Das Oktoberfestattentat – Die Geschichte eines Zeitzeugen

Als Politikklassen der FOS Friedberg im März an einem Vortrag des ehemaligen Soko-Ermittlers Peter Jaud teilnahmen, ergab sich im Anschluss die Möglichkeit, auch Fragen an den Zeitzeugen Dimitrios Lagkadinos zu stellen. Dieser hatte sich erstmals bereit erklärt, zusammen mit Jaud unsere Schule zu besuchen und vor Schulklassen über sein schicksalhaftes Leben zu sprechen. Unsere Autorin Laura berichtet von diesem Tag.

Wir hatten die Ehre, die Geschichte des Oktoberfestattentats aus Sicht eines Zeitzeugen zu erfahren. Der Vater von Dimitrios Lagkadinos kommt aus Griechenland und seine Mutter aus der Stadt München, in der auch er geboren und aufgewachsen ist. Zum Zeitpunkt des Anschlags war er 17 Jahre alt und mit seinem Ausbildungsbetrieb auf der Wiesn. Parallel zu ihm feierte auch seine damalige Freundin Gabi, die eine Ausbildung zu Kindergärtnerin machte, auf dem Fest. Die beiden fanden es erfreulich, etwas Zeit miteinander verbringen zu können und stahlen sich deshalb auch immer wieder von ihren jeweiligen Gesellschaften davon.

Die Zelte schlossen damals um 23 Uhr, weshalb dann auch der große Rummel außerhalb stattfand. Lagkadinos Vater machte ihm damals die Auflage, bereits um diese Uhrzeit und somit vor dem großen Gedränge daheim zu sein. Seine Freundin Gabi wollte ihn unbedingt noch zu dem Taxistand begleiten. Dimitrios Lagkadinos versuchte noch, es ihr auszureden, Gabi jedoch ließ sich nicht davon abbringen und begleitete ihn zum Taxistand, der direkt am Haupteingang war. 

Laut Lagkadinos hatten sie nicht einmal Zeit sich zu verabschieden, denn genau in dem Moment, als sie am Taxi ankamen, ging die Bombe hoch. Gabi hat das Attentat nicht überlebt. „Wie sich später herausstellte, stand sie wohl mit dem Körper zwischen mir und dem Papierkorb.“ Er selbst bezeichnet Gabi als seine Lebensretterin. Er selbst bekam nicht einmal mit, dass eine Bombe hochging. Er habe keinen Knall vernommen, sondern nur Funken sprühen sehen. Außerdem spürte er eine Art Stromschlag.

Er wurde kurzzeitig ohnmächtig und als er wieder zu sich kam, lag er am Boden mit dem Kopf an der Bordsteinkante. Er wollte sofort aufstehen, konnte aber nicht. Ein junger Mann kam zu ihm. Er beruhigte ihn und hielt seinen Kopf. Lagkadinos hatte anfänglich keine Schmerzen, doch mit der Zeit kamen sie und wurden immer stärker.

Relativ schnell kamen Sanitäter, die ihm Schmerzmittel verabreichten. Der damals schwer verletzte Lagkadinos meint, er habe nicht einmal gemerkt, wie schlimm er verletzt gewesen war. Er wurde sofort in eine Klinik gefahren, wo ihm nach und nach die Beine amputiert werden mussten. Er wurde in ein künstliches Koma versetzt, um sein Überleben zu sichern.

Dimitrios Lagkadinos selbst nennt es „ein riesiges Glück“, dass er noch lebt. Ihm geht es heute gut. 1986 lernte er seine heutige Frau kennen und 1989 wurde er Vater eines Sohnes. Er ist nach eigenen Angaben bereits seit 40 Jahren im gleichen Betrieb, in dem er nach dem Schicksalsschlag damals auch seine Ausbildung zum Zahntechniker absolvierte. 

Durch seine offene und sympathische Art fanden die Schülerinnen und Schüler leicht Zugang zum Zeitzeugen. Viele waren fasziniert von dessen starker Persönlichkeit und wollten mehr über den Münchener erfahren. Hier eine Auswahl der Fragen:

Wir haben durch Zeitungsrecherche herausgefunden, dass sie erstmal nicht mehr auf das Oktoberfest wollten, dann aber doch wieder hin sind. Wie war das für Sie?

Stimmt, ich wollte eigentlich nie wieder hin. Als mein Sohn im Kindergartenalter jedoch angefangen hat, über das Fest zu reden, habe ich mich gefragt, ob ich ihn wirklich bestrafen will mit etwas, wofür er nichts kann? Das Oktoberfest kann nichts dafür, was passiert ist und mein Sohn auch nicht. Ich bin über meinen Schatten gesprungen und bin wieder hin. Mittlerweile sind wir richtige Wiesnfans. Ich gehe jedoch nicht durch den Haupteingang, nicht weil ich Angst habe oder traumatisiert bin, nein, das ist für mich eine Sache des Respekts. Ich will da nicht vorbeilaufen, an einem Ort wo Leute ihr Leben lassen mussten und dabei Halli-Galli haben.

Haben sie noch Kontakt zu dem jungen Mann, der ihnen geholfen hat? 

Wir haben uns danach einmal getroffen, um darüber zu reden. Aber Kontakt haben wir seitdem nicht mehr.

Worüber war es am schwierigsten hinwegzukommen?

Das Schwierigste ist es zu kapieren, dass das Leben von null beginnt, dass sich alles verändert und dass man alles neu lernen muss. Wenn ich mir aber raussuchen müsste, ob ich das ganze mit 17 oder mit 40 erlebe, würde ich immer zu 17 tendieren. Du kannst einfach egoistisch sein, dich auf dich selbst konzentrieren. Man hat noch keine Familie, um die man sich kümmern muss. Kein Haus, das man abbezahlen muss und keinen Job den man unbedingt braucht. Man darf einfach den Lebensmut nicht verlieren. 

Wir danken Dimitrios Lagkadinos für seine Gesprächsbereitschaft und vor allem seine Offenheit. Die Begegnung mit dieser beeindruckenden Persönlichkeit bleibt uns sicher noch lange in Erinnerung.

Text/Foto: Laura G.

Fotoserie: Was ist typisch für den Herbst?

Unser Autor und Fotograf Gabriel hat sich in seinem Heimatort Dasing und in Friedberg auf die Suche nach herbstlichen Motiven gemacht und ist fündig geworden.

Fotos: Gabriel T.

Schulanfang und Gottesdienst: Die Anstrengungen der Palme

Seit dem 12.09.2023 sind wir wieder in der Schule. Für manche ist es das erste Jahr an der FOS Friedberg, viele andere Schülerinnen und Schüler werden die Bildungseinrichtung nach diesem Schuljahr auch endgültig verlassen, wenn das Fachabitur oder Abitur geschrieben wurde. Passend zum Schulanfang fand auch am Freitag der ersten Schulwoche der Gottesdienst zum Start ins neue Jahr statt, der von der Fachschafft Religion geleitet und einigen Lehrerinnen und Lehrern musikalisch begleitet wurde. Dabei stand die Veranstaltung der gesamten Schülerschaft – egal welcher Konfession oder ohne Konfession.

Einen herzlichen Dank schon an dieser Stelle für die virtuose musikalische Begleitung durch Gesang und Instrumente und die Möglichkeit sich auf das Schuljahr einklingen zu lassen.

Thema des Gottesdienstes waren Lasten, die durch eine orientalische Geschichte und Erzählung dargestellt wurden. Diese Geschichte handelte von einer Palme, die wachsen wollte, dies wurde aber von einem Menschen, der alles Gute in der Welt verderben möchte, unterbunden – indem er einen schweren Stein auf ihre Krone legte. Die Palme gelangte jedoch an eine Wasserader und konnte größer und schöner werden als alle anderen, weil sie sich durch ihre Last mehr Mühe gab.

Der Stein steht für die Lasten des Lebens und speziell für die der Schüler, besispielsweise für das Abitur, das dieses Jahr im Vergleich zu den Vorjahren zwei Wochen früher geschrieben wird, oder für Probleme in der Schule mit Lehrern oder anderen Mitschülern, aber auch für Probleme zu Hause, die uns stark belasten können. Die Anstrengungen der Palme zeigen jedoch, dass es immer einen Weg gibt, der manchmal zwar etwas mühsamer beziehungsweise steinig ist, das Ziel dadurch jedoch umso wertvoller, größer und lohnenswerter erscheinen lässt.

Die Geschichte wurde auch durch eine Textpassage aus der Bibel ergänzt, in der Jesus zu seinen Jüngern sagt, sie sollen sein Joch auf sich nehmen, denn es sei leicht und er sei voller Liebe und Mitgefühl. Es könnte so interpretiert werden, dass eine geteilte Last eine halbe Last ist und soll die Schüler dazu ermutigen, sich gegenseitig zur Seite zu stehen und zu helfen.

Ein äußerst ermutigender Gottesdienst.

Nochmals vielen Dank an die Musiker und Religionslehrer, aber auch an unsere Schulleitung Frau Scroggie, die sich sehr viel Mühe gibt und sich um uns Schüler bemüht.

Text: Gabriel T.

Umfrage: Schulleben und Schulalltag an der FOS/BOS Friedberg

Unsere Autorin Schahesta hat sich für die Umfrage zum Thema „Schulleben und Schulalltag“ Fragen für unsere Schülerinnen und Schüler überlegt. Es geht hierbei um die Unterrichtsqualität, die Hygiene sowie den „Wohlfühl-Faktor“ an der Beruflichen Oberschule Friedberg. Wir freuen uns, wenn ihr an der Abstimmung teilnehmt! Schreibt gerne eure Meinung zu den Fragen in die Kommentare!

Denkst du, dass die Lehrkräfte der FOS/BOS Friedberg guten Unterricht machen und gut ausgebildet sind?

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Bist du mit der Hygiene an der FOS/BOS Friedberg zufrieden?

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Fühlst du dich an der FOS/BOS Friedberg sicher/wohl?

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Fühlst du dich gut vorbereitet auf das (Fach-)Abitur an der FOS/BOS Friedberg?

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Bist du mit deinem aktuellen Stundenplan an der FOS/BOS Friedberg zufrieden?

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Fragen: Schahesta D.

Erfahrungen sammeln und berufliche Entscheidungshilfe – Über die Praktika der 11. Klasse FOS

Das Praktikum oder auch die fachpraktische Ausbildung in der elften Klasse an der Fachoberschule in Friedberg bringt einige Schüler*innen an ihre Grenzen und positive wie negative Erfahrungen mit sich.  Alle zwei Wochen stellen sich die Schüler*innen neuen Herausforderungen, vom technischen bis hin zum sozialen Zweig.

Ich schildere im folgenden Erfahrungen, die ich mit meinen Praktika im gesundheitlichen Zweig in zwei Krankenhäusern gesammelt habe.

Der Alltag

Obwohl mein Arbeitstag doch immer relativ ähnlich ablief, wurde es nie langweilig. Im Gegenteil, es grenzte ab und an eher an Stress, mit den vielen Aufgaben, die einem anvertraut wurden. Doch dies war für mich eher positiver Natur, denn ich persönlich habe es lieber etwas stressiger und weiß meine Zeit gut genutzt, anstatt, dass mir langweilig ist und ich nichts zu tun habe. Das einzig Gewöhnungsbedürftige an der Arbeit neben dem frühen Aufstehen ist der doch sehr an Berührungen angelehnte Teil. Angst vor Berührungen darf man auf jeden Fall weniger besitzen.

Der Arbeitsplatz

Das Schöne an meinen Stationen war die freundschaftliche Art, mit der ich direkt aufgenommen und durchs ganze halbe Jahr begleitet wurde. Neben ein paar Späßen, um die lockere Stimmung beizubehalten, hatten die Kollegen auch ein offenes Ohr für Fragen und Unverstandenes. Dies ist nicht selbstverständlich. Das ich von meinen Stationen nicht von oben herab als „Praktikantin“ behandelt wurde, war eher Glück. Das liegt nicht immer an Unfreundlichkeit, oft nehmen sich beziehungsweise haben  die dort Arbeitenden einfach nicht die Zeit, um jemanden in Ruhe einzuweisen.

Erfahrungen

Man macht viele Erfahrungen im Praktikum, eine der größten und positivsten für mich war der grundlegende Arbeitsalltag. Nachdem wir nun elf Jahre nur die Schule besucht und gelernt haben, können dann doch nur diejenigen Erfahrung mit einem Arbeitsalltag vorweisen, die einen Nebenjob ausüben. Um sich das anzusehen und mal „reinzuschnuppern“ ist das Konzept der Praktika auf jeden Fall nicht schlecht.

Desweiteren konnte man mal eine Richtung ausschließen oder auch annehmen, die den späteren Arbeitsweg bestimmt. Wenn man sich wie in meinem Fall für den gesundheitlichen Zweig entschieden hat, weiß man nun auf jeden Fall, ob die Arbeit in diesem Bereich für einen selbst ansprechend ist. Für eine grundsätzliche berufliche Orientierung für später grundsätzlich sehr gut.

Neben den positiven Erfahrungen gibt es wie bei vielen Dingen auch negative Seiten. Im Krankenhaus ist der Tod und die Krankheiten natürlich stark präsent. Mit diesen Situationen muss man umgehen können, auch wenn es für uns vielleicht noch etwas früh erscheint, um sich mit so etwas auseinanderzusetzen. Zu lernen, dass man nicht jedem helfen kann und man nicht alles nah an sich ran lassen darf, ist eine Sache, die ich lernen musste.

Schlussendlich muss ich sagen dass das Praktikum mich im positiven als auch im negativen Sinne geprägt hat.  In welchem fachlichen Bereich man sich den Dingen stellen will, muss jeder für sich entscheiden.

Text: Laura G.

Umfrage zum Spitzenthema: „Ende und Anfang“

Unser Autor Gabriel hat sich für die Umfrage zu unserem aktuellen Spitzenthema Fragen für unsere Schülerinnen und Schüler überlegt. Es geht hierbei um die Zeit nach dem Schulabschluss, berufliche Orientierung und persönliche Ziele. Wir freuen uns, wenn ihr an der Abstimmung teilnehmt! Schreibt gerne eure Meinung zu den Fragen in die Kommentare!

Wirst du nach der FOS/BOS ein FSJ machen?

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Wirst du nach der FOS eine Ausbildung machen?

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Wirst du nach der FOS ein Studium beginnen?

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Wirst du nach der FOS ins Ausland gehen?

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Glaubst du, dass du im Abitur deinen Wunschschnitt erreichen wirst?

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Willst du nach der FOS erst mal "chillen"?

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Planst du das Schuljahr freiwillig zu wiederholen?

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Blickst du gerne an deine Zeit an der FOS/BOS Friedberg zurück?

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Kamst du an die FOS, weil du nicht wusstest, welchen Beruf du ausüben möchtest?

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Hast du schon einen Plan, welche berufliche Karriere du starten möchtest?

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Fragen: Gabriel T.

Eine kleine Anekdote über das Ende von Freundschaften | Anfang & Ende

Ich habe früher immer gedacht, dass das Ende einer Freundschaft nur an mir liege. Die Schuldgefühle, die mich dabei von innen heraus aufgefressen hatten, umkreisten nur diese eine Frage: »Was habe ich falsch gemacht?«

Wenn ich jetzt darüber nachdenke, mit welchen Menschen ich nun keinen Kontakt mehr habe, fallen mir eigentlich nur negative Erlebnisse und Aussagen ein. Ich möchte damit auf keinen Fall sagen, ich hätte alles richtig gemacht oder müsse jetzt alles ausbaden. Ich habe mich genauso falsch verhalten, habe blöde Dinge gesagt, war nicht bei den richtigen Momenten dabei oder habe mich langsam immer weiter von der Person entfernt.

In den letzten Monaten ist mir nur aufgefallen, dass einige Menschen nur Freunde sind, wenn du ihnen etwas Gutes tust, oder du sie fünfmal in der Woche siehst.

Bevor mir einfiel, dass eine Freundschaft nicht funktionieren kann, wenn man sich verstellt (ja, das ist mir relativ spät aufgefallen!) habe ich ein schlechtes Gefühl gehabt, nachdem ich einige Menschen getroffen habe. Das Gefühl, als wäre meine soziale Batterie leer und meine Mundwinkel würden abbrechen, weil ich so lange ein gefälschtes Grinsen aufgesetzt habe. Ich habe mich in Gesprächen verstellt, meine Stimme war nicht dieselbe. Ich habe ständig versucht, eine Künstlerin im Small Talk zu werden – jetzt weiß ich, dass ich Small Talk überhaupt nicht abkann. Wie oft ich Treffen abgesagt habe, um stattdessen etwas anderes zu machen; einfach, weil ich wusste, dass es mir nach dem Treffen nicht gut gehen würde.

Jetzt könnte man natürlich sagen: Wieso suchst du die Fehler nicht bei dir selbst, schließlich hast du ja ein Problem damit, Freundschaften zu pflegen? Und ja, natürlich. Ich habe oft versucht zu verstehen, was ich falsch gemacht habe. Ob ich etwas falsch gemacht habe? Mittlerweile weiß ich: Freundschaften können nicht funktionieren, wenn zwei Menschen einfach nicht zusammenpassen.  

Wie oft habe ich jetzt zu hören bekommen, ich wäre gemeiner, ich hätte mich verändert, nur weil ich nicht mehr auf den Small Talk eingehe, oder die Menschen ignoriere, von denen ich weiß, sie haben schlecht über mich geredet? Menschen, die mir ins Gesicht lügen oder »Hey, Vanessa, darf ich deine Zusammenfassung haben?« Nö!

Also, ich bin böse, habe mich verstellt, habe zudem noch kein Händchen für Small Talk und… hm… was noch? Ach ja: Ich kann mich endlich auf die Menschen in meinem Umfeld verlassen. Denn eines ist sicher: Ich weiß jetzt, wer gut für mich ist.

Text: Vanessa S.

Tod. tot. Und was jetzt?

In dem Zimmer roch es nach Desinfektionsmittel, steril und leblos. Aber auch nach etwas anderem, nach Alter, Verfall. Die Wände waren weiß, ohne Bilder. Nur ein kleiner Fernseher knapp unter der Decke angebracht lockerte das Zimmer auf. Normalerweise, aber nicht jetzt, denn der Anlass war nicht freudig. Der Anlass des Besuchs war der 90-jährige Mann auf dem lieblosen, kalten weißen Bett in eben jenem lieblosen kalten Raum wie sie fast allen Krankenhäusern zu eigen sind.

Der Mann lag im Sterben. Man hatte seinen Sohn, der jetzt hier anwesend war und mit versteinerter, abwesender Miene auf einem Stuhl an dem Bett saß, angerufen, da nun die letzten Stunden vielleicht auch nur noch Minuten seines Vaters, angebrochen waren und er bei ihm sein sollte, wenn er starb, er ging, dahinschied. Er war alt, diverse Maschinen umringten Ihn, ein stetiges Piepsen und Pfeifen erklang und einige Schläuche ragten unter der Decke hervor, die den ausgemergelten, leicht gelblichen Körper bedeckte. Eine Hand wurde von einer Infusionsnadel verunstaltet, die andere von seinem Sohn gehalten, der sie fest drückte und verzweifelt versuchte, seine Tränen zurückzuhalten.

Sie waren schon gerötet, vom unablässigen Weinen der letzten Woche, in der er erfuhr, dass sein Vater nicht mehr lange leben würde und er demnächst in eine andere Welt einzog, die vielleicht besser und gnädiger war als diese, eine Welt ohne Schmerz. Schwarze Augenringe zeugten von mehr als einer schlaflosen Nacht. Doch den erschreckendste Anblick boten seine Augen, denn Sie waren voller Schmerz.

Quelle: Wellcome Collection

Die Augen des alten Mannes, die zuvor noch in die Ferne blickten, verschleiert waren und vielleicht die Schrecken des Krieges noch einmal durchblickten oder noch einmal die schönsten Momente in seinem Leben Revue passieren ließen, stellten sich scharf. Kurz schweiften Sie suchend durch den Raum und fixierten dann die schwarzumringten und geröteten Augen des einzigen Besuchers, seines Sohnes.

Ein kurzer Blitz, könnte man meinen, durchfuhr ihn und etwas wie Erkennen huschte über sein Gesicht, denn er lächelte leicht und geheimnisvoll. Er atmete einmal rasselnd ein. Es dauerte lange, dann stoppte das Rasseln für drei Sekunden und er atmete langsam seufzend aus, als wäre er erleichtert. Dann wurden seine Augen dunkel und es schien, als wäre jedes Leben verschwunden und so war es. Er war tot, von einer Sekunde auf die andere. Das bestätigte auch der beständige Piep-Ton einer Maschine.

Vielleicht ist genau diese Situation einem von euch Lesern passiert. Genau diese Szenerie, vielleicht wird es erst noch passieren, vielleicht auch nicht, wer weiß schon über den Fortschritt der Medizin Bescheid? Aber eines ist klar, der Tod ist allgegenwärtig. Aber was genau ist das eigentlich, der Tod und wie erfährt man ihn?

Medizinisch gesehen, ist der Tod folgendes:

Er ist nichts anderes, als ein im Anschluss an das Sterben auftretendes Phänomen, in dem die Lebensvorgänge eines Bio-Organismus vollständig erlöschen.

Dabei werden mehrere Phasen unterschieden:

  1. Klinischer Tod: Das bezeichnet das Aufhören von Atmung und Herzschlag
  2. Hirntod/Individualtod: Jetzt verringert sich die Hirnfunktion irreversibel oder fällt ganz aus. Dabei stirbt auch alles, was mit dem Individuum zu tun hat und hatte.

3. Biologischer Tod: Er tritt ein, nachdem alle Organ- und Zellfunktionen erloschen sind.

Kurz gesagt, der Körper hört einfach auf zu arbeiten. Keine Seele, keine Engelschöre, kein Leben nach dem Tod, nur Tod.

Religiös gesehen ist der Tod gänzlich anders.

Im Christentum, und wie in vielen anderen Religionen verlässt die Seele den Körper.

Ursache ist der Sensenmann, der Schnitter, Gevatter Tod, um den sich zahlreiche Legenden ranken. Er, eine große Gestalt, konchendürr mit einem zerfetzten schwarzen Kapuzenumhang und einer Sense durchschneidet den Lebensfaden eines jeden mit seiner Sense, wie ein Bauer mit ihr die Ähren auf den Feldern niedermäht.

Dann geleitet er den Verstorbenen auf einem Karren oder auch nicht, darüber wird noch diskutiert, in den Himmel. Dort richtet Gott, nun über die Seele. Gute Taten werden gegen schlechte aufgewogen und je nachdem was überwiegt, gelangt die Seele entweder in den Himmel, in das Paradies oder in die Hölle, um dort gefoltert und bestraft zu werden. Wichtig ist hier auch die Beichte bei einem Priester, durch den Missetaten vergeben werden und auch die letzte Ölung und dazugehörige Sterbesakramente. Irgendwann gelangt die Seele dann in einen neuen Körper.

Im Buddhismus ist es gänzlich anders. Der Mensch, der auf der Erde weilt, muss das Leid, das durch Gier entsteht, überwinden. Auch soll der Mensch Wissen und Erkenntnisse während seinem Leben sammeln, um jenes Leid zu überwinden. Stirbt man nun und hat nach dem „“Achtfachen Pfad“ gelebt und viele gute Taten vollbracht und hat somit ein gutes Karma, wird man als Mensch wiedergeboren, der weniger Leid erfährt. Verursacht man viel Leid während seiner Lebenszeit, wird man mit schlechtem Karma „bestraft“ und als Mensch wiedergeboren, dem viel Leid widerfahren wird. Ziel ist das Nirwana, das Nichts, indem sich die Seele auflöst und es kein Leid und keine Gier mehr gibt.

In der germanischen Mythologie wiederum ist der Tod etwas kriegerischer.

Ein Krieger lebt, kämpft raubt und so weiter. Die drei Nornen Urd (Schicksal), Verdandi (das Werdende) und Skuld (das, was sein soll), die an den Wurzeln des Weltenbaumes Yggdrasil wohnen, bestimmen das Schicksal der Menschen zu Lebzeiten, indem Sie einen Faden spinnen, der sein Leben darstellt, sozusagen den Lebensfaden. Endet das Leben, oder bestimmen die Nornen, dass das Leben einer Person enden soll, durchschneiden sie den Faden.

Krieger, die mit einer Waffe in der Hand in einem Kampf oder einer Schlacht starben, werden nun von den Walküren, Odins Kriegerinnen, als Seele nach Walhalla gebracht, um dort an Odins Tafel zu speisen und bis zu Ragnarök, dem Untergang der Welt und auch deren Neuanfang, zu trainieren und das Kriegshandwerk zu perfektionieren.

Unehrenhaft gestorbene, also die die nicht im Kampf starben oder ohne Waffe in der Hand oder aufgrund hohen Alters in einem Bett, gelangen nach Helheim zur Göttin Hel, auch Hela genannt. Jetzt heißen sie Draugr und werden als untote Krieger an Ragnarök gegen die Einherjar (Odins Krieger) kämpfen.

Historiker glauben, dass die Wikinger, Germanen und Kelten vor allem deswegen zum Christentum übertraten, weil dieses deutlich weniger kriegerisch war, und dort Familien und Freunde auch trotz hohen Alters und einem friedvollen Tod in das Paradies gelangen konnten.

Im alten Ägypten ist es ähnlich wie im Christentum.

Wenn der Mensch stirbt, gelangt seine Seele, sein „Ba“ in die Unterwelt, die Duat. Dort muss die Seele nun zu dem Tempel des Osiris reisen und Gefahren überwinden. Der Sonnengott Rah, der jede Nacht auf den Flüssen der Duat eine Reise beschreitet, um am nächsten Tag wiedergeboren zu werden. Auf dem Weg dorthin wies er mit seinem göttlichen Licht den Seelen den Weg. In den Hallen von Osiris wird nun das Herz des Verstorbenen mit der Feder der Wahrheit auf der Waage des Anubis, des Schutzgottes der Toten, abgewogen. Ist die Feder schwerer als das Herz, wird dieses von Ammit, der Verschlingerin, einem Krokodil mit Löwenmähne und Nilpferdkörper verschlungen und die Seele somit vernichtet. Wer die Prüfung der Waage bestand, erhielt von Osiris, dem Totengott, die Erlaubnis in die Gefilde des Iaru („Ägyptisches Paradies“) einzuziehen.

Der Tod ist also in dieser Kultur nichts allzu Schlimmes. Es ist ein Zustand der Glückseligkeit, dem Losgelösten von der Welt und des Lebens ohne Schmerz in einem Paradies.

Vielleicht ist es aber auch eine Welt wie diese und die Gesetzmäßigkeiten sind anders und der Tod ist nur eine Tür, auf die ein weiterer Weg folgt.

Vielleicht ist die Seele aber auch einfach nur Energie und eine Summe an Erfahrungen die in eine Urform zurückkehrt, sich mit anderen Energien oder Seelen vermischt und dann als veränderte Energie in ein neu entstandenes Lebewesen einfährt. Das würde zum Beispiel die Seelenverwandtschaft erklären.

Eines ist aber klar, den Tod wissenschaftlich aufzuhalten ist momentan noch nicht möglich und ein Leben unendlich zu verlängern, darüber sollte man erstmal nachdenken. Denn, wenn erstens niemand mehr stirbt, und trotzdem junge Menschen geboren werden, wird die Welt bald restlos überbevölkert sein und die Nahrungsmittel werden erst recht nicht ausreichen. Zweitens: Wer will als 150-Jähriger in einer desinfizierten Krankenhaushölle sitzen, langsam vor sich hinsiechen und vor lauter Gelenkschmerzen keinen klaren Gedanken mehr fassen können, geschweige denn sich gefahrlos mit osteoporotischen Knochen bewegen, die schon bei einem Windhauch brechen?

Der Tod ist einmalig und gehört zum Leben dazu. Außerdem, ohne Ihn wüssten wir die Zeit, die uns gegeben wurde, gar nicht mehr zu schätzen.

Vielleicht erlebte der 90-jährige vom Anfang den Tod ungefähr so:

Er sah wieder, wie seine Kameraden starben. Getroffen von Kugeln. Zerfetzt von Granaten und durch diese bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet. Andere Freunde und Soldaten, die ihn mit kalten leeren leblosen Blick anstarrten, das Gesicht mit Dreck verschmiert und Tod. Einige hatten Kinder, andere waren selbst noch welche, gerade mal 16. Er konnte nichts dafür, für ihren Tod, dennoch schienen sie ihn anklagend anzustarren. Ihre Schreie und ihre Stimmen, ihre Blicke verfolgten ihn auch jetzt noch in seinen Träumen. Seit einer halben Ewigkeit nun schon. Ein neues Bild. Als er die Frau seiner Träume traf, kurz darauf die Geburt seines Sohnes und die glücklichen Stunden, die er mit Ihm verbrachte.

Der Tod seiner Frau.

Die Bilder jetzt nur noch wie eine Diashow. Die Beerdigung… immer schneller und schneller.

Zum Schluss, das Zimmer. Das kalte, lieblose, desinfizierte Zimmer. Die Schläuche unter seiner Haut fühlte er nicht mehr. Er fühlte nichts, keine Schmerzen, auch keine Angst. Er wusste, dass dieser Tag kommen würde. Um sich herum sah er seinen Vater und seine Mutter, die Ihm zulächelten, so wie sie es immer getan hatten, kurz bevor er Schlafen ging. Neben Ihnen seine Frau, die zeitlos schön vor ihm stand, wie an dem Tag, als er sie zum ersten Mal sah.

Eine Gestalt im Hintergrund, mit einem schwarzen Mantel mit Kapuze, dürr und abgemagert mit skelettartigen Fingern, fiedelte eine schöne aufmunternde Melodie.

Neben seiner Frau saß sein Sohn. Der ihm jetzt in die Augen sah.

Er lächelte und nun, zum ersten Mal seit Stunden, Tagen fühlte er wieder, fühlte die Liebe und er lächelte leicht. Sein Sohn erwiderte es, wenn auch traurig mit Augen, die den Schmerz über den drohenden Verlust spiegelten.

„Es ist Zeit“, sagt eine Stimme, die etwas ruhiges Samtenes hatte und er sah auf.

Vor ihm stand der Fiedler, dessen Gesicht er nicht sehen konnte. Die Stimme sprach von Vertrauen und Ruhe, Frieden, den er sich so lange erhoffte.

„Wenn du bereit bist, nimm meine Hand“, sprach der Fremde.

Er atmete tief ein, und roch plötzlich den Duft blühender Blumen, der von dem Mann auszugehen schien. Er seufzte, ergriff die ihm dargebotene Hand und stand auf, fühlte sich befreit und lebendig.

„Komm, jene die du liebst, warten auf dich.“

„Willst du nicht noch ein Lied spielen? Du spielst die Geige sehr gut.“

Der Verhüllte lachte, und begann zu spielen, während sie aus dem kalten, traurigen Zimmer auf einen Waldweg zuschritten, der von alten Buchen gesäumt wurde und der vor Leben vibrierte.

Text: Gabriel T.