„Wattpad“: Mit virtueller Schreibfeder und Tinte

„After Passion“, „The Kissing Booth“, „Chasing Red“ – die ersten beiden Buchtitel sind nicht nur als Filme erschienen und sind damit erfolgreich, sondern haben auch eine stabile Fangemeinde, die sich über den Erdball erstreckt. Dabei liegen dahinter ganz andere Wege als bei den Autoren, die mit ihren Ideen von den Notizheften ins Bücherregal gesprungen sind und zum Schluss auf die Leinwand; Stephen King, J. K. Rowling, Stephenie Meyer, J. R. R. Tolkien, Nicholas Sparks, Jeff Kinney, Mary Shelley, um hier ein paar traditionelle Beispiele zu nennen. Doch welche Rolle spielte hierbei die Online-Plattform „Wattpad“?

Wattpad als virtuelle Bibliothek

Wattpad wird als virtuelle Bibliothek bezeichnet, in der sowohl Leser als auch Schreiber ihre eigenen Ideen veröffentlichen können. Neben den Bewertungen, den Kommentaren und der Covergestaltung ähnelt es tatsächlich einer Buchveröffentlichung (von Verlagsvertrag, Marketing und Abrechnungen mal abgesehen). Die Kapitel sind kurz, die Prämissen teils ausgereift, teils bruchstückhaft und die Fantasie grenzenlos.

Was in den Köpfen von vielen abgeht, wird zu „Papier“ gebracht. Und das kann im schlimmsten Fall für den Autoren einen Shitstorm zur Folge haben, gerade, wenn es um noch subjektivere Dinge geht, wie etwa Fanfictions oder Gedichte. Ich selbst habe schon bemerkt, dass Wattpad deswegen oft von sogenannten Literaturexperten belächelt wird. Um das zu illustrieren: wiederholende Phrasen, „Low Budget“-Cover und Vierzehnjährige, die über fiktive Erfahrungen mit ihren Lieblings-Bands schreiben.

Die Meinungen spalten sich hierbei, genauso wie die Erfolgsgeschichten hinter den virtuellen Büchern für Aufruhr sorgen. Wenn Geschichten besonders viele Leser und Fans finden, werden sie unter Umständen zu internationalen Bestsellern, können als Printausgaben gelesen und schließlich auf der Kinoleinwand gesehen werden. Was aus Langeweile begann, wurde zum Millionenbusiness im „Online-Rampenlicht“. Das passierte etwa Anna Todd mit „After Passion“ und bescherte ihr seit 2014 eine loyale Fangemeinde.

Kreativität außerhalb von Klischees

Für Menschen, die ihre Kreativität außerhalb der Klischees spielen lassen wollen, bietet Wattpad eine gute Gelegenheit, sich mit anderen auszutauschen und Feedback zu bekommen – was sehr wichtig ist, wenn man das Schreiben wirklich ernst nimmt.

Um die Informationen in mein subjektives Fazit zu packen, wage ich zu behaupten, dass Wattpad genauso vielseitig ist, wie seine Nutzer. Niemand wird gezwungen, bestimmte Geschichten zu lesen, und wenn man es tut, ist Hate und Spott unangemessen und auch nicht lustig. Hinter den Geschichten kann monatelange Arbeit stecken – Wattpad dient als Sprungbrett für diejenigen, die ganz tief in die Welt der Literatur eintauchen möchten. Und wenn es schon kein Papier verschwendet, warum sollte diese Art von Ideenaustausch „gestoppt“ werden?

Text: Vanessa S.

„Biografien, Lexika, Hörspiele“: Ein Interview mit Herrn Kretschmer über den Bücherschrank der FOS/BOS Friedberg

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FRIEDO: Hallo Herr Kretschmer, Vielen Dank im Voraus, dass sie sich Zeit für dieses Interview nehmen. Wann wurde denn der öffentliche Bücherschrank in der Aula der FOSBOS Friedberg eingerichtet?

Herr Kretschmer: Er wurde am 04.12.2015 eingeweiht. Gebaut habe ich ihn damals im Juli als Projekt mit einer Technikklasse. In den damaligen Sommerferien wurde das Innenregal fertiggestellt und in der Telefonzelle montiert. Die Schülerinnen und Schüler aus der Klasse haben dabei unter anderem technische Zeichnungen für das Ergebnis angefertigt. Die Telefonzelle selbst war ein Geschenk der Telekom-Austria und auch die Farbe wurde uns gestiftet, wir mussten damals nur die Überbringungskosten übernehmen. Der Transport an sich hat in etwa 280€ gekostet.

FRIEDO: Was war die Idee dahinter beziehungsweise wie funktioniert der Bücherschrank?

Herr Kretschmer: Schülerinnen und Schüler können dort alle Bücher abgeben, die sie nicht mehr brauchen und sich natürlich alles herausnehmen, was ihnen ins Auge fällt. Wenn jemandem ein Buch gefällt, darf er es auch gerne behalten. So kommt immer mal wieder etwas neues dazu und alte Bücher finden neue Besitzer. Organisiert ist der Schrank in keiner bestimmten Weise – einfach weil es Spaß machen soll, darin zu suchen. Immer zum Halbjahr räume ich ihn aus und entsorge das, was gar nicht mehr weggeht, damit wieder Platz ist.

FRIEDO: Welche Werke findet man darin?

Herr Kretschmer: Überraschenderweise relativ wenige Lektüren. Oft geben Eltern den Schülern alte Bücher und Alben von zuhause mit, darunter zum Beispiel Religiöses, Biografien oder Lexika. Auch viele ältere Romane, Klassiker und gelegentlich Hörspiele landen in unserem Bücherschrank. Manchmal sind sogar Filme oder Computerspiele dabei. Dann natürlich auch Bücher, die Schüler sich irgendwann einmal gekauft haben und nicht mehr brauchen.

FRIEDO: Dem Anschein nach wird er derzeit kaum verwendet… Woran glauben Sie liegt das?

Herr Kretschmer: Es stimmt, dass der Bücherschrank weniger verwendet wird als in den letzten Jahren. Anfangs gingen pro Schuljahr etwas 20 Bananenkartons an Büchern weg, dieses Jahr waren es bloß 5. Dass er gerade etwas weniger interessant ist, liegt vielleicht auch daran, dass die neueren Werke im Moment alle schon mitgenommen wurden und wenige dazukommen.

FRIEDO: Gibt es zukünftige Pläne für den Bücherschrank?

Herr Kretschmer: Es wäre schön, wenn er wieder mehr Aufmerksamkeit bekommt. Wenn in der Schülerzeitung Interesse besteht, könnten wir einen Appell starten. Die alten Bücher einmal alle in das Archiv verlegen und den Bücherschrank komplett neu bestücken.

FRIEDO: Vielen Dank für das Interview! wir helfen gerne dabei, das Vorhaben umzusetzen, so dass der Bücherschrank erhalten bleibt.

Das Interview führte Sandra Hanke.

Foto: Kretschmer