»Aber sie sind deine Eltern!« – Ja! Das ist das Problem…

Toxische Eltern… | … und warum wir so sind, wie wir sind.

Kommentar von Vanessa S.

Disclaimer: Ich bin weder Psychologin, noch Therapeutin, noch habe ich professionelle Anhaltspunkte, wenn es um Familientherapien geht. Ich schreibe lediglich des Schreibens Willen, und weil ich das Thema rund um toxische Eltern und gesellschaftlichen Einfluss interessant finde.

Depressionen, Bindungsängste, unerwiderte Liebe… das ist der Dorn im Auge der Gesellschaft, der gerne übersehen wird – absolut schade!

Für jemanden, der in einem sicheren Haushalt aufwächst, sind die oben beschriebenen Zustände selten ein Problem. Sie sind vielleicht nicht nachzuvollziehen oder lassen ihn oder sie die Augenbrauen verständnislos hochziehen. Was sollen Eltern schon mit uns machen? Sie geben uns alles, was wir brauchen? – Und ja, leider auch viel mehr: Weinend einzuschlafen, weil die Eltern wieder gestritten haben, oder ihre Frustration über unsere Erziehung, die einen langen Pfad von Manipulation bereitstellt. Der Streit an Weihnachten, toxische Stimmung, sobald der Vater zuhause ist, laute Anschuldigungen, Desinteresse, das Problem, jemanden mit nachhause zu bringen, weil man weiß, die Eltern können sich nicht benehmen – und die ständige Suche nach der Antwort, was man eigentlich falsch gemacht hat, und ob man das verdient, was gerade zuhause geschieht.

Wieso spricht niemand darüber?

Das ist eine gute Frage, auf die man aber auch leicht selbst kommt. Ich bin vielen Menschen über den Weg gelaufen, an deren Verhalten ich schnell feststellen konnte: »Oh, Kindheitswunde, wahrscheinlich«. Doch meistens, und das ist der springende Punkt, wissen Menschen nicht, dass sie Verletzungen aus ihrer Kindheit herumtragen, die sie bis heute beeinflussen – aber dazu später mehr. Sie wollen oder können nicht akzeptieren, dass ihre Eltern sie schlecht behandelt haben. Es fängt harmlos an, wie beispielsweise die Grenzen des Kindes nicht zu respektieren, indem man sich viel zu sehr oder auch falsch in das Leben des Nachwuchses einmischt. Oder die hohen Erwartungen, die geschürt werden, weil sie ja wissen, »was gut für dich ist«. Und wie ist es mit Desinteresse, tiefsitzender Frustration, weil der Vater einen nicht ansieht, wenn man sich nicht gut genug anstrengt? Wenn man für ihn sonst nicht existiert? Oder die Mutter, die nicht weiß, wie man ein Kind erzieht und denkt, dass anschreien und toxisches Verhalten das sei, das ihr auch nicht geschadet hätte – aber da ist es! Es hat geschadet. Die Gesellschaft hat nur selbst nicht akzeptiert, dass viele von ihnen schlechte Eltern sind, wenn sie weiter machen.

Jetzt lehne ich mich mit den Behauptungen sehr weit aus dem Fenster. Man ist doch keine schlechte Mutter, nur weil man sich wie eine Mutter verhält? Das mag schon sein. Ich persönlich finde, es gibt per se keine guten oder schlechten Eltern, sondern nur reife oder unreife Eltern. Menschen akzeptieren nicht, dass Eltern sich unreif in der Erziehung verhalten, sodass Betroffene auch bei der kleinsten Überlegung zu hören bekommen »Aber das sind deine Eltern, du kannst nicht so über sie sprechen?« oder »Deine Eltern versuchen es zumindest, gib ihnen eine Chance«. Auch beliebt ist: »Das ist deine Mutter! Sei dankbarer! Es gibt Kinder, die keine Eltern haben!«

Ja, aber darf ich deshalb nicht verärgert sein, wenn ich in einigen Jahren vor dem Spiegel stehe und bemerke, dass der Grund für meine Schwierigkeiten von meinen Eltern kommt? Die Gründe, warum ich Menschen so leicht vertraue, warum ich keine Beziehung führen kann, warum ich kein Selbstbewusstsein habe – darf ich ihnen verzeihen, dass sie sich nicht ausreichend – emotional – um mich gekümmert haben?

Im Endeffekt muss das jeder selbst entscheiden. Zu akzeptieren ist ein guter Anfang. Ich finde, wenn du weißt, dass das auf dich zutrifft, dann darfst du auch sagen, dass du falsch behandelt wurdest.

Wissen Eltern, dass sie uns auch schaden können?

Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen »meine Mutter hat das Wlan-Passwort geändert, das macht sie nur, um mich zu nerven« und »meine Mutter hat wieder mein Tagebuch gelesen und sich daraufhin mit meinem Vater ausgetauscht.« Es gibt gewisse Dinge, die einfach nicht in Ordnung sind. Auf die Frage, ob sie das Wissen besitzen, dass sie uns schaden, gibt es jede Antwort. Ja, bei Eltern, die genau wissen, in welche Wunde sie stechen müssen, um dich zu kontrollieren und Nein, bei Eltern, die es einfach nicht besser wissen und hoffen, dass du nur erzogen wirst. Erziehung ist nämlich auch überhaupt nicht einfach.

Manchmal reicht Kommunikation, und die Lösung davon nur für einige Tage. Denn unreife Eltern sind häufig damit überfordert, die wirklichen Wünsche ihrer Kinder zu akzeptieren, weil sie wissen, sie selbst hätten das nicht gemacht oder durften es nicht. Sie waren leise und haben erduldet, was passiert war – aber deshalb darfst du trotzdem sagen, was du dir wünschst: mehr Privatsphäre? Weniger Kontrolle? Sprich es aus!

Was macht das nun mit uns? Die Frage, wer wir sind, lässt sich häufig, wenn nicht immer, auf unsere Eltern zurückführen. Es gibt Menschen, die mit Verlustängsten in Partnerschaften zu kämpfen haben – und wenn man einen Schulterblick in die Vergangenheit wirft, lässt sich erkennen, dass die Eltern nicht das geleistet haben, was sie hätten leisten sollen. Denn ich denke, wir sind uns alle einig, wenn ich behaupte, dass Eltern nur Kinder bekommen sollten, wenn sie nicht maßlos überfordert mit sich selbst sind.

Inzwischen gibt es viel gute Literatur, die sich mit „Kindheitswunden“ auseinandersetzt. Sie zu lesen kann helfen, einen Überblick zu bekommen. Nichts desto trotz; wenn ihr betroffen seid, sprecht drüber, reflektiert und seid euch bewusst, dass es nicht eure Schuld ist.

Das Labyrinth in mir

Ich wünschte, ich könnte meine Gedanken für einen Tag ablegen, einen einzigen.

Kein ständiges Gefühl vermittelt zu bekommen, die Schuld für etwas zu tragen, sobald jemand „zu kalt“, „zu abgeneigt“, „zu desinteressiert“ reagiert,

aufgrund meiner Gedanken, etwas falsch gemacht haben zu können.

Kein ständiges Situationen-Revue-passieren-lassen, in denen man selbst „zu euphorisch“, „zu anstrengend“, „zu nervtötend“ gegenüber dem anderen gewirkt haben könnte,

aufgrund meiner Gedanken, was andere von mir halten können.

Kein ständiges Angstgefühl, dass einen begleitet und einem erschwert, ungehindert Gespräche mit Menschen zu führen, da man nichts „Falsches“ sagen möchte, da man passabel auftreten möchte, da man ganz einfach „perfekt“ sein möchte,

aufgrund meiner Gedanken, was andere von mir denken könnten.

Warum bin ich so?

Meine Gedankenwelt ist wie ein Labyrinth: Anstelle von Mais, bin ich jedoch von meinen eigenen Gedanken umgeben, die ein Problem darstellen und mich zwingen, einen Ausweg, eine Lösung, einen Grund für das Problem zu finden.

Ein Pfad steht dabei für einen möglichen Gedankengang, der eine Möglichkeit darstellt, dieses Problem bewältigen zu können. Wie ein Pfad in einem Labyrinth, einer von hunderten.

Ich verlaufe mich ständig darin, in dem Labyrinth, meiner Gedankenwelt.

Denn während ich diesen einen Pfad in meinem Labyrinth entlang gehe, sehe ich, wie mir ein ein Hindernis immer näher kommt — der Pfad hört auf. Er bewältigt nicht das Problem, sondern bringt mich wieder zum Anfang zurück.

Ich gehe einen anderen Pfad entlang, dabei überprüfe ich jedes einzelne Detail meines Pfades, mit der Hoffnung, diesmal den Ausweg finden zu können.

Vergeblich.

Genau, so ist es mit meinen Gedanken…

Sie bereiten Probleme, möglicherweise Probleme, wo gar keine sind, und um diese zu lösen, zu erklären oder diesen entfliehen zu können, muss ich jeden möglichen Gedankengang neu ansetzen, der mir dabei hilft, mich auf das Schlimmste vorzubereiten. Doch wenn ich das Schlimmste gesehen habe, stehe ich wieder am Anfang oder setze von diesem Ausgangspunkt neu an, um weiterzudenken, nein — um mich kaputt zu denken.

Diese Gedanken saugen mich innerlich aus und rauben mir die letzte Energie.

Das Schöne, das Positive geht plötzlich von Sekunde zu Sekunde unter, sobald auch nur ein verunsichernder Gedanke zum Vorschein tritt, als hätte dieser nur darauf gewartet, sein Gesicht zeigen zu können.

Dann gibt es keinen Halt mehr und die Gedanken nehmen überhand.

Kommt dir das bekannt vor?

Falls du diese Frage mit einem „Ja“ beantworten kannst, kann ich dir da möglicherweise weiterhelfen.

Ich selbst kann aus Erfahrung sprechen, dass diese Flut von Gedanken, die über einen schwappt, sich oftmals unerträglich anfühlt. Man fühlt sich hilflos, allein gelassen und verspürt eine Angst, die wächst und wächst. Man wird von diesen Gedanken blockiert, sodass alles andere in den Hintergrund dringt.

Hört es irgendwann auf?

Ja, das tut es.

Gib dir Zeit

Natürlich ist es schwer, sich von diesen Gedanken von ein auf den anderen Tag loszureißen, das wäre unrealistisch. Schließlich besteht wie jeder andere Fortschritt aus einem Prozess, der seine Zeit braucht. Deshalb gib sie dir und mach dich deswegen nicht verrückt, wenn es mal nicht klappt, wie du es dir vorstellst. Jeder hat sein eigenes Tempo und danach solltest du dich richten. Auch Misserfolge zu erleben, ist wichtig und gehört zum Lernprozess dazu. Das solltest du dir immer vor Augen halten.

Mut zur Einsicht

Was erstmals absurd klingt, jedoch von großer Bedeutung ist, ist es dir selbst einzugestehen, dass dich dieses Problem belastet. Denn diese Belastung zu verleugnen, bringt keinem was, besonders wenig dir selbst. Nur, wenn du dir selbst über die Existenz deiner Last bewusst wirst, kannst du dir auch selbst helfen.

Öffne dich

Es tut gut, sich mit anderen auszutauschen. Es gibt einige, die das mit dem „kaputt denken“ nachempfinden können, weil sie selbst davon betroffen sind oder von anderen darauf aufmerksam gemacht wurden. Verschiedene Perspektiven sind hierbei von Vorteil: Wie geht die andere Person damit um? Was hat ihr geholfen, diese ständigen Gedankengänge zu unterbinden?

Vor allem auch Menschen, die in keiner Verbindung zu diesem Problem stehen, können dir aufgrund ihrer neutraleren und realistischeren Sichtweise helfen und dir die Angst zu gewissen Dingen nehmen. Sie können dir sagen, was an den Gedanken, die du dir machst, sinnvoll ist und was nicht. Wichtig ist hierbei dir sicher zu gehen, dass du von dieser Person ernst genommen wirst und diese dir wirklich aufrichtig helfen möchte.

Diese Tipps sind vielleicht nicht das ultimative Heilmittel für das sogenannte „Overthinking Syndrom“, doch können einem auf jeden Fall ein Stückchen weiterhelfen, besser mit der Sitaution umzugehen.

Text: Karin K.

Enzos Weihnachtskrise – Vanessa S. | Eine Geschichte zum Thema „Krisen und Chancen“

»Es ist immer leicht, die Krisen zuerst zu sehen,

wenn die Chancen unter ihnen verdeckt scheinen.«

1

Für Enzo fühlte es sich so an als sei mehr als ein Laster über seinen kleinen Kopf gefahren.

Um ihn herum rieselte der Schnee, einzelne Flocken sickerten in seinen Bart, während er sekundenlang regungslos auf der Straße verweilte. Die Viere ausgestreckt wie ein Tier, die Nase auf dem Asphalt.

Er blinzelte, richtete sich auf und starrte dem Laster hinterher, der so eben über ihn gefahren war: es war ein weißer Laster, gefüllt mit Weihnachtskugeln, anderen Wichteln und einem riesigen Tannenbaum, der mit seiner Spitze bis an die Decke des Einkaufszentrums reichen konnte. Wieder ein perplexes Blinzeln.

Dann erreichte ihn die Panik.  

Er war vom Lieferwagen gefallen! Er war getrennt von den anderen Weihnachtswichteln! Warum, um Himmels Willen war er so dreckig? Seine Mütze war betupft mit Matsch, die gestreiften Hosen hatten Löcher und sein Bärtchen war nass und fror ihn bis hinauf zu der Knubbelnase.

Das durfte nicht sein!

Er musste später blitzeblank aussehen, so wie ein Wichtel eben: sauberer Bart, geputztes Näschen, schöne Mütze.

Zornig stand er auf und stemmte die winzigen Arme in die Hüften. Er versuchte erneut ausfindig zu machen, wo er nun steckte, sein Fuß trommelte auf dem Boden.

Um Enzo herum lag nichts außer einer grauen Asphaltwiese, die langsam mit einer dünnen Schneeschicht bedeckt wurde. Er war zu klein, um weit in die Ferne zu blicken, und er war fuchsteufelswild, dass er so klein war.

Er musste doch wissen, wo er steckte?

Während er sich aufregte, fiel ihm fast die Mütze vom Kopf. Er blinzelte, schnaufte und dann… Es fiel ihm wieder ein; er musste so schnell es ging aufbrechen und dem Laster hinterher! Wie war er auf die Straße gefallen und wie wurde er wieder sauber? Das hatte vorerst keine Bedeutung mehr für Enzo; er stapfte los.

***

Bedeckt mit Schneeflocken fand er sich in einer Stadt wieder, die ihm fremder denn je schien. Überzeugt davon, richtig zu liegen, war er den Spuren des Lastwagens gefolgt, hatte aber dabei vergessen, dass alle Autospuren ungefähr gleich aussahen.

Enzo kratzte sich an seinem Bart und runzelte die Stirn.

Er stand an einer stillgelegten Ampel, war ganz alleine. Inzwischen dämmerte es, und er schniefte traurig. Enzo durfte nicht einfach zurückgelassen werden! Er war auch einer der Wichtel und hatte genau dasselbe Ziel.

Zu allem Übel begann er auch noch zu zittern.

Wieder packte ihn der Zorn und brachte ihn fast dazu, wild aufzustampfen und auf zu japsen – doch er hatte sich noch rechtzeitig im Griff. Statt sich aufzuregen, atmete er kräftig ein und aus, wobei sich eine kleine Wolke vor seinem Gesicht bildete.

Fasziniert davon bemerkte er ein glitzerndes Schimmern im Augenwinkel. Er drehte sich um und hob die Brauen.

Das war es!

Gefüllt von Euphorie hetzte er auf schnellen Schritten zu der Bushaltestelle. Die ältere Frau, die mit einem zufriedenen Grinsen und den Händen auf ihrer Handtasche auf den Bus wartete, entdeckte Enzo gar nicht. Auch nicht die Mutter, die Hand in Hand mit ihrer jungen Tochter danebenstand.

Doch als das Mädchen mit gebanntem Blick auf den kleinen Wichtel neben ihr schaute, traute sie ihren Augen nicht. Sie riss sie auf und schnappte laut nach Luft. Stand da tatsächlich ein Wichtel neben ihr?

»Mama?« Sie rüttelte an der Hand der Frau.

Doch ehe sie weitermachen konnte, schüttelte Enzo panisch den Kopf. Es schien ihm ganz recht, dass der Bus schon um die Ecke gebogen war. Er tänzelte nervös auf den Beinen herum, wollte in den Bus, bevor er entdeckt wurde.

Aber das kleine Mädchen war so überrascht von der plötzlichen Ankunft des Wichtels, dass sie ein weiteres Mal an der Hand der Mutter zerrte. Enzo aber, so schlau wie er war, sprang ganz hoch und hüpfte kurzerhand in die Handtasche der alten Dame.

In dieser Sekunde blieben die Reifen des Buses quietschend vor ihnen stehen.

Die Mutter schaute besorgt auf ihre Tochter herab und runzelte die Stirn, als sie mit ansah, wie das Kind sich umdrehte und ganz bleich wurde. Sie fuhr ihr kopfschüttelnd über die Haare und stieg dann zusammen mit ihr ein.

Und auch die ältere Dame hatte schließlich einen Platz gefunden, ehe der Bus abfuhr. Die nächste Zeit befand sich Enzo in der Handtasche, zusammen mit einer Lesebrille, einer zerknitterten Lektüre und einer Menge anderem Krimskrams, über den er als Weihnachtswichtel nur die Nase rümpfen konnte.

2

Enzo schaffte es rechtzeitig aus der Handtasche heraus, um vor dem riesigen Einkaufszentrum auszusteigen. Er war überglücklich, dass er sich während der Fahrt putzen konnte, und nun nicht mehr dreckig war. Natürlich war er noch immer wütend, dass er aus dem Lieferwagen gefallen war, doch zumindest schien ihm, dass seine Weihnachtskrise bald wieder vorbei sein würde.

Da es nicht mehr rieselte, schaffte es Enzo völlig unversehrt über den enormen Parkplatz. Vor ihm tummelten sich Menschen, Autos, noch mehr Menschen mit Einkaufstaschen und Kinder. Er flitzte um sie herum hindurch und kam schließlich am Eingang an.

Sofort machte er sich auf den Weg hinein und durch das Einkaufszentrum.

Es war wunderschön.

Überall funkelte und glitzerte es. Die Rolltreppen waren mit künstlichen Tannenzweigen und Weihnachtskugeln geschmückt, ganz kleine Weihnachtsbäume standen am Rand mit süßen Geschenken darunter versteckt. Enzo sah sich um, hielt seine große Mütze fest und überlegte, wo der große Tannenbaum nun stehen würde.

Dabei wurde er fast getreten, weswegen er sich neben ein Geschenk und unter einem der Weihnachtsbäume versteckte.

Noch vor Ladenschluss wollte er zum Weihnachtsbaum und seinen Brüdern und Schwestern. Ob sie ihn schon vermissten? Sicherlich! Er vermisste sie ja auch. Enzo schniefte. Er war fertig. Der Tag hatte ihm die letzten Nerven geraubt und er wollte einfach nur zum Tannenbaum. Doch würde er sicherlich zertrampelt werden, wenn er weiterhin durch die Gegend lief.

Da kam ihm eine grandiose Idee: Enzo musste sich tragen lassen wie vorhin beim Bus.

So wartete er einige Zeit auf die perfekte Gelegenheit und sprang dann unentdeckt in eine Einkaufstasche. Total überrumpelt davon schüttelte er sich und nieste. In der Einkaufstasche befanden sich zwei Geschenkpapierrollen, die bis hoch hinaufragten, und ein Teddybär.

Enzo runzelte die Stirn und wartete ab, bis er den riesigen Tannenbaum erspähen würde. So schnappte er sich eine der Geschenkrollen und nutze es wie ein Fernrohr. Es dauerte einige Zeit, da entdeckte er ihn.

Überwältigt von der tiefen Freude ließ er die Geschenkpapierrolle fallen und hüpfte aufgeregt umher, bis er auf den nächsten Moment wartete und hinaushüpfte.

***

Der Tannenbaum war größer als alles, was Enzo bisher gesehen hatte. Er reichte bis an die Decke des Einkaufszentrum, wobei noch Platz für einen ordentlichen Stern blieb. Enzo spürte einen leichten Stich in der Brust, als er bemerkte, dass die anderen Wichtel schon um den Tannenbaum verteilt waren, einige wenige ganz hoch oben hingen und den Baum schmückten.

Aber er war erleichtert, endlich angekommen zu sein.

Er seufzte, richtete seine Mütze und trat dicht heran. Er sah sich in der großen goldenen Weihnachtskugel spiegeln. Enzo wusste, dass er bis ganz nach oben zu den anderen Wichteln musste, aber wie sollte er nach oben?

Er schniefte traurig.

Doch er durfte nicht traurig sein! Enzo musste nach oben zu dem Weihnachtsbaum und seiner Pflicht nachgehen, den Tannenbaum zu schmücken.

Er stapfte zurück, drehte sich um, nahm Anlauf und sprang hoch.

Allerdings… ohne Erfolg.

Ein weiteres Mal.

Und noch Mal.

Jedes Mal endete damit, dass Enzo auf dem Hintern landete, die Nase rümpfte und zornig wurde. Wieder wurde er fuchsteufelswild, dass er so winzig war. Aber er durfte nicht aufgeben! Das war keine Lösung für ihn!

Er war den weiten Weg vom Laster bis hierhergeschafft, jetzt war der schlechteste Zeitpunkt, aufzugeben!

Minutenlang überlegte Enzo nach einer Lösung. Vielleicht würde er irgendwann nach oben kommen, doch fiel er wieder hinunter, müsste er es erneut versuchen. Und das dauerte! So patrouillierte der kleine Enzo unentdeckt von den gestressten Menschen hin und her, verschränkte die kurzen Arme vor seinem Bart.

Plötzlich stoppte er.

Er sah nach oben und dann zum Tannenbaum.

Enzo bekam einen Geistesblitz!

So schnell er konnte kletterte auf den Zweigen der Rolltreppe hinauf, hielt sich dort fest und lief bis zum Ende der Rolltreppe nach oben. Ihm fiel auf, dass er sich nicht mal auf Höhe der Mitte des Tannenbaums befand.

Enzo nahm die nächste Rolltreppe.

Jetzt befand er sich ein bisschen nach der Hälfte.

Er musste bis in den dritten Stock.

Enzo nahm eine Rolltreppe nach der nächsten, war gesteuert von der Motivation und dem Gedanken, dem Tag endlich ein Ende zu setzen, sodass er einfach weitermachte, ohne den Zweifeln einen Platz in seinem Kopf zu lassen.

Als er ganz oben angekommen war, traute er sich nicht, nach unten zu schauen. Wie auch! Er wollte nur den Tannenbaum sehen, der vor ihm ragte.

Enzo nahm schnappend Luft, richtete den Sitz seiner Mütze und sprang dann hoch in die Lüfte. Sekundenlang fühlte er sich wie ein Vogel oder ein Schmetterling. Er ließ sich treiben, sah alles in Zeitlupe.

Die Menschen unter ihm, die anderen Wichtel, die ihn geschockt ansahen. Sein Bart wedelte umher, seine Mütze fiel ihm fast ab. Er hielt sich fest, streckte die freie Hand aus, und gab sein Bestes, einen der Zweige zu greifen.

Und für Enzo ging ein Traum in Erfüllung: Er schaffte es, sich festzuhalten und gegen einen der anderen Wichtel zu knallen. Er stellte sich auf eine der Weihnachtskugeln, und hielt sich ganz fest. Er hatte es geschafft!

Doch freute er sich so sehr, dass er kurzerhand den Boden unter den Füßen verlor und den Zweig losließ.

Er fiel hinunter!

Wieder sah Enzo alles in Zeitlupe um sich herumbewegen. Und während er hinunterfiel, entdeckte er das kleine Mädchen von der Bushaltestelle auf der Rolltreppe. Sie fuhr nach oben, bemerkte Enzo und riss die Augen auf.

Das wars mit ihm!

Aber dann! Ehe Enzo auf den Boden fallen konnte, hielt ihn jemand fest und stoppte seinen Fall. Enzo blieb stehen.

Er keuchte kräftig und seufzte, bis er sich umdrehte und feststellte, dass einer seiner Wichtel-Geschwister ihn gepackt hatte, bevor er fallen konnte. Enzo war gepackt von Freude, dass er zwar lachte und zappelte, aber alles in einem Rahmen – er wollte schließlich nicht noch einmal hinunterfallen.

Enzo fand seinen Platz im Tannenbaum und beobachtete, wie das kleine Mädchen auf den Wichtel zeigte und auf die Mutter einredete. Und statt ihrer Tochter zu glauben, berührte sie ihre Stirn und schüttelte den Kopf.

Was hatte sie für eine Fantasie! Als würden Wichtel tatsächlich herumlaufen und sich auf die Suche nach dem Tannenbaum begeben, sich in Einkaufstaschen verstecken oder Busfahren! Was für ein Blödsinn.

Schließlich würde das kein Wichtel tun…

…außer er hieß Enzo.

Text: Vanessa S.

„So unglaublich lecker!“: Low-Budget-Gerichte zum Nachkochen

Wir kennen es doch alle. Wir wissen nicht, was wir abends essen wollen, aber Takeaway wird auf Dauer dann schon sehr teuer. Aber gleichzeitig, wenn man die aktuellen Preise betrachtet, wird Kochen immer mehr zu einer kostspieligen Angelegenheit. Das sollte es allerdings nicht. Kochen und Essen, das muss jeder Mensch – egal, wie viel Geld man hat. Jeder sollte die Möglichkeit haben, sich ein gesundes und leckeres Gericht zu zaubern.

Anbei habe ich für euch ein paar Low-Budget-Gerichte, die euch vielleicht helfen, trotz der hohen Lebensmittelkosten ein gesundes und ausgewogenes Gericht zu kochen. 

Pasta mit Kürbis

Pasta mit Kürbis hört sich jetzt zwar super langweilig an – aber nein. Das Gericht ist so unglaublich lecker. Dieses Essen kam bei jedem, der das probiert hat, super an und ist gleichzeitig wirklich billig mit etwa 6 Euro Zubereitungskosten für ungefähr 3 Personen.

Zutaten:

700g Hokkaido Kürbis

400 ml Hafersahne

400g Nudeln deiner Wahl

1 Zwiebel

2 EL Öl

1 Prise Salz

Pfeffer

1 TL Paprika Edelsüß

Optional: 1 TL Hefeflocken

Zubereitung:

  1. Backofen auf 200 Grad O/U vorheizen.
  2. Kürbiskerne entfernen und ca. ¾ vom Kürbis in Stückchen schneiden. (Hokkaido muss nicht geschält werden.) 
  3. Kürbis auf einem Backblech mit 1 EL Öl vermischen und ca. 35-45 Minuten backen. (Je nach Dicke der Stücke variiert die Backzeit. Also immer mal wieder schauen, ob der Kürbis durch ist.)
  4. Den restlichen Kürbis und die Zwiebel in feine Würfel schneiden. 
  5. Pasta nach Packungsanleitung zubereiten.
  6. Währenddessen Zwiebel in Öl gold-braun anbraten und Kürbiswürfel hinzugeben. So lange anbraten bis der Kürbis weich ist.
  7. Ist der Kürbis aus dem Backofen fertig, wird dieser mit der Hafersahne püriert (Ihr könnt den Pürierstab oder einen Mixer nehmen). Falls die Soße zu fest ist, diese mit Wasser verdünnen.
  8. Den pürierten Kürbis in die Pfanne zu der Zwiebel und den Kürbiswürfeln geben und mit Salz, Pfeffer, Paprika sowie Hefeflocke würzen. 
  9. Anrichten und Genießen! 😊

Fruchtiges Spekulatius-Porridge

Zutaten:

50g Haferflocken

150ml Pflanzendrink

1 Apfel

2-3 TL Zucker

6 Stk. Spekulatius

1 Banane 

½ TL Zimt 

½ TL Lebkuchengewürz

Zubereitung:

  1. Die Banane mit der Gabel zerdrücken. 
  2. Haferflocken mit Pflanzendrink, Zimt und Lebkuchengewürz aufkochen bis die Haferflocken aufquellen. Je noch Konsistenz könnt ihr mehr oder weniger Pflanzendrink hinzufügen.
  3. Banane und kleingehackte Spekulatius unter die Haferbreimasse rühren.
  4. Den Apfel in dünne Scheiben schneiden und in eine Pfanne geben. Die Apfelschnitten nun mit dem Zucker bestreuen und auf mittlerer Hitze karamellisieren bis diese gold-braun sind.
  5. Währenddessen den Spekulatius mit einem Messer kleinhacken.
  6. Zum Schluss das Porridge in eine Schüssel geben, mit den Äpfeln und dem kleingehackten Spekulatius anrichten und genießen! 😉

Dieses Spekulatius-Porridge ist das perfekte Frühstück in der Weihnachtszeit durch die karamellisierten Apfelscheiben und die Gewürze einfach nur ein Traum. Mit ca. 3,50 Euro, die ich hierfür ausgegeben habe, eine perfekte Alternative zu verpacktem Porridge und gleichzeitig so unglaublich lecker.

Teriyaki-Gemüse auf Couscous 

Dieses Rezept war ursprünglich nicht für eine Veröffentlichung bei der Schülerzeitung geplant. Als ich es jedoch probiert habe, dachte ich mir, das müsse ich auf alle Fälle veröffentlichen. Bei der Gemüseauswahl könnt ihr euch frei austoben. Schaut einfach, was euch schmeckt und vielleicht auch nach Angeboten (Dann könnt ihr echt Geld sparen).

Zutaten:

1 Zucchini 

200g Kartoffel (festkochend)

1 große Tomate

½ Brokkoli

½ Zwiebel 

3-4 EL Teriyaki Soße (Asia Abteilung) 

1 Prise Salz & Pfeffer

300g Couscous 

½ TL Gemüsebrühe Pulver

Ca. 300ml kochendes Wasser

Zubereitung:

  1. Kartoffeln im Wasser weichkochen.
  2. Couscous und die Gemüsebrühe mit kochendem Wasser übergießen, mit einem Geschirrtuch abdecken und Quellen lassen. (Je nach Konsistenz Wasser nachgeben.)
  3. Gemüse schneiden und Zwiebel in Pfanne bei mittlerer Hitze gold-braun anbraten.
  4. Das restliche Gemüse hinzugeben und ca. 7-10 Minuten abraten, bis es fast fertig ist.
  5. Die fertigen Kartoffeln schneiden und zum Gemüse geben.
  6. Das Gemüse mit Salz, Pfeffer und der Teriyaki-Soße würzen, bis es den Wünschen entspricht.
  7. Zuletzt den Couscous auf dem Teller anrichten und mit dem Gemüse-Teriyaki-Mix toppen. Guten Appetit!

Ideen/Text: Lara D.

»Einmal Dunkelheit für mich« | Krisen und Chancen | (Mini-Selbst-) Reportage

»Wovor hast du Angst, Vanessa? Dunkelheit ist nur das Fehlen von Licht.«

1

Das Licht knipst aus. Doch es ist ein anderes Ausknipsen. Ich sehe nicht den Moment, wie die Lichterketten ausgehen, wie das kleine Nachtlicht an meinem Schreibtisch auf einmal den Geist aufgibt – ich laufe in das ausgeknipste Licht hinein… Unter meinen Schuhen knirscht herabgefallenes Laub, der Wind weht in meinen Haaren. Ich erblicke nichts außer einem Feldweg, auf dem schier nichts zu sehen ist. Eine angrenzende, immer dichter werdende Reihe an Bäumen.

Das… ist Dunkelheit.

Seit fast zwanzig Minuten sind wir unterwegs. Mein Freund hält stetig meine Hand fest als wäre ich ein Kind. Obwohl ich strikt darum gebeten hatte, dass er nie meine Hand loslassen darf, fühlt sich ein kleiner Teil in mir merkwürdig. Wir sind schon einmal in purer Dunkelheit um den See bei mir in der Nähe herumgelaufen, und bis auf einen Hasen, zwei Jogger und einige Fahrradfahrer ist uns nichts und niemand begegnet. Kein Monster, keine gruseligen Schatten… Es waren nur er und ich.

Trotzdem fühlte es sich nicht danach an. Aber wieso?

Was ist Dunkelheit?

Dunkelheit wird als »lichtarmer Zustand« definiert. Wobei lichtarm albern ist. Ich schlafe lichtarm ein, und das mit Lichterketten, einem Nachtlicht und offener Zimmertüre – schon seit ich klein bin. „Lichtarm“ ist für mich, wenn trotzdem noch Stromkosten gezahlt werden oder der Mond herumschimmert. Und Dunkelheit ist für mich, dass ich die Augen ganz weit aufgerissen habe und versuche, genau dasselbe zu sehen, wie mit Licht. Und dabei scheitere ich, weil eben kein Licht um mich herum ist.

Im Laufe meiner Recherche habe ich einige Definitionen, Symbole und auch Vergleiche gefunden, die mich die Stirn haben runzeln lassen. Dunkelheit als Form der Weisheit der Natur, als biblisches Symbol.

In der Bibel gibt es einiges Interessantes zum Thema Dunkelheit und Finsternis – und die klare Position dazu. Das folgende Evangelium zeigt das am besten.  

„Da sprach Jesus zu ihnen: Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, dieweil ihr das Licht habt, dass euch die Finsternisse nicht überfallen. Wer in Finsternis wandelt, der weiß nicht, wo er hingehet“ | Johannes, 12:35

Dunkelheit ist also ein lichtarmer Zustand mit mieser Bedeutung. Was können wir uns jetzt logischerweise davon versprechen? Richtig…

… Angst.

2

»Da ist etwas«, sage ich und rüttle an dem Arm meines Freundes. Er schaut nicht mehr in dieselbe Richtung, in die ich gerade schaue. Es ist Licht durch eine Kulisse von engstehenden Bäumen in der Mitte des Waldes.

»Da ist nichts«, entgegnet er mit einem tiefen Seufzen.

Er hat die Frage beantwortet – schon fast ein Dutzend Mal. Er weiß, dass da draußen nichts lauert; nur Vögel, Rehe und andere Lebewesen, die die Nacht begrüßen und umherstreifen. Er weiß, dass er keine Angst haben muss.

Doch ich sehe Monster in den Bäumen, ich höre herumlaufende Schatten in Form von fallenden Blättern, ich spüre den Atem der Angst um meinen Körper als einen Nebel. Ich sehe alles und nichts. Das ist das Lustige an der Dunkelheit.

Ich habe mittlerweile eine Kapuze auf, eine Taktik von uns, die Angst ein wenig zu dämmen. Ich fühle mich wohler, wenn ich sie aufhabe, so kann ich mich für den Moment nur auf den Weg vor mich konzentrieren. Je länger wir unterwegs sind, desto kräftiger wird der Griff um die Hand meines Freundes. Je länger wir unterwegs sind, desto klarer wird, was sich seit Jahren in meinem Inneren ausgebreitet hat und mir das hier erschwert: ausgefallene Fantasie.

Warum haben wir Angst vor der Dunkelheit?

Die Angst der Dunkelheit hat tiefe Wurzeln: Sie beginnt mit Menschen und sie beginnt im Menschen. Unsere Vorfahren haben die Angst vor der Dunkelheit erkannt: Die Sicht ist eingeschränkt, die Finsternis ist voller wilder Raubtiere. Es ist also eine berechtigte Angst, die uns schützen soll.  

Kinder haben häufig größere Angst vor der Dunkelheit, wenn sie eine Fantasie haben, in der sie Monster, unsichtbare Geister und Co. ausmachen. Nichts desto trotz sollten Eltern die Ängste ihrer Kinder sehen und entsprechend damit umgehen. Ihnen mitzuteilen, es wäre »gar nichts dort« und man »bildet es sich nur ein« bringt nichts außer noch mehr Frustration und Angst, die bis ins Erwachsenenalter reichen kann.

Wenn wir erwachsen werden, schwinden mehr und mehr Ängste. Doch sollte die panische Angst anhalten, spricht man in Fachkreisen von Achluphobie oder Nyklophobie, auch bekannt als die Angst vor dem Nebel und der Dämmerung. Dann muss man sich Therapien unterziehen und mit der Finsternis konfrontiert werden – keine schöne Erfahrung. Und wenn wir ehrlich sind, niemand wird die Angst von der Dunkelheit so richtig los…

Dunkelheit: Hand in Hand mit Horror und psychologischer Angst

Auch, wenn die Urangst keinen richtigen Auslöser hat, so zählen sich Horrorfilme, Literatur und die eben erwähnte Fantasie ganz weit oben zu verstärkenden Faktoren. Wenn es etwas Natürliches ist, sich Monsterlein und Gespensterchen im Kopf auszumalen und sechs Jahre alt zu sein – was passiert mit uns, wenn wir als Erwachsene Horrorfilme sehen und die dort gesehenen Gestalten plötzlich in unserer Umgebung platziert sind? Unsere Urangst breitet sich aus. Das ist der gutgelungene Trick von gutgelungenen Horrorfilmen; sie verfolgen uns tagelang und münden in psychologischer Angst. Effekte, Musik, Visualisierungen, die gezielt eingesetzt werden, um uns nachts nicht schlafen zu lassen (Wobei das meiner Meinung nach eine echte Kunst ist, die mich nach wie vor begeistern kann).

Ich selbst bin früh mit Horrorfilmen in Berührung gekommen und habe seither ständig Bilder im Kopf, die nicht förderlich sind, sobald es dämmert. Das Einzige, was es lindern kann, ist nicht nur eine Reihe an Dingen zu beachten, die Horrorfilme und den Konsum angehen (siehe Ende), sondern sich auch klar zu werden, dass Angst vor Finsternis in Ordnung ist. Es ist »nur« generalisierte Angst ohne Auslöser aber mit Grund.

3

Wir sind auf dem Weg zurück nachhause.

Der Wind hat angefangen zu rauschen, die Blätter sind feucht vom Regen. Ich höre ihn, den Regen. Ich spüre die Hand meines Freundes. Ich schließe die Augen und weiß, dass es nicht schlimm ist, dieses kalte Gefühl im Rücken zu spüren. Ich halte die Augen geschlossen und atme tief durch, ehe ich mich ein weiteres Mal umdrehe und nichts hinter mir finde.

»Du wirst auch nichts finden«, sagt mein Freund als ich ihm von meinen Gedanken erzähle.

Und damit hat er recht.

Ich werde nichts hinter mir finden, außer den Gestalten, die es nur in meinem Kopf gibt. Es ist alles nur eine Kopfsache.

Je öfter ich hinter mich blicke, desto größer wird der Abstand von mir zu dem Wald, der mich absolut unversehrt hinterlassen hat.

Ich bin nach wie vor wachsam: Ich schlafe mit Lichterketten und manchmal mit meinem Hund Sammy neben mir, aber jedes Mal, wenn ich Angst verspüre, mache ich drei Dinge: Abwarten, Durchatmen, Umdrehen. Das hat mir geholfen, eine gewissen Kontrolle von der Urangst zu haben, die ich sowieso nie loswerde.

Was bei Horrorfilmen zu beachten ist:

  • Nie alleine und in isolierter Dunkelheit konsumieren
  • Backstage-Szenen und das Making-Of ansehen, um die Kunst (oder vielleicht doch Wissenschaft?) dahinter zu sehen
  • Darüber sprechen: Was hat dir Angst gemacht? Warum?
  • Darüber lachen: Was war hervorsehbar? Warum war es idiotisch, dass die Protagonistin oder ein Protagonist wieder alleine in den Keller gelaufen ist?
  • Sich klar machen, dass nichts davon real ist: Keine Gespenster, keine Horrorfiguren und auch keine dummen Protagonisten, weil wir uns mit unseren Ängsten auseinandersetzen!

Somit sollte man nicht versuchen, die Angst vor der Finsternis zu bekämpfen, sondern sie einzuschränken und sich bewusst zu machen, mit was man es zu tun hat. Losgeworden ist die Angst kaum jemand, also werde ich es auch nicht. Ich habe nur gelernt, was es heißt, seine Angst zu steuern, und sich vor seiner Angst, wortwörtlich, nicht in die Dunkelheit drängen zu lassen.

Text: Vanessa S.

Krisen²

Instagram-Nutzer verbringen durchschnittlich 53 Minuten pro Tag auf dieser Social-Media-Plattform. Das sind tagtäglich 53 Minuten, die hauptsächlich Teenager damit verbringen, durch ihren Feed zu scrollen, Storys und Reels anzuschauen und sich währenddessen einem nie endenden Informationsschwall auszusetzen. Diese Informationen, die wir tagtäglich auf unseren Ausflügen in die „soziale“ virtuelle Welt konsumieren, sind weit mehr als das, was wir jemals aufnehmen oder gar verarbeiten könnten. Und als wäre das nicht genug, sind die  Informationen, die uns über das aktuelle Tagesgeschehen informieren sollen, meist auch noch von negativer Art.

Natürlich: Hier muss zwischen  privatem Content und informierenden Posts unterschieden werden. Allerdings kann uns beides belasten. Ob es sich dabei um unsere Freundesgruppe handelt, die heute ohne uns in den Club geht, oder um die nächste Umweltkatastrophe im globalen Süden, spielt dabei keine große Rolle. 

Es sind Informationen über Krisen. Krisen, die sich überall auf der Welt abspielen, aber auch vor unserer Haustür. In der Straßenbahn mit der uns allzu gut bekannten Maske. In unseren Heizungskellern und in den bald wieder reaktivierten Brennstäben von Kernkraftwerken. An der Front in der Ukraine, sowie in sämtlichen diplomatischen Gesprächen zwischen irgendwelchen Abgeordneten. Im Ahrtal und auch in etlichen anderen Gebieten, wo der eskalierende Klimawandel Chaos hinterlässt. Im Iran und in allen anderen totalitären Regierungssystemen dieser Welt, die unendlich viel Leid verursachen. Und natürlich auch: in unseren Klassenzimmern mit all dem Leistungsdruck, den eine deutsche Oberstufe so mit sich bringt.

Das ist nur ein Bruchteil der Krisen, mit denen wir uns täglich konfrontieren müssen. Diese ganzen Nachrichten lassen einen nicht unberührt. Diese ganzen Krisen lassen einen nicht unberührt. Da ist es kein Wunder, dass die Prävalenz von depressiven Erkrankungen bei Jugendlichen seit Anfang der Corona-Pandemie deutlich angestiegen ist. Diese ist aber natürlich nicht nur der einzige Auslösefaktor für den fast explosionsartigen Anstieg von psychischen Erkrankungen. Es gibt genügend Auswahl. Die klimakrisen-bedingte Angst vor der Zukunft, die Geldsorgen wegen der Energiekrise, die soziale Isolation während Corona, die vor allem Teenager hart getroffen hat, die Angst, die ein Krieg in Europa schürt, wo wir uns doch seit 70 Jahren in Frieden gewogen haben und nicht zuletzt die Angst vor der Zahl, die rechts oben auf der nächsten Matheschulaufgabe steht. 

Das exponentielle Auftauchen von Krisen in den letzten Jahren ist besorgniserregend. Man könnte mittlerweile fast von Krisen hoch zwei, wenn nicht sogar hoch drei sprechen. Zusätzlich beeinträchtigen Krisen unseren Alltag, unser Denken und unser Handeln. Sie sind sozusagen allgegenwärtig und belasten uns auch dementsprechend, wenn wir nicht lernen, mit ihnen umzugehen.

Durch diese Allgegenwart kann auch schnell eine Überforderung entstehen. Eine Überforderung durch die Masse an Krisennachrichten, dass man gar nicht mehr weiß, was man als Erstes lesen soll, worüber sich als Erstes informieren. Also wortwörtlich die Qual der Wahl. Ein Grund dafür ist die immer schnellere Verbreitung von Informationen, welche durch die Digitalisierung ermöglicht wurde. Natürlich hat das Internet mit all seinen neuen Möglichkeiten auch sehr viele positive Eigenschaften, auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Es ist viel einfacher mit Personen in Kontakt zu bleiben, es können sämtliche Meetings global abgehalten werden, Informationen können über den gesamten Planeten innerhalb von wenigen Sekunden versendet werden usw. 

Durch diese Globalisierung wird unsere Welt allerdings auch immer schnelllebiger, wir scrollen nur noch durch unseren Feed, lesen die Überschriften, die uns der Algorithmus so ausspuckt, informieren uns aber auch nicht weiter, weil dafür ist ja keine Zeit. Es kommt zum Headline-reading. Ein klassisches Phänomen der Generation Z. Heutzutage sind alle halb informiert, aber niemand so richtig, was bei dieser Menge an Information unbestreitbar auch gar nicht mehr möglich ist. Zusätzlich kann man sich nie zu 100% sicher sein, dass die im Internet verbreiteten Informationen wahr sind, ob diese absichtlich oder unabsichtlich verbreitet wurden, spielt für den Konsumenten dann auch keine Rolle mehr. Die Resultate sind Halbwissen, die Verbreitung von Falschinformationen und Krisenmüdigkeit.

Aber gibt es den wirklich nur schlechte Seiten an Krisen? Nein, Kisen bringen auch immer Chancen mit sich. Chancen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und daraus zu lernen. Egal ob bei persönlichen Krisen mehr über sich selbst zu lernen und am Ende über sich hinauszuwachsen. Oder bei größeren weltpolitischen Krisen, die einem die Möglichkeit geben, sich mit dem Thema zu befassen, sich seine eigene Meinung zu bilden und sich zu engagieren. 

Sicher: Nur wenn man die Kapazität dazu hat. Doch was wenn man keine Kapazität mehr hat, wenn einen die Allgegenwart der Krisen schon vollends überfordert hat? Wenn einen die Krisenmüdigkeit schon voll gepackt hat und man nur noch ausbrechen will, aus dem ewigen sich wiederholenden Albtraum der Bad-News? Das Stichwort lautet Pause. Mal abschalten. Nichts tun. Oder nur das was einem gut tut.In seiner Freizeit nicht die neusten Nachrichten auf Instagram checken, sondern den Kopf frei kriegen. Eventuell spazieren gehen, Sport machen, sich mit Freunden treffen, lesen oder eben das, was einem ganz individuell hilft runterzukommen. Und wenn man nicht mehr rauskommt aus dem schwarzen Loch der Bad-News: Hilfe suchen. Mit Freunden und/oder Familie reden oder sich professionelle Hilfe suchen. Es gibt immer eine Möglichkeit der Krisenbewältigung. 

Klar ist trotzdem: Es wichtig, informiert zu bleiben, sich eine eigene Meinung zu bilden, jedoch dann bitte mit seriösen Quellen, das kann auch der Tagesschau-Kanal auf TikTok sein, und differenziert, also kontrovers. Sich verschiedene Meinungen anhören und sich seinen/ihren eigenen Standpunkt bilden. Um mitzugestalten. Um aktiv zu werden. Um eine diverse, aufgeschlossene, gebildete und kritische Gesellschaft zu formen. 

Text: Lara Q.