eigenschaften, die jeder Mensch haben kann (z. B. Gewaltausbrüche, Sexismus und homophobe Ansichten) werden dem traditionell angefertigten Bild des Mannes zugeschoben. Nur, wenn er keine Gefühle zeigt, ist er stark. Nur, wenn er seinen (sexuellen) Willen durchsetzt, wird er respektiert.

Alles, was nicht männlich ist, hat keinen Respekt verdient.

Boys being boys – was das jetzt eben für uns bedeutet

Wenn wir sagen, dass Jungs eben Jungs sind, heißen wir alle negativen Eigenarten gut. Wenn Männer alles sind, was Männer eben sein sollen, ist es in Ordnung, schließlich bleiben Jungs nun mal Jungs. Das ist – Entschuldigung – Bullsh*it. Damit sind wir dann nicht nur sexistisch (ups), sondern verharmlosen sogar, was uns selbst passieren kann. Niemals sollten toxische Eigenschaften zugelassen werden und niemals sollten wir alle schlechten Eigenschaften auf ein Geschlecht schieben oder zuschreiben. Wir sollten unseren Kindern nicht beibringen, sich ihrem Geschlecht »entsprechend« zu verhalten, sondern ihnen Raum geben, sich zu entfalten (Nicht: »Mein Junge soll nun mal mehr toben als Ihre Tochter. Jungs bleiben Jungs!«). Für uns bedeutet es sonst mehr Verantwortung, mehr Willkommen heißen von schlechten Eigenschaften und weniger.

Vorsicht mit der Begrifflichkeit

Das Wesentliche, was es zu unterscheiden gilt, ist, dass nicht jeder Mann toxisch-männlich ist. Glücklicherweise wandelt sich unsere Gesellschaft mit Toleranz und Vielfalt immer mehr in eine sehr offene und vor allem zunehmend vorurteilsfreie Gesellschaft. Das heißt, ein Mann muss nicht einmal männlich sein, sondern kann so sein, wie er möchte (dasselbe gilt für jede*n unter uns!). Nur, weil ein Mann eine typische (toxische) Eigenschaft hat, heißt das nicht gleich, dass er ein toxischer Mann ist und man ihm nicht mehr helfen könnte.

Weiterentwicklung und neue Sichtweisen sollten die Basis unseres Lebens sein. Und allgemein kann ein Gespräch helfen, entweder Missverständnisse oder Konflikte zu klären. Verhält sich jemand vermehrt toxisch und man kann sich sicher sein, dass diese Verhaltensweisen absichtlich aufgezeigt werden, sollte auch hier ein Gespräch gesucht werden. Wichtig ist, dass auch eine Frau sexistisch, homophob und gewalttätig sein, oder sich wie in dem obigen Beispiel verhalten kann – und das zeigt, dass auch ein Mann Gewaltausbrüche haben kann, ohne sonst zum Beispiel die Menschen in seinem Umfeld zu belästigen. Es ist also weniger eine Frage des Geschlechts (unser gutes altes Schubladendenken), sondern eine Abwägung des Verhaltens, ein Abschätzen der Gründe und im besten Fall das Suchen einer geeigneten Lösung.

Weitere Beispiele für „Toxic Masculinity“:

  • Manspreading: Ein Phänomen, bei dem (typischerweise*) Männer breitbeinig sitzen und damit mehr Platz einnehmen als nötig. Sie unterlassen es auch nicht, weil es meistens provokativ aufgefasst werden soll
  • Ernsthaftes Belächeln von (typischerweise) Frauen und Kleinreden von (typischerweise) Vorschlägen oder Ideen – man gibt niemandem die Chance, eigene Impulse im z. B. Arbeitsleben freizusetzen
  • »Jungs weinen nicht.«
  • Nicht ausreden lassen und unterbrechen von anderen Menschen

*typischerweise = jede beliebige Person kann eingefügt werden. Es ist eben nicht nur Männer gegen Frauen oder andersherum

Warum wir darüber sprechen müssen

Um ein angenehmes Miteinander zu pflegen und überhaupt erst entstehen lassen zu können, müssen wir dafür sorgen, dass sich jeder Mensch wohlfühlt. Hat jemand vermehrt Gewaltausbrüche, muss ihm oder ihr vielleicht geholfen werden. Wenn wir nur ein bunt verwaschenes Tuch darüber stülpen in Form von Aussagen wie »Aber er ist einfach ein Mann, was sollen wir machen?« oder »Ich bin ein Mann, deshalb darf ich (…)« rechtfertigen wir diese Probleme nur, gehen ihnen aber nicht auf den Grund. Und das schadet im Endeffekt nicht nur allen anderen, sondern vor allem den Menschen, die unter ihrem eigenen Verhalten leiden.

Kommentar: Vanessa S.