„Lauschtour“ durch Friedberg – Wie gut kennt ihr unsere Heimat?

Erster Ausflug mit Herrn Fürst: 35 Grad, 20 dehydrierte Schüler.

„Aber sehr sehr interessant.“ (Hr. Fürst)

„Und zumindest kein Unterricht.“ (Klasse)

Wir sind ja alle hier in der Schule, aber mal ganz ehrlich: Was wisst ihr über Friedberg?

Wusstet ihr zum Beispiel, dass

– es hier ein Schloss gibt?

– einen Aussichtspunkt gibt, von wo aus man über ganz Augsburg sehen kann?

– Friedberg früher vor allem als Uhrmacherstadt bekannt war?

– man heute noch Teile der alten Stadtmauer sehen kann?

Nein? Dann solltet ihr mal die „Lauschtour“ durch Friedberg ausprobieren.

Der Rundgang führt – begleitet von der App „Bayerisch-Schwaben Lauschtour“ – in einer Länge von 1,5 Stunden durch die Altstadt. Sobald man in die Nähe von einer der acht Stationen kommt, spielt die App automatisch die Infos ab. In vier bis zehn Minuten langen Texten erfährt man dann interessante Details zu den Stationen und der Stadt allgemein.

Neben schönen Aussichten und historischen Gebäuden konnte man sogar vor der Kirche ein altes Uhrwerk zum Klingen bringen.

Nach anfänglicher Skepsis ein wirklich lohnenswerter Ausflug!

Nach dem Rundgang solltet ihr die folgenden Fragen zu Friedberg leicht beantworten können.

1. Nach welchem Muster ist Friedberg aufgebaut?

a. Ringförmig

b. Form eines Schachbretts

c. Rautenförmig

d. Form eines Dreiecks

2. Warum sind viele Augsburger nach Friedberg gezogen, nachdem Friedberg gegründet wurde?

a. Weil die Stadt günstigen Grund angeboten hat

b. Weil sie von ihrem Bischof unterdrückt wurden

c. Weil es zu wenig Platz in Augsburg gab

d. Weil es neue Arbeitsplätze in Friedberg gab

3. Warum verlor die Friedberger Stadtmauer an Bedeutung?

a. Die Instandhaltungskosten waren zu hoch

b. Konflikte ließen immer mehr nach

c. Waffen waren in der Lage, Stadtmauern leicht zu zerstören

d. Friedberg wuchs zu schnell

4. Was haben Uhrmacher Ende des 18. Jahrhunderts unternommen, um wieder höhere Verkaufszahlen zu erzielen?

a. Sie haben bekannte Städte in die Uhren graviert

b. Die Verzierungen wurden detaillierter

c. Sie haben persönliche Gravierung angeboten

d. Die Uhrmacher entwickelten innovative Technologien

5. Welche Besonderheit zeichnet die Stadtpfarrkirche St. Jakob aus?

a. Das Ziegelmuster wurde nur auf die Kirche gemalt

b. Die Dachziegel sind aus Kunststoff

c. Der Kirchturm ist sechseckig

d. Die Kirche hat ein Panoramadach

6. Was war die effizienteste Maßnahme zur Verteidigung des Friedberger Schlosses?

a. Verteidiger warfen Steine die Mauer herunter

b. Das Schloss verfügte über einen tiefen Wassergraben

c. Rund um das Schloss wurden Fallen angebracht

d. Das Schloss verfügte über eine Zugbrücke

7. Wie lang ist der Pilgerweg, der zur Herr Wallfahrtskirche Herrgottsruh führt?

a. So lang wie zehn Fußballfelder

b. So lang wie die zehnfache Länge des Petersdoms

c. So lang wie der Weg Jesu‘ zur Kreuzigung

d. So lang wie der Weg von Friedberg nach Augsburg

8. Wann wurde die Wallfahrtskirche in ihrer heutigen Form gebaut?

a. Im 14. Jahrhundert

b. Im 16. Jahrhundert

c. Im 18. Jahrhundert

d. Im 20. Jahrhundert

Text: Klasse F10A, Fotos von Zsaklin M., Kelvin A., Georg L.

Antworten: 1b, 2b, 3c, 4a, 5a, 6d, 7c, 8c.

Hier gibt es die Lauschtour "Weißes Gold, tickende Uhren und singende Nachtwächter" zum Nachhören und Nachlesen: https://www.bayerisch-schwaben.de/a-friedberg-weisses-gold-tickende-uhren

Die Witze der Woche: „Damit hat er nicht gerechnet!“

Ein reicher Mann sagt zu einem Bauunternehmer: „Ich hätte gerne ein Haus im mittelalterlichen Stil“. Dazu der Bauunternehmer: „In Ordnung. Wie weit weg soll das Toilettenhäuschen stehen?“

Ein beliebter Mathematikprofessor ist verstorben. Er war für seine kurzen, prägnanten Aussagen bekannt. Seine Studenten suchen nach einer Beschriftung für die Trauerschleife. Schließlich werden sie fündig: Damit hat er nicht gerechnet!“

Ideen: Gabriel t.

Die Witze der Woche: Prokrastination pur!

„Dein Mann hat erzählt, euer Sohn sei so zukunftsorientiert. Stimmt das wirklich?“

„Ja, er verschiebt immer alles auf morgen.“

Journalist bei einer Pressekonferenz: „Warum kürzen Sie nicht die Ausgaben, wenn die Einnahmen nicht ausreichen?“

„Hier geht es um Staatsprobleme und nicht um das echte Leben.“

Ideen: Gabriel T.

Alltagsrassismus und gesellschaftliche Verantwortung: „Script“ zeigt Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit

Als unsere Autoren Gabriel und Vanessa im Juni 2022 am Schülerzeitungskongress in Berlin teilnahmen, konnten sie auch Kontakte zu anderen Schülerzeitungsredaktionen knüpfen. Im Folgenden möchten wir unseren Leserinnen und Lesern einen Leitartikel der Schülerzeitung „script“ des Gymnasiums Renningen aus Baden-Württemberg vorstellen. Eine Sonderausgabe der Redaktion zum Thema „Rassismus“ war beim Schülerzeitungswettbewerb der Länder ausgezeichnet worden.

Im Schuljahr 2020/21 hat die Schülerzeitung „script“ am Gymnasium Renningen (westlich von Stuttgart) eine ganze Ausgabe dem Engagement gegen Rassismus in unserer Gesellschaft gewidmet. Dafür ist sie 2022 unter anderem mit dem Sonderpreis „EinSatz für eine bessere Gesellschaft“ des Bundesfamilienministeriums ausgezeichnet worden. Der folgende Artikel führte die Leser dabei in das Thema ein und erklärte, was unter Rassismus zu verstehen ist:

„Keine Angst, der beißt nur Schwarze!“ – Rassismus begegnet uns überall und jederzeit im Alltag. Als ich vor einigen Jahren auf der Terrasse eines Restaurants zum Abendessen saß, musste ich diesen Ausspruch eines Gasts am Nebentisch miterleben. Diese spontane rassistische Bemerkung wurde vollkommen unvermittelt geäußert, der Kellner hatte sich zuvor nur besorgt über den Hund des Gastes gezeigt. An der Bemerkung selbst hat aber niemand Anstoß genommen.

Schon fast alle Mitmenschen haben bereits traurige Erfahrungen mit rassistischen Angriffen gemacht, oft werden sie leider selbst Ziel von Angriffen. Denn Rassismus ist in Deutschland leider noch zu oft Teil des Alltags der Menschen, man spricht von „Alltagsrassismus“. Viel zu viele Menschen in Deutschland sind im Alltag rassistischen Beleidigungen, Benachteiligungen oder sogar rassistisch-motivierten Angriffen ausgesetzt. 2019 zählte das Bundesinnenministerium 7.909 rassistische Straftaten in ganz Deutschland. Das waren rund drei Prozent mehr als im Vorjahr. [Bundesinnenministerium (2020): „Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2019“, S. 5; Glossar der Neuen deutschen Medienmacher: „Ausländerhass, Fremdenfeindlichkeit“.] Laut der „Mitte“-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung von 2019 vertreten rund sieben Prozent der Bevölkerung rassistische Auffassungen. 19 Prozent sind „fremdenfeindlich“ eingestellt, weil sie etwa Aussagen zustimmen wie „Es leben zu viele Ausländer in Deutschland“. [https://mediendienst-integration.de/desintegration/rassismus.html]

Doch was ist eigentlich „Rassismus“? Rassismus ist der irrige Glaube daran, dass die Menschheit in Rassen eingeteilt sei, die sich voneinander wesentlich unterscheiden würden. Rassismus entsteht dort, wo man von den äußerlichen Merkmalen von Menschen direkt auf deren inneren Werte, Verhaltensweisen und deren Persönlichkeit Rückschlüsse zieht. Sind dies positive Rückschlüsse (zum Beispiel das Vorurteil, alle JapanerInnen seien besonders ordentlich), spricht man von „positivem Rassismus.“ Viel häufiger und hochproblematisch ist der „negative Rassismus“, bei dem die jeweiligen Rassisten davon ausgehen, dass ein bestimmter Mensch bösartig, faul, feige, diebisch, und so weiter sei, nur weil er bestimmte äußerliche Merkmale hat, einer bestimmten Religionszugehörigkeit hat oder einer bestimmten ethnischen Gruppe zugehörig ist. Tatsächlich gibt es ja sogar Rassen.

Aber eben nicht bei den Menschen. Es ist ganz einfach zu verstehen: Rassen entstehen dann, wenn in die natürliche Selektion der Evolution eingegriffen wird und künstlich ganz bestimmte Merkmale herbeigezüchtet werden. Das haben wir Menschen bei fast allen Nutz- und Haustieren so herbeigeführt. Am Beispiel der Hunde wird dies sehr deutlich: Ohne das einzelne Exemplar zu kennen, darf man annehmen, dass Husky-Hunde viel und gerne laufen, bestimmte kleine Hunderassen zum Kläffen neigen, Border Collies sehr intelligent sind, Golden Retriever gerne Stöckchen holen und ein Foxterrier einen starken Jagdtrieb hat.

Diese Merkmale wurden diesen Tierrassen teilweise über Jahrhunderte angezüchtet, indem man nur diejenigen Exemplare sich miteinander vermehren ließ, die über die gewünschten Merkmale in ganz besonderem Maße verfügten. Unter den Menschen hat es diese Form der artifiziellen Selektion nie über Jahrzehnte gegeben.

In Artikel 3 des Grundgesetzes steht derzeit trotzdem noch, dass niemand wegen seiner „Rasse“ diskriminiert werden dürfe. Diese 1949 festgelegte Terminologie wurde also bis heute nicht verändert. In den Museen unseres Landes wird heute noch ungeniert koloniale Raubkunst aus Afrika gezeigt und in den Kellern von Universitäten und Instituten liegen heute noch tausende Schädel der Opfer deutscher Kolonialverbrechen – ohne dass sie nach Afrika überführt werden dürfen. In unseren Schulbüchern wird die muslimische Kultur und Religion immer noch als Alterität gezeigt, also als „die Anderen“. Für das Thema „Holocaust“ gibt es im neuen Bildungsplan der gymnasialen Klasse 9 Platz für genau eine Doppelstunde – und die Schulbuchverlage weisen teilweise nur eine Doppelseite für das Thema aus.

Der Kampf gegen den Rassismus muss für unsere Gesellschaft aber eines der zentralsten Anliegen sein: Das singuläre Menschheitsverbrechen des Holocaust war nur möglich, weil der Mehrheit der Deutschen in den 1930er und 1940er Jahren das Schicksal der zu Feinden deklarierten ethnischen Minderheiten egal war. Die Nationalsozialisten konnten Menschen ermorden und vernichten, weil diese nicht von der Gesellschaft geschützt waren – weil sie schon zuvor als Außenseiter und „Minderwertige“ ausgegrenzt worden waren. Sowohl Juden als auch Sinti und Roma wurden durch Propaganda und Terror zunächst ausgegrenzt und aus der Gesellschaft isoliert. Als dies möglich war, wurde diese Ausgrenzung durch die Nürnberger Rassegesetze zum Gesetz gemacht. Auch dies wurde von der Bevölkerung hingenommen, vielfach unterstützt.

Als auch die Novemberpogrome 1938 keine entscheidende Empörung und Unterstützung für die jüdischen MitbürgerInnen entfachte, wurde aus dem staatlich organisierten Terror schrittweise eine gezielte Enteignung und Tötung der Menschen in Gefängnissen, Ghettos und immer mehr in den dafür errichteten Konzentrationslagern. Dies war möglich geworden, da der Nationalsozialismus die jüdischen Mitmenschen zu „Parasiten im deutschen Volkskörper“ erniedrigt hatte, ihnen also jegliche Menschlichkeit abgesprochen hatte und sie zudem zur existenziellen Bedrohung erklärt hatte. Auch dies rief kaum bedeutenden Widerstand in Deutschland hervor, im Gegenteil: Wie der Historiker Götz Aly eindrucksvoll aufgezeigt hat, bereicherten sich viele in Deutschland noch an den Enteignungen, an der Kriegsbeute und an der Zwangsarbeit der so Unterworfenen.

Am Ende stand mit der Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942 die Planung, Organisation und Durchführung der gezielten Auslöschung aller jüdischer Mitmenschen auf dem gesamten Kontinent. Die Vernichtungslager in Auschwitz-Birkenau, Treblinka, Chelmno, Majdanek, Bełzec und Sobibor ließen dabei den Genozid zu einem industriellen Massenmord werden, der in seiner Unmenschlichkeit und Grausamkeit alles bisher Dagewesene überstiegen hat.

Dieser historischen und gesellschaftlichen Verantwortung will sich die diesjährige Ausgabe der Schülerzeitung „script“ am Gymnasium Renningen stellen. Schülerinnen und Schüler haben sich dabei während der schwierigen Corona-Zeit aus verschiedenen Perspektiven und mit verschiedenen Ansätzen dem Thema Rassismus angenommen. Dabei sind eigene Erfahrungen und Meinungen genauso eingeflossen wie Themen aus dem Schulunterricht der letzten Jahre. Mit unserem Thema und den diesjährigen Beiträgen unterstützen wir dabei das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und tragen dazu bei, dass heutige Generationen aus der Geschichte lernen: Nur, wenn jeder Einzelne frei ist und Mensch sein kann, können wir alle freie Menschen sein.

Text: Redaktion der Schülerzeitung „script“ am Gymnasium Renningen in Baden-Württemberg

„Bürgergeld setzt auf eine Kultur des Vertrauens“: Interview mit SPD-Politikerin MdB Annika Klose

„Friedo“-Autor Gabriel traf die 30-jährige SPD-Politikerin Annika Klose, Mitglied des Bundestags und ehemalige Vorsitzende der Berliner Jusos, für ein Interview im Otto-Wels-Haus.

Hallo Frau Klose, danke, dass Sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen!

Sie sind in Dortmund geboren und wuchsen in Klaustaal-Tellerfeld auf. Was hat Sie denn hierher nach Berlin verschlagen?

Ich war mit 19 fertig mit meiner Schule, hatte gerade frisch Abi gemacht und habe den Großteil meines Lebens in einer Kleinstadt gelebt. Für mich war das so ein totales „Freiheitsding“, da endlich mal weg und raus zu kommen. Ich war schon damals eher links orientiert und hatte auch schon so ein paar politische Ideen. Ich hatte das Gefühl, den linken Rand in der SPD darzustellen. Und ich war schon ein paar Mal in Berlin. Für mich war das hier immer ein freies Lebensgefühl. Außerdem hatte ich dann das Glück, dass ich hier für einen Studienplatz der Sozialwissenschaften angenommen wurde. So kam es, dass ich mit 19 allein hierhergezogen bin.

Was gefällt Ihnen so sehr an Berlin?

Also, dass die Leute mehr machen können, was sie wollen, es eine „linke Kultur“ gibt und auch viele freie Flächen. Was ich an Berlin so liebe ist, dass diese Stadt nicht fertig ist. Diese Stadt lebt einfach, und das habe ich lieben gelernt.

Jetzt ist es ja 10 Jahre später, und Sie gehören mit nur 29 Jahren zu den jüngsten Mitgliedern des Bundestags. Wie fühlt sich das für Sie an?

Immer noch ein bisschen surreal muss ich sagen. Das ist natürlich sehr schön, dass ich hier jetzt Abgeordnete sein kann und auch Gesetze mit verhandle, mit beschließe und so weiter. Ich habe immer schon für meine Ideale Politik gemacht und versucht Mehrheiten zu organisieren und mich in linken Bündnissen eingebracht, auch bei den Jusos und habe dann auf Landesebene versucht die SPD immer weiter nach „links“ zu treiben. Für mich ist das irgendwie folgerichtig gewesen, dass ich jetzt auch selber Verantwortung übernehmen muss. Und das kann ich hier jetzt im Deutschen Bundestag, und kann es in Teilen aber wiederum auch nicht.

Und warum nicht?

Im „Arbeit- und Soziales-Bereich“, in dem ich tätig bin, kommen viele Gesetze als Vorlage aus dem Ministerium und darauf habe ich nicht so viel Einfluss. Und das festzustellen, dass man auch im Bundestag auf vieles nur mittelbar Einfluss hat, ist schon interessant, weil ich dann auch wieder in einer Rolle bin zu kritisieren, oder nach „links“ zu pushen.

Auf Ihrer Website haben Sie geschrieben, Sie seien im Bundestag, „um etwas zu verändern“. Was genau wollen Sie denn jetzt verändern?

Verändern möchte ich sehr viel. Zuständig bin ich dafür, dass Hartz IV endlich abgeschafft wird, und wir das Bürgergeld einführen. Und das ist etwas, das ich auch die letzten Jahre immer schon kritisiert habe und Kampagnen dafür gemacht habe. Dieses Ziel kann ich jetzt konkret verfolgen.

Sie sind dafür, dass Hartz IV abgeschafft wird. Wieso sind Sie der Meinung, Bürgergeld ist die beste Alternative dafür?

Ich bin der Meinung, dass Hartz IV eine schlechte Alternative ist und dass in diesem System viel falsch ist. Und das Bürgergeld ist jetzt unser Konzept, um das Hartz IV-System zu beenden.

Was unterscheidet das Bürgergeld von dem Hartz IV-System?

Wir wollen das alte loswerden, das neue konstruieren, und ich glaube, dass das auch nötig ist, einen wirklichen Schnitt zu machen und zu sagen: Nein, das wollen wir nicht mehr! Das Bürgergeld setzt vor allem auf eine Kultur des Vertrauens und des Miteinanders und stellt die Bedürfnisse der individuellen Person in den Mittelpunkt und das macht das Hartz IV-System nicht. Hier geht es darum, dass man möglichst schnell wieder den nächstbeliebigen Job annimmt, also die sogenannte Hilfsbedürftigkeit beendet. Dazu werden Sanktionen eingesetzt. Zusätzlich gibt es noch den Vermittlungsvorrang, das bedeutet, wenn jemandem etwas angeboten wird, muss er es annehmen, sonst wird man sanktioniert. Und hier bei dem Hartz IV-System stehen die Interessen der einzelnen Personen oft hinten an.

Wo sehen Sie konkrete Vorteile im Bürgergeld?

Das Bürgergeld steht dafür, die Menschen, die das Bürgergeld beantragen, zu unterstützen und ihnen mitzuteilen, dass sie keine Bittsteller sind, die kommen und Hilfe erhalten, weil wir als Gesellschaft so nett sind, sondern, weil das soziale Rechte sind. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Würde des Menschen unantastbar ist, Artikel 1, Grundgesetz, und nach dem Sozialstaatsprinzip und das bedeutet für mich, dass die Menschen ein Anrecht darauf haben, auch ein Existenzminimum zu erhalten, das Teilhabe ermöglicht. Und Teilhabe bedeutet für mich, dass die individuellen Wünsche respektiert werden und dass man sich aussuchen kann, was für einen Beruf man ausüben möchte, ob ich dafür eine Weiterqualifizierung benötige oder ob ich eine neue Berufsausbildung machen möchte.

Also sehen Sie in der Individualität den größten Vorteil?

Ja, in der Individualität und in der Augenhöhe, also darin, dass den Menschen wirklich mit Würde begegnet wird und zwar im gesamten Prozess.

Die Mehrheit des deutschen Parlaments ist ja im Schnitt älter als Sie und männlich. Bereitet Ihnen das als junge, weibliche Abgeordnete Probleme?

Ja, teilweise schon. Ich würde sagen, das hat aber nicht erst im Parlament angefangen. Als junge Frau Politik zu machen hat mich auch vorher schon oft vor Herausforderungen gestellt, weil ich das Gefühl habe, dass ich als junge Frau oft nicht ernst genommen werde. Das muss man zunächst unter Beweis stellen. Ich habe das Gefühl, dass man immer zu 130 Prozent auf alles vorbereitet sein muss. 100 Prozent reichen nicht aus, wie bei meinen männlichen Kollegen. Man muss sich alles erarbeiten.

Wie erleben Sie persönlich politischen Wahlkampf für sich und ihre Partei?

Ich bemerkte im Wahlkampf, dass manche Wähler:innen sehr skeptisch waren: „Sie als junge Frau mit 29. Da gehen sie doch besser erst mal 10 Jahre arbeiten“, war dann oft das, was ich hörte. Oder aber: Werden Sie doch erst einmal Mutter. Da denke ich mir: ja, ist nett, wenn man das möchte, aber was hat denn Mutter werden mit meiner politischen Kompetenz zu tun? Nichts! Einem Mann würde das mit Sicherheit nicht gesagt werden. Solche Aussagen höre ich hier im Parlament zwar nicht, aber unterschwellig merkt man schon etwas. Also nicht dieses „Mutter werden“ oder „Arbeiten gehen“, sondern dieses Abwarten und Austesten. Interessant finde ich allerdings, dass nicht nur ältere Männer so reagieren, sondern auch ältere Frauen. Vor allem die Frauen, die schon länger im Parlament sind, neigen dazu, so zu denken und zu handeln.

Was ist denn ein Beispiel für ein schlimmstes Erlebnis, das Sie in Ihrer politischen Laufbahn hatten?

Also so wirklich schlimme Sachen sind mir bisher nicht passiert, es ist manchmal eher subtiler. Zum Beispiel wollte ich im Parlament eine Rede halten. Ich wurde dann aufgerufen mit,“ Und jetzt die charmante Kollegin Klose“. Bei so einer Aussage denkt man sich schon: Ja, das würde wahrscheinlich zu einem Mann nicht gesagt werden. Dann gehe ich ans Redner:innenpult und sah den Mann, der diese Sitzung geleitet hat. Ich habe meine Rede gehalten und sehr negativ über Hartz IV-Sanktionen berichtet. Und irgendwann hat er dann hinter meinem Rücken mit den Augen gerollt. Das darf er gar nicht.

Welchen Umgang wünschen Sie sich hier als junge Parlamentarierin?

Als Sitzungsleitung gilt es Neutralität zu wahren. Man kommentiert das subtil. Wenn man sich Bundestagsdebatten ansieht, spielt sich alles in einem Raum ab, auf den man keinen Einfluss hat. Und das diskreditiert mich, wenn ich rede, und der Parlamentspräsident hinten mit den Augen rollt. Das signalisiert jeder Person im Raum und jeder Person Fernsehen, das ich nicht ernst zu nehmen bin. Das ist jetzt gar kein Spruch, es ist einfach die Art des Umgangs, die unterschwellig mitschwingt, und mich abwertet.

Was denken Sie sind in naher Zukunft die besten Mittel, um eine bessere Generationsgerechtigkeit zu erreichen? Sollte Bildung zum Beispiel Bundessache sein?

Ich weiß nicht, ob der Bund alles besser regelt als die Länder. Ich glaube, es gibt viele verschiedene Lernkonzepte. Ich will mich nicht für die eine oder andere Variante aussprechen, aber ich glaube, wie brauchen ein gut ausfinanziertes Bildungssystem. Wir brauchen genug Geld, das in Bildung investiert wird. Außerdem bin ich eine große Vertreterin von kostenfreier Bildung von der Kita bis zum Universitäts-Abschluss. Ich setze mich dafür ein, dass keine Gebühren dafür gezahlt werden müssen, Essen in der Schule zu erhalten und dass auch die Nachmittagsbetreuung kostenlos ist. Manche Bundesländer machen das, Berlin zum Beispiel, aber viele nicht. Das finde ich problematisch, weil Bildung noch vom Geld der Eltern abhängig ist.

In welche Bereiche sollte künftig stärker investiert werden?

Ich glaube, dass bei dem Thema Generationengerechtigkeit die Investitionen eine bedeutende Rolle spielen. Das wird in dieser Koalition einen Konflikt auslösen. Wir müssen Geld in die Hand nehmen, um Maßnahmen für den Klimaschutz zu ergreifen, um unser Bildungssystem besser aufzustellen, um unseren Sozialstaat zukunftssicher aufzubauen, um unsere Bundeswehr auszurüsten und um unsere Hochschulen auszubauen. Das sind alles Investitionen, die nötig sind. Wir wollen später darüber verfügen können. Mit der „Schwarzen Null“, der Schuldenbremse, ist das aber sehr schwer zu erreichen, zumindest, wenn man die Steuern nicht verändert. Das ist ein Konflikt, der ist nicht gelöst. Ich glaube eine zukunftsgerechte Politik sieht vor, dass das nötig Geld dafür zur Verfügung gestellt wird.

Sie meinten gerade eben, Sie würden sich nicht für ein Bildungssystem entscheiden. Sind Sie also gegen ein einheitliches Bildungssystem in Deutschland?

Ich denke, dass es von Nutzen wäre, wenn die Bildungssysteme kompatibler wären. Wenn man von einem Bundesland ins nächste zieht, muss man nicht alle Bücher neu kaufen oder vollkommen von vorne beginnen muss oder neu anfangen. Und wenn die Abschlüsse vergleichbarer wären. Aber ich bin nicht für ein zentrales Bildungssystem, weil ich denke, dass es vorteilhaft ist, dass man es regional anpassen kann, sodass man auch lokale Themen in den Plänen berücksichtigen kann und weil ich es für gut befinde, dass progressivere Bundesländer, die eine progressive Landesregierung haben, zum Beispiel Modelle wie Gemeinschaftsschulen erarbeiten können, was in Bayern mit der CSU unmöglich ist. Wenn alles vereinheitlicht wird, dann können man auch Pech haben, und einen CSU-Bildungsminister wählen. Also ich brauche das bayerische Bildungssystem nicht.

Apropos Bildung und Schüler, viele Schüler:innen unserer Generation engagieren sich ja in Organisationen, wie „Fridays For Future“, oftmals aber nicht in Parteien. Woran glauben Sie liegt das?

Ich glaube, dafür gibt es mehrere Gründe. Die Bindung an feste Organisationen nimmt insgesamt ab. Die Denkweise: „Man geht in eine Organisation und bleibt da“ ist glaube ich insgesamt ein bisschen unattraktiver geworden. Es ist somit sehr klar abgrenzbar. Wenn man Mitglied einer Partei ist, dann ist das Spektrum der Themen, die diskutiert werden, sehr groß. Und gleichzeitig benötigt Parteiarbeit enorm viel Zeit.

Die jungen Menschen, die in Parteien sind, werden ja aktuell auch relativ wenig in Parlamente gewählt. Auch im neuen Bundestag sind Sie als junger Mensch in der Minderheit. Was könnte man tun, damit mehr junge Menschen ins Parlament gewählt werden?

Ja, wir sind noch in der Minderheit, aber in der SPD-Fraktion sind etwa ein Viertel der Parteimitglieder unter 35. Das sind mittlerweile 25% und das ist relativ gut. Es kann natürlich immer noch mehr sein, aber ich fände es gut, wenn es ungefähr so vertreten wäre, wie es in der Bevölkerung vertreten ist. Wir sind mehr als 25%, aber auch keine Mehrheit. Damit mehr Leute in die Politik gehen! Wir sind schon wichtige Schritte gegangen, nämlich dieses Beispiel auch zu setzen, zu zeigen, nicht nur den jungen Menschen, sondern halt auch den älteren, dass junge Personen Verantwortung übernehmen wollen und können.

Worin sehen Sie Vorteile einer Verjüngung des Parlaments?

Junge Abgeordnete machen nicht schlechtere Politik, aber vielleicht andere. Und das ist Demokratie. Ich glaube das ist ein Kulturwandel, und ich glaube, zum einen geht es darum, dass mehr junge Leute den Entschluss fassen, dass sie das auch wollen. Geschenkt bekommt man es nämlich nicht. Man muss dafür kämpfen, auch das ist Demokratie. Dass man sich durchsetzen muss. Wir müssen auch besser in der Organisierung werden und uns auch gegenseitig als junge Leute in diesen Parteien den Rücken stärken. Und den Mut haben, bei einer Person mit dem Wunsch zu kandidieren, dieser auch die nötige Unterstützung zukommen zu lassen oder bei Anfeindungen zu widersprechen und sei es auf Twitter.

Mit Blick auf die junge Generation, finden Sie, dass Gewerkschaften eine Zukunft haben?

Absolut! Ich glaube wir brauchen dringend starke Gewerkschaften in diesem Land, weil sie der Garant dafür sind, dass unsere Arbeitsbedingungen erträglich sind und dass die Löhne steigen. Und die Gewerkschaften stehen jetzt schon unter enormem Druck und verlieren auch Mitglieder. Ich glaube, es ist schlecht, dass sie schrumpfen.

Worin denken Sie zeigt sich der Nutzen von Gewerkschaften?

Es zeigt sich, dass in Bereichen, in denen die Gewerkschaften stark und gut organisiert sind, die Löhne größer und die Arbeitsbedingungen besser sind. Zum Beispiel die Metall- und Elektroindustrie, also unter anderem Stahlwerke. Die Arbeitnehmer haben in der Regel eine 35 Stunden-Woche und sehr gute Gehälter. Und das kommt nicht von allein, sondern weil die sich das erkämpft haben. Bereiche, in denen Gewerkschaften nicht so gut aufgestellt sind, beispielsweise im Bereich der Pflege, da ist es auch deutlich schwerer, all das zu organisieren.

Und wie lässt sich dieses Problem lösen?

Das ist nicht die Schuld der Gewerkschaften, auch nicht die der Menschen im System. Wir brauchen den Zusammenschluss, um bessere Löhne und Tarifverträge durchzusetzen. Und das machen die Gewerkschaften gerade. Es gibt bundesweit Streiks in den Krankenhäusern. Und hier in Berlin haben sie jetzt zum Beispiel einen Entlastungstarifvertrag durchgesetzt, das heißt, wenn man in einer unterbesetzten Schicht arbeitet, erhält man zusätzliche Urlaubstage. Und das hält die Krankenhäuser dazu an, mehr Personal einzustellen, obwohl es sie mehr kostet. Das würde halt nicht passieren, hätten wir keine Gewerkschaften. Also bete ich dafür, dass die Gewerkschaften eine Zukunft haben und arbeite aber auch dafür, indem ich es immer wieder betone.

Frau Klose, vielen Dank für das Gespräch!

Aufzeichnung des Interviews: Gabriel T.

Foto: V. Michel/L. Pramann

Das Interview mit Annika Klose im Otto-Wels-Haus entstand am 2. Juni 2022 im Rahmen des Schreibworkshops „Interview: Meet & Talk im Bundestag“ mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Referentinnen Viviana Michel und Lisa Pramann hatten den Schüler:innen zuvor die benötigten Fragetechniken und Skills vermittelt.

Die Schülerzeitung der Beruflichen Oberschule Friedberg hatte beim Schülerzeitungswettbewerb der Länder den Onlinepreis gewonnen und wurde von der Jugendpresse nach Berlin eingeladen. Auf dem Programm standen Schreibworkshops und die Siegerehrung im Bundesrat.

»Aber ich kann diese Person nicht vergessen…« – Doch das kannst du! | Der ultimative „Friedo-Liebeskummer-Guide“

Die hässlichen Wahrheiten, die wir lange ignoriert haben

Wir kennen es vermutlich alle oder werden irgendwann an diesen Punkt gelangen: wir treffen eine Person, verbringen einen (kurzen oder langen) Zeitraum mit ihr und irgendwann fühlen sich die Schmetterlinge nicht mehr so frei an wie am Anfang. Fast, als wären sie nie da gewesen. Man sieht in das Gesicht, aber man fühlt nicht die gleichen Empfindungen. Ich möchte nicht lügen, das Gefühl ist schrecklich. Wenn sich die Welt schwerer anfühlt, und die Nächte daraus bestehen, sich einen Plan für eine Zeitmaschine zu überlegen, nur um die paar Monate zurückspulen zu können.

Die Wahrheit ist, dass die Zeitmaschine nichts verhindern kann. Sie kann nicht dafür sorgen, dass die Zukunft sicher ist. Ich musste das auch erst einmal verarbeiten, aber sobald man diesen Gedanken halbwegs verdaut hat, wird der nächste nicht mehr so schlimm sein.

Noch eine bittere Pille, die man schlucken muss, bevor man anfängt, die Trennung zu verarbeiten ist, dass man anfangen muss, sich einzugestehen, dass es wieder bergauf gehen wird. Es wird wieder bergauf gehen. Nicht jede Beziehung ist dazu da, für immer zu bestehen. Einige Beziehung geschehen und verschwinden, und das Einzige, was wir tun können, ist, daran fast zu zerbrechen, zu heilen und zu wachsen.

Und jetzt, die fünf Tipps, die dir dabei helfen können, die Trennung zu verarbeiten:

Tipp Eins: Du verlierst nicht immer, manchmal gewinnst du

Du warst mit jemandem zusammen, der dich eigentlich ständig zum Weinen gebracht hat? Gut, jetzt hast du keinen Grund mehr, wegen den (beabsichtigten) Fehltritten der Person zu weinen. Du wurdest ständig zum Angelpunkt und für die Probleme in der Beziehung verantwortlich gemacht? Zeit, sich von diesem Gedanken zu trennen. Wenn wir eine Person loslassen, die ohnehin nicht in unser Leben gehört, wird es sich (vielleicht, muss nicht) schlecht anfühlen, aber später wird dieser Druck, diese Angst nicht mehr auf dir liegen. Der amerikanische Psychologe Phil McGraw sagt dazu: » It’s better to be healthy alone, than sick with someone else.« Und ich finde, er hat absolut recht. Auch, wenn deine Beziehung in guten Wegen auseinander gegangen ist: Du kannst jetzt wieder neu anfangen und andere (bessere) Erfahrungen machen.

Tipp Zwei: Wandle den Schmerz in etwas Schönes um

Vielleicht möchtest du darüberschreiben? Oder singen und herzzerbrechende Lyrics dazu verfassen? Oder du malst etwas, skizzierst, singst, egal. Solange du etwas tust, was dir helfen kann, deinen Schmerz zu verarbeiten, tust du alles richtig. Pass nur bitte auf, dass du nicht zu sehr in die Materie sinkst und nur noch trauriger wirst. Dann solltest du nach einer passenderen Alternative suchen, wie beispielsweise Sport oder Tanzen oder möglicherweise doch einen Therapeuten oder Psychologen zur Seite ziehen.

Tipp Drei: Die Wurzeln packen und analysieren

Gibt es bestimmte Faktoren, die dich und die Person dazu verleitet haben, euch zu trennen? Denk darüber nach. Oftmals sind viele unserer Sorgen, Ängste und Probleme in unseren persönlichen Wurzeln verankert, die unseren Charakter sehr beeinflussen. Hat es deine*n ehemalige*n Partner*in gestört, dass du anhänglich warst? Oder immer wissen wolltest, wo sie sich befindet? Hattest du das Gefühl, nie Vertrauen aufbauen zu können? Versuche herauszufinden, ob sich nicht mehr dahinter verbirgt. Recherchiere seriöse Internetseiten oder schlage in Fachbüchern nach, ob bestimmte Faktoren deiner Kindheit oder andere Bruchstücke deines bisherigen Lebens dich dazu bringen, Verhaltensmuster aufzuweisen. Wir finden nicht nur heraus, wo unsere Schwächen liegen, sondern auch, womit wir einige (schädliche) von ihnen genauer behandeln können.

Tipp Vier: Ist Liebe wirklich das, was du dachtest, dass es ist?

Schmetterlinge, Funken, Herzklopfen – ist es das, was du mit Liebe verbindest? Trauer, Schmerz, Angst – das hier auch? Oder eher Wärme, Geborgenheit und Sicherheit? Wenn wir die Liebe das erste Mal kosten, kann es sein, dass alle verschiedenen Empfindungen einhergehen und uns nicht nur verwirren, sondern vor allem alles glauben lassen. Jedes geflüsterte »Ich liebe dich«, aber auch jenes hassverzerrtes »Ich hasse dich.« Wo ziehe ich die Grenze? Wo ist meine Priorität? Was möchte ich? Tipp Vier ist ähnlich wie Tipp Drei: Auch hier lohnt es sich, über den Tellerrand hinauszublicken und darauf zu achten, was Red Flags* sind. So können wir diesmal leichter entscheiden, ob eine bestimmte Person ein*e ideale*r Partner*in wäre.

Also, ist das Vergangene das, was du wirklich für Liebe hältst?

Tipp Fünf: Schritte nach vorn

Egal, wo auch immer du im Leben stehst oder standest, jetzt geht es bergauf. Du hast bald die Möglichkeit, wieder neu anzufangen, denn ja, du kannst diese Person vergessen! Du hast jahrelang ohne diese Person auskommen können, also wird es kein unüberwindbares Problem sein, nach vorne zu gehen und auf die Dinge zu warten, die du verdienst. Jede Trennung bringt dich näher zu demjenigen, den du einmal für immer lieben wirst. Auch, wenn das du selbst bist.

Ihr schafft das schon!

*Red Flags sind sogenannte Anzeichen, die einem auffallen und bestimme toxische Verhaltensweisen kategorisieren lassen, beispielsweise: Jemand verliert nach der kleinsten Anmerkung die Geduld = eine Red Flag, dass dieser jemand gewalttätig sein könnte.

Text: Vanessa S.

Frag‘ Ehemalige der FOS: „Kontinuierlich mitlernen!“

Ich habe einige ehemalige Schüler über ihre Zeit an der FOS, ihre Erinnerungen und ihr Leben nach der FOS ausgefragt. Hier kommen gebündelt die Antworten, die ich erhalten habe, sowie Ratschläge an die Schüler von heute.

Wie hast du herausgefunden, was du nach der FOS machen willst?

Max beispielsweise wusste genau, was er nach der FOS machen will. Andere sind durch Zufall oder durch die Praktika in der 11. Klasse auf ihren Beruf gekommen. Auch Beratungsangebote, ein „Tag der offenen Tür“ oder auch Infoveranstaltungen haben geholfen, sich zu orientieren.

Was hast du aus der FOS mitgenommen?

Bei dieser Frage sind sich alle einig, sie haben vor allem gute Freunde gefunden. Aber natürlich auch Wissen aus dem Praktikum und dem Unterricht ist hängengeblieben, das für den späteren Werdegang hilfreich war und auch noch ist. Natürlich auch nicht zu vergessen, was Marina gleich als allererstes genannt hat: „Mein Abi!“.

Fandest du, es gab einen großen Unterschied zwischen der vorherigen Schule und der FOS? Wenn ja, welchen?

Die Doppelstunden, mehr Pausen und auch das veränderte Schulklima unterscheiden die FOS von vorherigen Schulen. Besonders das Schulklima wurde meist als sehr positiv und schön bezeichnet. Das Klima in den einzelnen Klassen wurde auch oft genannt und als besser und menschlicher bezeichnet. Positiv aufgefallen ist aber auch, dass sich Lehrer und Schüler auf Augenhöhe begegnen und man nicht mehr wie ein Kind behandelt wurde. Natürlich mussten manche länger pendeln und somit früher aufstehen, was am Anfang erstmal eine Umstellung darstellt. Außerdem wurde man weniger an die Hand genommen als in der vorherigen Schule und musste sich für den neuen Lernstoff neue Denkmuster aneignen. Man sieht, es ist schon eine Umstellung, die manchen leichter und anderen schwerer fiel.

Erzählt mir eine lustige Geschichte aus der FOS-Zeit!

Max hat erzählt, dass er mit Erlaubnis des Lehrers im Physik-Unterricht E-Zigarette rauchen durfte, um in einem Experiment mit Laserstrahlen bessere Resultate zu sehen. Marina, die im Technikzweig auf unserer Schule war, erzählte von einer Lehrerin, die jede Stunde irgendetwas bei ihnen im Klassenzimmer vergessen hat, beispielsweise Schlüssel, iPad oder auch ihre Brille. Nico sagt auf die Frage: „Wie einer meiner Mitschüler im Chemieunterricht eingeschlafen und vom Stuhl gefallen ist.“ Maurice und Daniel antworteten, wie ein Schüler unserer Schule auf dem Sommerfest einen wagemutigen Sprung in ein Schaumbad gewagt hat, blöderweise war in dem Pool wirklich nur Schaum und er wusste das anscheinend nicht.

Was machst du heute?

Auf diese Frage war ich besonders gespannt. Viele haben nach der FOS ein Studium begonnen, teilweise bereits auch schon beendet und arbeiten nun in dem Bereich, wobei die Berufe nicht unterschiedlicher sein könnten.

Marina studiert gerade Physik im Master. Maurice macht seinen Master im Bereich Game Engineering and Visual Computing. Nico studiert im Master Maschinenbau.

Franziska hat ihr duales Studium BWL mit dem Schwerpunkt „Industrie“ abgeschlossen und wurde von ihrer Firma übernommen. Max arbeitet als Anwendungsentwickler bei einer Consulting Firma. Sonja – die einzige Befragte aus dem Sozialzweig – hat ihr Staatsexamen im Lehramt Sonderpädagogik gemacht und wartet nun auf den Beginn des Referendariats. Daniel führt – nach abgeschlossenem Maschinenbaustudium – nun mit einem Freund eine kleine Agentur für Filmproduktion und Fotografie und nimmt inzwischen sogar selbst FOS-Praktikanten auf, außerdem ist er an Wochenenden als Hochzeitsfotograf tätig.

Daniel ist nicht der einzige, der umgesattelt hat und jetzt etwas anderes macht, als nach der FOS gedacht. Auch Juliane hat mit Maschinenbau angefangen, allerdings nach einigen Semestern gemerkt, dass sie damit nicht glücklich wird und studiert nun im 2. Fachsemester Tiermedizin.

Wie war dein Weg auf die FOS?

Die meisten haben die Realschule gemacht. Manche hatten zwischen Realschule und FOS noch eine Ausbildung oder ein Auslandsjahr eingeschoben.

Wie hast du die FOS Zeit wahrgenommen?

Auch hier war eine bunte Mischung dabei. Für die einen war es eine schöne, lustige, abwechslungsreiche Zeit mit neuen Freunden. Durch die Praxisnähe war es eine gute Vorbereitung auf das anschließende Studium. Andere fanden die Zeit anstrengend, vor allem die 13. Klasse war deutlich anstrengender als die Jahre vorher. Und wieder anderen verging die Zeit zu schnell.

Wie hast du das Schulklima wahrgenommen?

Das Schulklima wurde von dem größten Teil als positiv wahrgenommen. Die Lehrer sind immer freundlich und haben oft ein offenes Ohr für die Anliegen der Schüler. Auch die Schüler auf der FOS haben zu einem guten Klima in der Schule, aber auch in der Klasse beigetragen. Sie sind offen für andere Perspektiven und unterstützen sich gegenseitig.  Es wurde aber auch genannt, dass die einzelnen Grüppchen viel unter sich bleiben und man hauptsächlich Kontakt zur eigenen Klasse hatte.

Was hättest du gerne vor der FOS gewusst?

Einige hätten gerne gewusst, dass Arbeiten und Lernen, vor allem in der Prüfungszeit, sich schwer vereinbaren lässt. Bei den Zeugnissen spalten sich die Meinungen etwas, die einen sagen, dass auch die Noten aus der 11. Klasse bei einer frühzeitigen Bewerbung auf Ausbildungsplätze oder duale Studiengänge relevant sind. Die anderen meinten, dass das Abi-Zeugnis sehr unwichtig für das spätere Leben sein kann.

Zudem wurde gesagt, dass man sich am besten schon möglichst früh Informationen zum späteren Studium oder einer Ausbildung suchen sollte. Außerdem ist es gut zu wissen, welche Möglichkeiten es aktuell zur Schnitt-Verbesserung für NC-Studiengänge gibt. Wie viele sicherlich nachvollziehen können, wäre Sonja sich gerne schon wirklich sicher gewesen, was sie danach machen will. Nico hätte gerne vorher gewusst, dass man in „nur“ zwei Jahren viel erleben kann und der Schritt an die neue Schule gar nicht so schlimm ist, wie man vorher denkt. Daniel meinte: „Alles easy, wird eine tolle Zeit!“

Was rätst du den jetzigen FOS-Schülern?

Hockt euch auf eure vier Buchstaben, das Lernen und das Vorbereiten lohnt sich und ein kleiner Tipp am Rande: kontinuierlich Mitlernen verringert den Stress am Ende etwas. Macht etwas, was euch Spaß macht und wagt es, neue Dinge auszuprobieren. Nehmt euch nach den Abschlussprüfungen Zeit für euch und macht etwas, was euch guttut und was ihr unbedingt erleben wollt.

Es ist vollkommen ok, nicht zu wissen, was man machen will. Man kann jederzeit seine Entscheidung ändern und sich neu orientieren. Man darf auch stolz auf einen Neustart sein – ihr müsst für euch selber einstehen! Und nicht zu vergessen: Genießt die FOS-Zeit!

An was denkst du gerne zurück?

Die Pausen, Zwischen- und Freistunden mit Freunden, „Wizard-“ und UNO-Turnieren; auch die lustigen Momente im Praktikum und die Abschlussfahrt mit einem anderen Zweig.

Würdest du die FOS nochmals machen, wenn du vor der Entscheidung stehen würdest?

Hier wurde einheitlich mit „Ja“ geantwortet, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Die einen fanden die Fächerkombinationen ideal für ihren späteren Werdegang, für andere war es der schnellste Weg zum Abitur und wieder andere hatten einfach eine tolle Zeit.

Ich möchte mich bei allen Beteiligten bedanken, die sich die Zeit genommen haben, mir die Fragen zu beantworten. Danke Max, Franziska, Marina, Maurice, Sonja, Daniel, Nico, Juliane und vielen weiteren.

Interview: Charlotte A.

„Pouring The Whiskey“ – Vanessa S. | Kurzgeschichten über das Thema Trennung (Kapitel 3)

Kapitel drei

Jill, 53

Ich wurde einst gefragt, wie ich vergangene Beziehung sehe. Wie ich die vor Jahren zerbrochene Ehe mit meinem Mann sehe. Was ich davon halte. Wenn überhaupt. Die Frage, wie ich sie sehe, konnte ich leichter beantworten als die Frage, was ich davon hielt.

Vergangene Liebe verweilt in dir wie eine Schneekugel, sie ist die ganze Zeit dort, unbeholfen, unberührt. Ein Moment in einer Glaskugel, den man nicht verändern kann. Du möchtest deinen Finger ausstrecken und dein vergangenes Ich anstupsen, um ihm oder ihr mitzuteilen, dass er oder sie sich bewegen soll, aber nichts bewegt sich, weil das Glas dazwischen liegt und dich aufhält. Und wenn du darin erinnert wirst, an etwas, was dich in die Zeit zurückbringt, fängt auch der Schnee in der Kugel zu fallen, und langsam immer mehr Details zuzudecken.

Besser kann ich Liebe nicht beschreiben.

Wenn es um Liebe geht, scheint den meisten Menschen jede mögliche Metapher einzufallen, um ihre Gefühle beschreiben zu können. Blumenfelder, Herzen, Frühlingsgefühle. Die Ehe mit meinem Mann war ein einziges blutiges Dornenfeld gewesen. Wie hätte es auch anders ausgehen können, Ratlosigkeit und Zeitdruck waren unsere Triebmittel, Hass und Distanz unsere Vorboten für die Scheidung.

Das liegt drei Jahre zurück.

Wie jedes Wochenende habe ich mich auf den Weg ins „Cold Rose“ gemacht, um irgendwie unter Menschen zu gehen. Solange, bis ich das Gefühl habe, genug Gesichter gesehen zu haben, und ihres zu suchen.

Ich suche seit achtunddreißig Jahren nach ihrem Gesicht. Versuche, die schwarzbraunen Augen zu erkennen, die schwarzen Haare wehen zu sehen und ihre süße Stimme zu hören. Wenn ich ganz alleine bin, habe ich manchmal das Gefühl, die Sehnsucht nach ihr liegt wie eine dünne Betonschicht auf mir, und verlangt, dass ich mich mit allem, was ich besitze, wieder einen Flug nach Sistiana, Norditalien, buche.

Wie vor achtunddreißig Jahren.

Wie sie jetzt wohl aussieht?

Ich kann sie mir genau vorstellen. Um ihre dunklen Augen finden sich Krähenfüßchen. Wenn sie blinzelt, verdecken ihre Wimpern die geprägte Farbe um ihre Pupille, in der man sich selbst spiegeln sehen kann. Auf ihren Wangenknochen liegt eine blassrosa Tönung, und am Ende ihrer Wangen sieht man erste Altersflecken, die sie überhaupt nicht älter wirken lassen, weil ihre Ausstrahlung jugendlicher ist als die erste Frühlingsknospe.

Ich war fünfzehn als ich sie das erste Mal sah. Der Flug und die Fahrt nach Norditalien waren anstrengend gewesen und ich wollte nur noch schlafen. Aber meine Eltern drängten mich dazu, vorher etwas zu essen und so ging ich mit schlechter Laune mit ihnen essen.

Sie muss älter als ich gewesen sein, sie war viel größer als ich und kellnerte in dem Restaurant, das unterhalb unseres Hotels war.

Als ich sie sah, fühlte ich, wie ein Blitz in mein Herz schoss und mich kurzzeitig total lähmte. Und ihr muss es ähnlich ergangen sein, sie hatte stillgestanden und die Cola, die meine Eltern mir bestellt hatten, mit ihren verkrampften Fingern festgehalten.

Alle Momente, die ich mit ihr in den damals künftigen Tagen sammelte, beschränkten sich auf kleine Gelegenheiten, sie im Restaurant anzusehen und sie dabei zu beobachten, wie sie die anderen Gäste bediente. Wenn sie mich erwischte, wie ich sie ansah, drehte ich mich weg, nur um in wenigen Sekunden später festzustellen, dass auch sie mich beobachtete. Meine Eltern drängte ich dazu, mehr und mehr Kaffee zu trinken, damit ich mehr Zeit hatte, sie anzusehen.

Ich bin mir sicher gewesen, dass diese Schwärmerei in etwas hätte münden können, das mich bis heute paralysiert hätte.

Jahrelang habe ich mir eingeredet, dass meine Fantasien über diese junge Frau nicht wichtig waren. Dass sie nur das Ergebnis meiner ereignislosen Welt waren, irgendwas. Aber wo auch immer mich das Leben führte, ich hielt diese Schneekugel bei mir.

Und jedes Mal, wenn ich versuchte, mich in der Vergangenheit zu sehen, wie ich sie ansprach, desto bitterer wurde die Realität. Wo ist sie jetzt? So vergangen wie meine Chance, und ich vermag mir zu behaupten, dass ich mich nie vollständig fühlen würde für den Rest meines Lebens.

Ich erinnere mich noch daran, wie viele bunte Kleider ich mir mitgenommen und in diesen zwei Wochen angezogen hatte, um sie zu beeindrucken und dazu zu bringen, mich zu sehen. Wie ich damals nicht wusste, dass ich mit zwanzig besser aussehen würde als mit fünfzehn, und wie ich mir mit vierzig gewünscht hatte, wieder so schlank zu sein wie in meinen Dreißigern. Ich wusste nichts, aber ich war neugierig, und ich wollte, dass diese junge Frau mehr für mich werden würde als es wurde.

 Jetzt in der „Cold Rose“-Bar zu sitzen und darauf zu hoffen, diese Frau zu sehen, die mich schon immer heimsuchte, brachte mich dazu, Whiskey zu bestellen und die Zeit abzuwarten, bis ich wieder nachhause gehen durfte. Meine Tochter Betty möchte, dass ich sozialer werde. Sie hat mich entscheiden lassen, zwischen einem wöchentlichen Restaurantbesuch, einem Café oder einem Club für Singles. Ich nahm die erste Option und wandelte es in Bar um. Perfekt.

Die Besucher gehen ein und aus, trinken, lachen, werden müde und verschwinden. Es ist schon spät, die Nacht küsst den Morgen und irgendwo da draußen ist sie. Die einzige Frau, für die ich alles geben würde, um sie noch ein weiteres Mal zu sehen.

Annie, 27

Alles hätte klappen können. Alles hätte klappen können. Alles hätte verdammt noch mal klappen können.

»Ja, noch einen bitte«, weise ich den Barkeeper an, ohne von meinem Glas aufzuschauen.

Und ich hätte nicht zugelassen, dass uns etwas trennt.

An Tagen, in denen jeder Sonnenschein weg ist, sucht man die Strahlen in sich selbst oder in der Person, die man am liebsten hat. Was besonders schwer für mich ist, dass mir erst jetzt auffällt, wie viel ich für ihn verschwendet habe.

 Vor zwanzig Jahren habe ich ihn das erste Mal gesehen. Vor neunzehn Jahren sind wir Freunde geworden. Vor zehn Jahren haben wir uns verliebt. Vor fünf Jahren haben wir uns verlobt. Und vor zwei Stunden habe ich meine beste Freundin in unserem Bett gesehen, während er aus der Dusche gestiegen ist.

Ich bin in die erstbeste Bar geflüchtet, nicht um meine Sorgen zu ertränken, das nützt nichts. Aber um mir klar zu werden, dass mich bald der absolute Herzschmerz ereilen wird, nachdem ich aufgehört habe, zu verneinen, was passiert ist.

Nein, Maxton hat das nicht getan. Er liebt mich noch. Er liebt mich doch?

»Alkohol wird dir nichts bringen«, sagt jemand neben mir.

Ich schaue auf.

»Jetzt und später nicht.« Eine ältere Dame mit einem warmen Lächeln sieht mich an und deutet stumm auf das volle Glas Whiskey.

»Ich weiß«, murmle ich und lege den Kopf erschöpft in den Nacken. Ich brauche dringend eine warme Dusche und eine Zeitmaschine, die mich zwanzig Jahre zurücksetzt. Und vielleicht doch noch das Glas vor mir.

»Aber ich habe keine Ahnung, was ich sonst machen soll«, höre ich mich sagen. Meine Finger umklammern das Glas.

Die Frau hat ein typisches Nashville-Outfit an, und die typische Ausstrahlung. Ich frage mich, warum ich gerade auf sie hören möchte, sie hat genauso ein Glas vor sich.

»Du sollst da durch, wo du gerade durchmusst – aber wirklich, Liebes, am besten ohne Alkohol. Niemand ist es wert, seine eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen.«

Die leise Country-Musik in der Bar und die warme Atmosphäre lassen mich sekundenlang vergessen, wie ich mich fühle. Was ist so schwer daran, sein Zuhause zu behalten? Warum bekommen das viele Menschen hin, und ich nicht?

»Sie haben recht«, antworte ich. Ich schenke ihr ein mattes Lächeln und als sie es erwidert, spüre ich, wie sich Tränen in meiner Kehle bilden. Ich umfasse das Glas fester und presse die Lippen aufeinander.

»Das wird wieder, auch, wenn es sich nicht danach anfühlt«, fügt sie hinzu. Ich spüre, dass sie mich ansieht, doch ich tue es nicht, weil ich weiß, dass ich sofort in Tränen ausbrechen würde. Ich wollte es gerade nicht.

Ich wollte noch einen Moment stark sein, diese Stärke, die ich über meine Emotionen genieße. Es war zu früh, um zu weinen.

»Warum sind Sie hier?«, frage ich stattdessen mit zitternder Stimme.

Mir gehen alle möglichen Sorgen durch den Kopf. Was werden unsere Familien sagen? Wird er ihnen sagen, was er getan hat, oder es unter den Teppich kehren und mich als Böse dastehen lassen? Was wird passieren?

Und vor allem: Was jetzt?

Sie rutscht einen Stuhl näher zu mir, zwischen uns bleibt einer frei. »Wahrscheinlich aus demselben, aus dem du hier bist«     

Ich zucke mit den Schultern. »Liebeskummer.«

Sie nickt. Sie scheint älter zu sein, wie meine Eltern. Aber ihre Ausstrahlung macht sie glatt zehn Jahre jünger.

»Es wird alles wieder gut«, sagt sie und legt eine Hand auf meine Schulter. Die Geste fühlt sich gut und richtig an, und auch, dass mir einige Tränen aus den Augen laufen. Sie laufen einfach, ich kann es nicht zurückhalten.

Ich bin bald dreißig, und alles, was ich hatte, hatte ich mit Maxton, während er Dinge ohne mich hatte. Noch nie hat sich ein Schmerz so unfair und geltend angefühlt wie jetzt. Der Horizont, auf den ich zu schauen glaubte, war eine Wand, und das Fenster, zu dem ich mich drehe, hat nicht mehr zu bieten als ein verregnetes Feld an vertrockneten Blumen.

Aber wer weiß, vielleicht fühlt es sich ja genauso an, neu zu beginnen? Manchmal muss alles kaputt gehen, damit es neu aufgebaut werden darf. Egal, wie unfair es ist, das Faire wartet noch. Es möchte zu dir.

Und vielleicht muss das kaputte Herz einfach selbst neu beginnen und sich selbst aufbauen.

Ende

„Schreiben Sie 100 Mal…“: Die Witze der Woche sind zurück!

Zwei Psychiater – ein alter und ein junger – erscheinen jeden Morgen munter und fröhlich zur Arbeit. Am Abend jedoch ist der junge Arzt zerzaust und fertig, der Altgediente sieht immer noch munter aus.

„Wie schaffen Sie das nur? Sie hören sich den ganzen Tag die Sorgen Ihrer Patienten an und sind immer noch fit.“

Der Alte: Ich höre einfach nicht zu.

Ein Verkehrssünder steht vor Gericht. Der Richter erkennt diesen als seinen alten Deutschlehrer und sagt: „Darauf habe ich 20 Jahre gewartet. Setzen Sie sich da drüben in die Ecke und schreiben Sie 100 Mal: Ich habe die rote Ampel nicht beachtet!“

Ideen: Gabriel T.

„Pouring The Whiskey“ – Vanessa S. | Kurzgeschichten über das Thema Trennung (Kapitel 2)

Wenn Liebe allein nicht reicht, was dann?

Nashville, Tennessee, The Cold Rose Bar

Kapitel zwei

Jack, 29

Ich starre die junge Frau vor mir an, die gerade entweder zu viel oder zu wenig Selbstbewusstsein besitzt. Als Barkeeper steht es mir nicht zu, den Menschen zu sagen, dass sie bestimmte Getränke nicht trinken sollten, es sei denn, sie sind minderjährig, aber Himmel, diese Frau wog wahrscheinlich kaum mehr als ein Teenager.

»Wie bitte?«, frage ich und lache nervös.

»Einen Whiskey, bitte.« Ihre langen, schwarzen Locken hüpfen auf ihren Schultern herum. Eindeutig zu viel Selbstbewusstsein.

Ich nicke langsam und versuche, meinen fixierten Blick auf diese Frau loszuwerden. Es fällt mir schwer und ich muss auf dem Absatz kehrt machen und kräftig durchatmen. Ich wusste, dass es passieren würde.

Ich täusche vor, eine weitere Flasche Whiskey aus dem Lager zu holen, dabei muss ich mich kurz bewegen, um herauszufinden, was zur Hölle da eben in mir passiert ist. Verdammt. Ich habe eine schöne Frau gesehen, und jetzt?

Wahrscheinlich fühle ich mich so schuldig, weil die Trennung von Marissa erst zwei Monate her war. In den acht Monaten, in denen wir einander mehr ausgehalten statt geliebt haben, kam ich trotzdem nicht um den Gedanken herum, mir eine Zukunft mit ihr auszumalen. Ihre Tochter Amy, ist auch einer der Gründe gewesen, weil sie einfach ein putziger kleiner Quälgeist ist, den man liebhaben muss. Ich frage mich, von wem sie das hat, schließlich ist ihr Vater verschwunden wie ein Geist und ihre Mutter nach besagten zwei Monaten zu ihm zurückgekehrt.

Vier Jahre nachdem sie getrennt waren. Zwei Jahre war sie allein mit Amy. Und acht Monate hat sie aufgegeben, um dem Mann eine Chance zu geben, der sein einfachstes Versprechen – nämlich da zu sein – einfach gebrochen hat wie einen Ast.

Nichtsdestotrotz hole ich eine Flasche Whiskey und rase zurück zur Theke. Während ich die Frauen auf der anderen Seite bediene, um ihnen noch eine Runde auszugeben, erwische ich mich dabei, wie ich die Frau, die eben hierhergekommen ist, ansehe. Und zwar immer wieder. Wie ein Verrückter.

»Jack!«, rief jemand. Ich drehte mich um und entdeckte Paul, der mich zu sich winkte. Er zog sich seinen Cowboyhut auf und stand bereits auf, grub nach seinem Portemonnaie. Ich ging zu ihm, sagte ihm den Preis und kassierte das Geld ein.

»Eines noch«, sagt er und bedeutet mir, mich ebenfalls über die Theke zu beugen. »Ich glaube, das ist sie.«

Ich sehe ihn perplex an und lehne mich zurück. Er klopft mir auf die Schulter und dreht sich dann und geht, lacht dabei. Ich spiele mit dem Geld in der Hand, dann stopfe ich es in die Kasse und gehe zur Frau zurück.

Ich wage es nicht, sie anzusehen, denn ich ahne bereits, dass ich sie ansonsten anstarren würde. Ich stelle schweigend das Glas vor sie, öffne eine brandneue Flasche und möchte einschenken. Die Zeit scheint stehen zu bleiben.

»Warum Whiskey?«, höre ich mich fragen.   

Ihre eisblauen Augen blitzen hervor, treffen mich direkt in die Seele. Heilige Scheiße, ich glaube definitiv nicht an Liebe auf den ersten Blick, aber heilige Scheiße, wenn es sich so anfühlt, dann verstehe ich absolut, wenn Menschen davon erzählen.

Sie denkt einen Moment lang über meine Frage nach, schluckt sichtbar. »Liebeskummer.«

»Warum?«

Ich haue mir innerlich gegen die Stirn – wie konnte ich nur? Habe ich alle Manieren und meine Professionalität drüben im Lagerraum gelassen?

Ich schenke ihr den Whiskey ein und schiebe das Glas mit dem Finger auf sie zu. Ich beginne mich zu fragen, ob sie tatsächlich trinken wird. Und bevor ich den Gedanken zu Ende denken kann, schnappt sie sich das Glas, hält es an ihre Lippen, legt den Kopf nach hinten und trinkt alles aus.

»Er hat mir seit zwei Monaten keine Antwort mehr geschrieben« Sie haut das Glas auf den Tisch, sieht mich todernst an, rollt aber dann mit den Augen. »Nein, er ist nicht tot, er ist…«

»Ein Vollidiot«, murmle ich und finde den Mut, ihr Gesicht von der Nähe zu betrachten. Sie hat volle rote Lippen, eisblaue Augen, dunkle Locken. Ihre Nase ist klein und stupsig, ihre Kieferlinie definiert und scharf, verleiht ihr dadurch eine ganz persönliche, anziehende Femininität. Ich versinke wieder in ihren Augen, erst dann bemerke ich, dass sie langsam anfängt zu lächeln und meinen intensiven Blick zu erwidern.

»Ja, ein Vollidiot.«

Billy, 25

Owen Pittmann, dann Jonathan Pittmann und Ashley Pittmann. Ich habe mir immerzu Gedanken gemacht, wie unsere Kinder heißen würden. Manchmal zu oft, und eigentlich umsonst. Nichts ist schmerzvoller als auf ein Knie zu fallen und danach zu fragen, ob sie den Bund der Ehe eingehen möchte, wenn man danach – wie ich – auf eine Bar zusteuert.

Veronica Pittmann hätte sie geheißen.

Ich wusste, dass sie den Namen ihres Partners annehmen wollte – ich kenne sie seit ich sieben bin.

Unsere Namen wären in goldgeschwungener Schrift auf weißes Papier geprägt worden, unsere Ringe wären Gold gewesen, und wir hätten die Jahre überstanden, bis hin zur Goldenen Hochzeit. Alles davon.

Ich laufe in die Bar, mein Blick ist starr auf die Theke gerichtet, und in meinem Kopf schwirrt nur ein Gedanke, Bourbon, pur. Ein junger Barkeeper bedient eine junge Frau und ich hätte sofort umdrehen können, weil das allein reicht, um Salz in die frisch geschnittene Wunde meines Herzens zu streuen.

Ich beiße die Zähne zusammen, und als der Barkeeper bei mir ist, order ich meinen Bourbon.

»Moment, nein«, sage ich und überlege kurz. »Whiskey, keinen Bourbon.«

Er nickt und schenkt mir meinen Whiskey ein.

Ich trinke.

Menschen scheinen die Behauptung zu mögen, dass Liebe allein nicht ausreichen würde, um eine Beziehung halten zu können. Aber, wenn Liebe allein nicht reicht, was dann? Wo soll es mich noch hinführen, wenn nicht zu ihr?

Die Szene von heute spielt sich in meinem Kopf ab. Ich habe alles geplant gehabt, Rosen gekauft, Rosenblätter und beides im Schlafzimmer und im Wohnungsflur verteilt. 127 Kerzen gekauft, alle angezündet. Die Schatulle überprüft, in denen der goldene Ring saß.

Sie kam rein, ich wartete.

Sie zog ihren Mantel aus, ihr Gesicht wirkte überrascht und gleichermaßen gequält.

Ich nahm ihre Hand, führte sie zu mir.

Sank auf mein Knie, blickte hinauf.

Fragte sie.

Und sie zögerte.

Löste ihre Hand von meiner, um sie vor ihr Gesicht zu halten, ihre Augen zu verbergen, weil sie angefangen hatte, zu weinen.

Schmerzlich zu weinen.

Minuten später versicherte sie mir, sie wollte noch weiterhin mit mir zusammenbleiben, doch ich hatte mir meine Schlüssel geschnappt und war hinausgefahren. Durch die Natur, durch die Felder, die Orte unserer gemeinsamen Kindheit.

Und hier gelandet.

Und am allerliebsten wäre ich hier für immer geblieben.

Ende von Kapitel 2.